Der Tanz mit dem Abgrund – Trump, Epstein und das goldene Fernsehgerät

VonRainer Hofmann

Juni 27, 2025

Washington, D.C. – Ein goldfarbenes Fernsehgerät, mitten auf der National Mall, zwischen Capitol Hill und Weißem Haus. Es ist kein gewöhnlicher Bildschirm, sondern eine Kunstinstallation – eine, die das politische Herz der USA in helle Aufregung versetzt hat. In Endlosschleife zeigt das Gerät ein Video, in dem Donald Trump tanzend neben dem verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zu sehen ist. Schulter an Schulter, synchron wie in einem schlecht geprobten Musikvideo – und doch messerscharf in seiner Aussage. Der Titel des Stücks? „Shimmy of Shame“, der Tanz der Schande. Wer hinter der Installation steckt, ist unbekannt. Klar ist nur: Die Künstler:innen haben die Erlaubnis, das Werk bis Sonntag auf dem Gelände stehen zu lassen. Die Aufregung ließ trotzdem nicht lange auf sich warten. Aus dem Weißen Haus verlautete, man sei „absolut empört“ über das „schamlose Spektakel“ und prüfe rechtliche Schritte. Pressesprecherin Abigail Jackson erklärte, es handle sich um eine „politische Schmähung ohne künstlerischen Wert“ und eine „gezielte Verleumdung des Präsidenten durch extremistische Kreise“.

Doch die Empörung läuft ins Leere – zumindest juristisch. Die Installation ist offiziell angemeldet, geschützt durch das Recht auf Meinungs- und Kunstfreiheit. Bereits in der vergangenen Woche sorgte eine Skulptur mit dem Titel „Dictator Approved“, die Trump in Anlehnung an autoritäre Führer stilisierte, für heftige Diskussionen. Nun also der nächste Akt einer künstlerischen Inszenierung, die den Präsidenten nicht als Heilsbringer, sondern als Teil eines Abgrunds porträtiert, den viele längst verdrängt hatten: seine langjährige Nähe zu Jeffrey Epstein.

Die Szene ist eine Provokation – bewusst gewählt, sorgfältig inszeniert. Die goldene Farbe des Fernsehgeräts erinnert an Trumps Vorliebe für Prunk und Glamour, das Video an jenen berüchtigten Clip aus den 1990er-Jahren, in dem Trump tatsächlich mit Epstein feierte, beide lachend, umringt von jungen Frauen. Damals wurde es als Belanglosigkeit abgetan, heute wird es zum Symbol für eine toxische Ära, in der Macht, Geld und Straflosigkeit ein gefährliches Bündnis eingingen. Dass das Kunstwerk gerade jetzt auftaucht, ist kein Zufall. Die Epstein-Debatte ist zurück in den Schlagzeilen, neue Enthüllungen und Verbindungen zwischen dem verstorbenen Finanzier, Tech-Milliardären und Politikern werfen lange Schatten auf das politische Establishment. Und Trump, der sich selbst gern als Opfer von Verschwörungen inszeniert, wird durch solche Werke an eine Vergangenheit erinnert, die sich nicht wegtwittern lässt. Die Installation ist kein Angriff – sie ist eine Erinnerung. An das, was war. Und an das, was immer noch verdrängt wird. Inmitten eines Wahlkampfes, der zunehmend von Angst, Rückschritt und Personenkult geprägt ist, wirkt das Bild des tanzenden Trump neben Epstein wie ein grotesker Spiegel: eine Gesellschaft, die ihre dunklen Kapitel lieber tanzt, als sie aufzuarbeiten. Ob die Installation bis Sonntag stehen bleibt, ist offen. Doch ihre Wirkung ist bereits entfaltet. Sie zwingt zur Auseinandersetzung – nicht nur mit einem Präsidenten, sondern mit dem moralischen Zustand einer Nation.

(Photos © The Kaizen Blog)

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