Wie Donald Trump Richter bricht.
Hannah Dugan, Richterin am Milwaukee County Circuit Court, hätte an jedem anderen Tag wohl kaum geahnt, dass ihr Dienst als ein Vorbote des neuen Amerika enden würde. Aber das war keine gewöhnliche Zeit mehr. Es war die Ära Trump, und in dieser Ära schien das Gesetz zu einem Spielball zu werden – ein Spiel, in dem die Schiedsrichter, die Richter, zur Zielscheibe wurden.
Dugan hatte es gewagt, ihre Unabhängigkeit zu zeigen. Sie hatte es gewagt, den Buchstaben des Gesetzes über die Hysterie zu stellen. Ein Mann, Eduardo Flores-Ruiz, sollte in ihrem Gerichtssaal verhaftet werden, ein Mann, der nach den Regeln des Systems eine faire Anhörung verdiente. Doch die Agenten des US-Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) hatten andere Pläne. Sie wollten ihn sofort. Ein Drama entfaltete sich, und Dugan, sichtbar verärgert, weigerte sich, ihren Gerichtssaal zu einer Bühne der Macht zu machen. Sie führte Flores-Ruiz und seinen Anwalt durch eine Tür, die sonst Geschworenen vorbehalten war, fort aus dem Griff der Agenten.
Doch in einem Land, in dem das Wort „Recht“ mehr und mehr zu einem Spielstein wurde, hatte Dugans Entscheidung Konsequenzen. Sie wurde von einer Grand Jury angeklagt – ein Gremium von Bürgerinnen und Bürgern, das entscheidet, ob genügend Beweise vorliegen, um eine Anklage zu erheben. Es ist ein Instrument des föderalen Strafrechtssystems, das geheim arbeitet. Die Anklage gegen Dugan: Beihilfe zur Verhinderung einer Festnahme und Behinderung der Justiz. Die Trump-Regierung machte sie zur Ikone des Ungehorsams, zur warnenden Fackel für all jene, die sich der neuen Ordnung widersetzen wollten.
War es nicht 1934, als auch in anderen Ländern das Gesetz zur Waffe wurde? Als Richter und Anwälte zur Zielscheibe einer staatlichen Rachelust wurden, wenn sie es wagten, gegen die neuen Herren aufzubegehren?
So wie in Deutschland der Volksgerichtshof, der am 24. April 1934 gegründet wurde und am 1. August 1934 seine Tätigkeit aufnahm, zum Instrument der Unterdrückung wurde, oder in der McCarthy-Ära der USA, die offiziell am 9. Februar 1950 begann, als Senator Joseph McCarthy in Wheeling, West Virginia, eine Liste angeblicher Kommunisten präsentierte, und mit der Rüge McCarthys durch den US-Senat im Dezember 1954 endete. Eine Ära, in der Richter und Anwälte, die die Verfassung verteidigten, als „kommunistische Sympathisanten“ gebrandmarkt wurden. Es ist die alte Geschichte: Das Gesetz, das zum Werkzeug der Mächtigen wird, verliert seine Seele.
Dugans Fall ist ein Lehrstück, eine Erzählung über das, was passiert, wenn die Mächtigen beginnen, den Richtern ihre Entscheidungen vorzuschreiben. Ein Drama, in dem eine Richterin für den Versuch, ihre Pflicht zu erfüllen, zu einem Symbol gemacht wird – zu einem Symbol der Unterdrückung durch jene, die vorgeben, das Gesetz zu verteidigen.
