Es ist eine Szene, wie sie George Orwell nicht besser hätte schreiben können: In einem Büro, das einst für Staatsräson stand, sitzt Laura Loomer, eine Frau, die einst aus sozialen Netzwerken verbannt wurde, weil sie den 11. September für ein „Inside Job“ hielt und Kamala Harris auf rassistischste Weise attackierte – und schlägt dem Präsidenten der Vereinigten Staaten vor, wer künftig seine nationale Sicherheit überwachen soll.
Am Mittwoch dieser Woche soll Loomer in einem Oval-Office-Treffen Donald Trump aufgefordert haben, mehrere Mitglieder des National Security Council (NSC) zu entlassen, darunter Personal, das sich in internen Gruppen-Chats auf Signal austauschte und versehentlich einen Journalisten hinzufügte. Am Tag darauf bestätigte Trump gegenüber Journalisten:
„Wir entlassen immer wieder Leute. Leute, die wir nicht mögen. Leute, von denen wir denken, dass sie jemand anderem die Treue halten.“
Es war ein Satz, so beiläufig wie bezeichnend. Loyalität, nicht Kompetenz, ist in Trumps zweiter Amtszeit zur Währung des Überlebens geworden. Und Laura Loomer, einst eine Randfigur der rechten Verschwörungsszene, ist nun ihre Wächterin.
Der lange Marsch durch Trumps Schattenregierung
Loomer ist nicht neu in Trumps Welt. Sie kletterte über Zäune von Nancy Pelosis Haus, kettete sich an Twitter-Büros, weil sie gesperrt wurde, und hetzte während des Wahlkampfs gegen Ron DeSantis, bis sie von Trump nach Mar-a-Lago eingeladen wurde. Bei den Gedenkveranstaltungen zum 11. September 2024 begleitete sie Trump im Flieger, als sei sie offizielles Personal.
Nun also die Sicherheitskreise. Loomer verlangt „starke Vetting-Prozesse“, ein Codewort in Trumps Ära für Säuberung, Paranoia und ideologische Treue. Dass Trump kurz nach ihrem Besuch gleich mehrere NSC-Beamte entließ, darunter laut Medienberichten auch NSA-Chef General Timothy Haugh, erscheint nicht zufällig. Haughs Stellvertreterin Wendy Noble wurde derweil „einer neuen Aufgabe“ im Pentagon zugewiesen – eine Umschreibung, wie sie in autoritären Systemen üblich ist.
Die Apokalyptikerin als Personalberaterin
Loomers Einfluss ist dabei mehr als grotesk – er ist gefährlich. Ihre Aussagen über Muslime, Einwanderer, und über Vizepräsidentin Harris, die sie mit Currygeruch und Callcenter verspottete, haben selbst rechtskonservative Kreise irritiert. Und doch sitzt sie nun an Trumps Tisch. Nicht als Sicherheitsrisiko – sondern als Sicherheitsinstanz.
In ihrer Selbstdarstellung auf X (ehemals Twitter) rühmt sich Loomer inzwischen offen dafür, die Entlassungen initiiert zu haben. Sie verweist auf die Tatsache, dass ihre Kritiker nun auf CNN und MSNBC die Betroffenen verteidigen, ein Beweis für sie, dass sie „die richtigen Leute getroffen“ habe.
Die Sprache der Loyalität ersetzt das Denken
Was sich hier vollzieht, ist nicht nur ein Personalwechsel. Es ist die Unterwanderung institutioneller Stabilität durch persönliche Kränkung. Die politische Agenda folgt keinem Sicherheitsinteresse mehr, sie folgt dem Bauchgefühl eines Mannes, der sich von der Realität längst verabschiedet hat. Und dem Geschrei einer Frau, deren Berufung nicht Analyse, sondern Eskalation ist.
Dass Trump Loomers Rolle herunterspielt – sie habe nur Empfehlungen ausgesprochen – ist Teil des Spiels. In Wahrheit hat sie, was kaum jemand in Washington besitzt: Trumps Ohr. Und sie weiß es zu nutzen.
Ein Land, das sich selbst entkernt
Die Demokraten sprechen von einem Anschlag auf die nationale Sicherheit. Jim Himes, führendes Mitglied im Verteidigungsausschuss, fordert eine sofortige Aufklärung über die Entlassung des NSA-Chefs. Doch die Administration schweigt – oder spricht in Andeutungen.
Was bleibt, ist ein Land, das sich schrittweise entkernt. Nicht mit einem Putsch. Sondern mit Excel-Tabellen, E-Mails und Oval-Office-Terminen mit Menschen, die nicht mehr differenzieren können zwischen Loyalität und Fanatismus.
Laura Loomer mag keine offizielle Funktion haben. Aber sie hat das Vertrauen eines Präsidenten, der längst keine Berater mehr sucht, sondern Bestätiger. Die neue Hofnärrin bestimmt die Richtung. Und der Hofstaat folgt.
Was wie Farce klingt, ist längst Realität. Und womöglich erst der Anfang.