Wir leben in einem Zeitalter, in dem die Wahrheit keine Krone mehr trägt. Sie liegt barfuß in den Gassen, während die Lüge in Limousinen davonrollt. Der Präsident der Vereinigten Staaten, ein Mann, der sich seit seinem ersten Amtsantritt als Feind der Demokratie entlarvt hat, erklärte nun öffentlich, er wisse nicht, ob alle Menschen – Bürger wie Nichtbürger – das Recht auf ein faires Verfahren verdienen.
Man muss innehalten bei solchen Sätzen. Nicht weil sie überraschen – sondern weil sie in ihrer Schlichtheit alles sagen, was man über den Zustand einer Demokratie wissen muss, wenn sie bereits beginnt, sich in eine Diktatur zu verwandeln.
Kilmar Abrego Garcia – ein Name, den man sich merken muss – wurde in einem juristischen Schatten abgeschoben. Keine Anhörung, kein Richter, kein Verteidiger. Nur ein Flug, ein Verschwinden, ein angebliches Foto, das Trump triumphierend in die Kameras hielt, um den eigenen Bruch mit dem Recht zu rechtfertigen. Später stellte sich heraus: manipuliert. Ein gefälschtes Tattoo als Rechtfertigung für den Bruch der Verfassung.
Wer, wenn nicht ein Diktator, handelt so?
Der größte Verrat sei nicht der am Land, sondern der an der Idee des Menschen. In Trumps Worten – „Ich weiß nicht, ob sie das Recht auf ein faires Verfahren haben“ – liegt dieser Verrat nackt und ungeschönt. Denn das Recht auf ein faires Verfahren ist kein Schmuckstück des Westens. Es ist das letzte Schutzschild des Schwachen. Wer es willkürlich entzieht, stellt sich über die Ordnung, über das Gesetz, über die Menschlichkeit.
In Russland nennt man so jemanden „Суд без закона“ – Gericht ohne Gesetz. In der Türkei: „Devletin eli kanlı“ – die blutige Hand des Staates. In den USA nennen wir ihn Präsident.
Und während Gerichte – bis hin zum Supreme Court – versuchen, die Reste von Recht und Gerechtigkeit zu retten, spielt Trump auf Zeit. Er ruft Salvadorianische Behörden nicht an. Er ignoriert Anordnungen. Er improvisiert eine Verfassungsordnung, in der der Präsident der Richter ist – und das Gericht ein PR-Gag.
Was bleibt, ist nicht nur die Furcht vor einem weiteren Abgleiten Amerikas. Es bleibt die Frage: Wer sind wir, wenn wir zulassen, dass ein einzelner Mann entscheidet, wer ein Mensch ist – und wer nicht?
Die Verfassung ist kein Dokument aus Papier, sie ist ein Vertrag aus Vertrauen. Trump reißt ihn Seite für Seite auseinander. Nicht in der Nacht, nicht im Verborgenen – sondern vor den Augen der Welt. Und jedes Mal, wenn wir weiterzappen oder schweigen, wird daraus ein neuer Absatz in der Geschichte der Verachtung.
„Die Diktatur beginnt dort, wo der Zweifel am Recht zum politischen Programm wird.“ Und wir leben nun in einem Land, in dem ein Präsident öffentlich bekennt, dass er nicht weiß, ob Menschen Rechte haben – einfach, weil sie Menschen sind.