Der Preis der Mauer / The Price of the Wall

VonTamzee Zadah

Mai 6, 2025

Betrachtungen über Trumps „großes Gesetz“

Es gibt eine merkwürdige Ruhe, die sich über das Land legt, wenn das Gesetz zum Instrument der Verdrängung wird. Nicht der Verbrecher fürchtet sich, sondern der Arme. Nicht die Schuld, sondern das Dasein wird zum Delikt. Und während die Schlagzeilen von Milliarden sprechen – als wäre das Geld selbst ein eigenständiges Wesen – verlieren Menschen ihr Zuhause, ihre Zukunft, ihr Recht, zu existieren.

Donald Trump nennt es ein „großes, schönes Gesetz“. Aber Schönheit liegt bekanntlich im Auge dessen, der nicht betroffen ist.

Die Architektur dieses Gesetzes ist kühl, funktional, brutal: 1 Million Migranten pro Jahr sollen abgeschoben werden. 100.000 Menschen in Lager gesteckt. 20.000 neue Beamte, ausgerüstet mit Uniform, Budget und Auftrag, um die Unerwünschten aus dem Sichtfeld der Nation zu entfernen. Und damit dieses Werk eine sichtbare Form erhält, sind 46,5 Milliarden Dollar für eine neue Mauer vorgesehen – 700 Meilen Beton und Metall, die nicht die Grenze schützen, sondern das Gewissen betäuben sollen.

Wer sich Asyl erhofft, muss zahlen: 1.000 Dollar für einen Antrag, der vielleicht nie gelesen wird. Wer ein Kind schützen will, zahlt 3.500 Dollar, dazu 2.500, wenn er einen Gerichtstermin verpasst. Die Menschlichkeit hat ihren Preis – und der ist bar zu entrichten.

Doch dieses Gesetz ist keine Einbahnstraße der Grausamkeit. Es belohnt auch: Das Pentagon erhält 150 Milliarden Dollar – ein Zuwachs, als befände sich die Menschheit im Krieg mit sich selbst. 25 Milliarden fließen in Trumps „Goldene Kuppel“, ein Raketenabwehrsystem für eine Welt, in der niemand mehr sicher ist. 34 Milliarden für neue Schiffe, während Schulen schließen und das Trinkwasser rostet.

Wie absurd, dass man in einer Welt voller Hunger, Obdachlosigkeit und seelischer Leere glaubt, Sicherheit sei eine Frage von Schiffen und Mauern.

Auch die Studierenden trifft es – nicht mit Panzern, sondern mit Paragraphen. Das Bildungssystem wird umgebaut, weniger gnädig, weniger gerecht. Rückzahlungen steigen, Erlassfristen verlängern sich. Die Ärmsten zahlen mehr, die Schuld bleibt länger. Die Hoffnung wird gestreckt wie ein Kredit – und stirbt langsam über Jahrzehnte hinweg.

Selbst jene, die dem Staat dienen – seine Angestellten, seine Beamten – werden nicht verschont. Ihre Renten werden gekürzt. Nicht aus Not, sondern aus Prinzip. Weil das Neue nur dann gefeiert werden kann, wenn es auf dem Grab des Alten tanzt.

Und während das Gesetz das Soziale zerlegt, öffnet es die Erde: Bohren, baggern, roden – auf öffentlichem Land, in Schutzgebieten, in der Arktis. Die Natur wird verflüssigt in Royalties. Der Wald ist kein Lebensraum mehr, sondern eine Bilanzzeile.

Was ist das also für ein Gesetz, das sich „groß“ nennt? Es ist kein Gesetz im moralischen Sinne, sondern ein Instrument zur Verhärtung. Es spricht in der Sprache des Geldes, der Ausschlüsse, der Betonwände. Es ist keine Vision – es ist eine Rechnung.

Und doch: In jedem Paragrafen dieser monströsen Vorlage liegt auch ein Spiegel. Ein Spiegel, der nicht nur Trump zeigt, sondern uns alle. Unsere Abstumpfung, unsere Müdigkeit, unser Schweigen. Denn Gesetze wie dieses entstehen nicht im luftleeren Raum – sie wachsen in der Dürre der Empathie.

„Ich bin nichts. Ich werde immer nichts sein. Ich kann nicht einmal etwas wollen.“ Doch vielleicht beginnt gerade dort, in dieser poetischen Kapitulation, der Moment der Klarheit. Wir sind nicht gezwungen, Mauern zu bauen. Wir können uns entscheiden, Brücken zu errichten – nicht aus Beton, sondern aus Verantwortung.

Dieses Gesetz wird kommen, wenn wir es zulassen. Es wird passieren, weil es darf. Und vielleicht ist das Erschreckendste daran nicht seine Brutalität – sondern unsere Bereitschaft, weiterzuleben, als wäre nichts geschehen.





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