Es war nur ein einziger Post auf Truth Social, aber sein Echo hallt wie ein kalter Befehl aus düsteren Kapiteln der Geschichte: Präsident Donald Trump fordert die „Namen und Herkunftsländer aller internationalen Studierenden“ an der Harvard University. Nicht aus akademischem Interesse. Nicht aus Sorge um die Sicherheit. Sondern als Ausdruck eines autoritären Reflexes – der Wunsch, Kontrolle zu demonstrieren, Angst zu säen und eines der letzten Bollwerke freier Bildung zu brechen.
Die Forderung kommt nur zwei Tage, nachdem Bundesrichterin Allison Burroughs – eine von Obama ernannte Juristin – in einer einstweiligen Verfügung Trumps Versuch gestoppt hatte, Harvard das Einschreiben internationaler Studierender zu verbieten. Die Entscheidung war klar: Das Vorgehen des Präsidenten sei ein „sofortiger und irreparabler Schaden“ für die Universität – und ein Verstoß gegen verfassungsmäßige Rechte. Doch Trump kennt keine Schranken, weder juristische noch moralische. Kaum war das Urteil verkündet, schlug er zurück – öffentlich, demonstrativ, in kapitalen Buchstaben.
„Wir wollen wissen, wer diese ausländischen Studierenden sind. Eine vernünftige Forderung, da wir Harvard MILLIARDEN geben“, schrieb er. „Wir wollen diese Namen und Herkunftsländer.“
Es ist eine Forderung, die mehr an das Innenministerium eines Überwachungsstaates erinnert als an die Exekutive eines demokratischen Landes. Welche Behörde diese Liste verwalten soll? Unklar. Wozu sie genutzt werden soll? Unbeantwortet. Doch die Botschaft ist eindeutig: Einschüchterung, Misstrauen, Kontrolle. Nicht zum ersten Mal wird eine akademische Einrichtung zum Feindbild stilisiert – Harvard als Symbol für Weltoffenheit, für intellektuelle Vielfalt, für die Weigerung, sich Trumps Deutungsmonopol zu beugen.
Kristi Noem, Trumps Heimatschutzministerin, hatte kurz zuvor in einem Schreiben erklärt, Harvard werde aus dem Student and Exchange Visitor Program „mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen“. Damit verloren Tausende internationale Studierende über Nacht ihren Aufenthaltsstatus. Noem sprach von „Konsequenz“, Harvard von einem „eklatanten Verfassungsbruch“. Die Realität: ein gezielter Angriff auf Grundrechte, Bildung und die Lebensrealität junger Menschen.
Und während das Weiße Haus auf Rückfragen schweigt, jongliert Trump öffentlich mit Zahlen und Halbwahrheiten. Er behauptet, Harvard verfüge über ein Vermögen von „52 Millionen Dollar“ – in Wirklichkeit beträgt das Stiftungsvermögen der Universität rund 53 Milliarden. Doch es geht nicht um Fakten. Es geht um die Erzählung: Harvard als arrogante Elite, die Milliarden hortet und „vom Staat lebt“. Ein klassisches Feindbild, genährt von Neid, Populismus und ideologischer Erschöpfung.
Was hier geschieht, ist mehr als ein politischer Konflikt. Es ist der gezielte Angriff eines Präsidenten auf den Geist der Aufklärung. Auf die Idee, dass Bildung ein globales Gut ist. Dass Herkunft kein Makel, sondern Bereicherung ist. Und dass eine Universität nicht dem Staat gehört – sondern der Wahrheit.
In der Welt von Donald Trump aber gilt: Wer nicht kuscht, wird registriert. Wer widerspricht, wird gebrandmarkt. Die Liste, die er fordert, ist keine Verwaltungssache – sie ist ein Symptom. Für einen Präsidenten, der lieber zählt als versteht. Und für ein Land, das sich fragt, ob es noch erkennt, wann die Linie überschritten ist.
Vielleicht wird diese Geschichte einst in Geschichtsbüchern stehen – als Fußnote der Scham oder als Wendepunkt der Vernunft. Noch aber ist sie Realität. Und sie beginnt mit einer Frage: Was ist eine Universität noch wert, wenn sie sich nicht mehr gegen einen Präsidenten verteidigen darf, der Listen führen will?
Und was ist ein Präsident, der genau das verlangt?