Die Rückkehr der Bleikammer – Ein Besuch im Weltbild des Lukas Courtial

VonRainer Hofmann

Juni 30, 2025

Es gibt Orte, da scheint die Zeit stillzustehen. Nicht auf poetische Weise, wie bei einem Sonnenuntergang über der Eifel, sondern auf beklemmende, schäbige Art – wie in einem muffigen Heimatmuseum, in dem jemand das 21. Jahrhundert ausgesperrt hat und stattdessen „Küche, Kirche, Kinder“ unter Glas konserviert. Einer dieser Orte heißt offenbar Lukas Courtial. Der Mann, der sich auf X als CEO eines Unternehmens ausgibt, bei der AfD Bitburg aktiv ist und sich stolz als „FSSPX-Katechumene“ bezeichnet – was wohl heißen soll, dass er mit der ultrakonservativen Piusbruderschaft sympathisiert – hat einen Satz gepostet, der klingt, als stamme er aus einem Schulbuch von 1933: „Frauen sollten nicht studieren, wenn sie einen erstklassigen Mann und eine glückliche Familie wollen.“ Das ist kein Scherz. Das ist der Ernst eines Mannes, der das Internet offenbar mit einem Beichtstuhl verwechselt.

Courtials Satz ist nicht nur frauenverachtend, sondern auch intellektuell unterirdisch. In der Welt dieses selbsternannten Wertehüters ist Bildung offenbar gefährlich – zumindest, wenn sie in weiblicher Hand liegt. Eine studierte Frau, so scheint er zu glauben, ist ungefähr so beziehungsfähig wie eine brennende Hexe: Eine Bedrohung für Heim und Herd, eine Gefahr für das „erstklassige Mannsein“, das er sich offenbar wie einen Maßanzug aus der Adenauer-Ära vorstellt. Dass Courtial sich ausgerechnet in der AfD Bitburg beheimatet sieht, überrascht indes nicht. Die Partei, deren Mitglieder sich regelmäßig fragen, was an „nationalem Sozialismus“ denn so schlimm gewesen sei, bietet genau das ideologische Klima, in dem solche Rückschritte gedeihen wie Schimmel auf warmer Butter. Bitburg wird damit ungewollt zur Kulisse für ein Gedankengebäude, das eher nach Kalifat klingt als nach Demokratie – nur halt mit deutscher Fahne und Retrofilter.

Man könnte lachen, wenn es nicht so bitter wäre. Denn hinter der Pose des biederen Familienmenschen verbirgt sich ein Projekt: die gezielte Re-Traditionalisierung des öffentlichen Lebens. Frauen an den Herd, Kinder ins Gebet, Männer an die Macht. Was wie ein Twitter-Gag klingt, ist in Wahrheit politische Strategie – getarnt als Meinungsfreiheit, befeuert durch religiösen Fundamentalismus und digital verbreitet von Männern, die offenbar nie gelernt haben, mit Gleichberechtigung umzugehen. Und wer sich jetzt fragt, was Courtial eigentlich beruflich macht, dem sei der Begriff „Requirement Engineer“ in seinem Profil erklärt: ein Mensch, der Anforderungen formuliert. Offenbar gehört zu seinen Anforderungen, dass Frauen dumm, Männer überlegen und Familien glücklich sind – solange keiner widerspricht. Lukas Courtial ist kein Einzelfall. Er ist ein Symptom. Ein Symptom jener Mischung aus toxischem Katholizismus, rechter Paranoia und männlicher Überforderung, die sich in der AfD wie eine neue Glaubenslehre festsetzt. Eine, die nicht nur Demokratie abbaut, sondern Frauen die Luft zum Denken nehmen will. Und wenn wir nicht aufpassen, wird aus dem Irrsinn bald Ideologie – und aus der Ideologie Gesetz.

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Helga
Helga
2 Monate zuvor

Ein weiterer, einer von tausenden, Grund die AfD endlich zu verbieten.

Katharina Hofmann
Admin
2 Monate zuvor
Reply to  Helga

👍👍👍

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