Der Organisator – Scott Presler der „Kirk-Flüsterer“, und wie er die MAGA-Bewegung neu programmiert

VonRainer Hofmann

Oktober 28, 2025

Er ist kein Abgeordneter, kein Minister, kein Fernsehprediger – und doch lenkt Scott Presler mehr Energie durch die amerikanische Rechte, als so mancher republikanische Strippenzieher in Washington. Während Donald Trump die Bühne füllt, baut Presler das Fundament, auf dem sie steht. Mit Laptop, Lautsprecher und einem unerbittlichen Glauben an seine Mission formte er die Wut des 6. Januar zu einer Maschine, die heute effizienter arbeitet als je zuvor. Presler, groß, elegant, fast sanft in der Erscheinung, ist die Verkörperung eines neuen Typs politischer Architekt: organisiert, diszipliniert, böse, unaufgeregt – und ideologisch kompromisslos. Er wurde nicht durch Gewalt bekannt, sondern durch Planung. Doch ohne Männer wie ihn hätte es jenen Tag in Washington womöglich nie gegeben.

Er ist nachweislich ein maßgeblicher Organisator, Mobilisierer und Trainer der Trump-Basis, aber keine offizielle Parteiperson oder Fernsehfigur – deshalb ist Presler den internationalen Medien praktisch unbekannt, obwohl seine Wirkung im Untergrund (Wählerregistrierung, Social-Media-Mobilisierung, Netzwerkbildung) entscheidend ist.

Denn Presler war Teil jener Bewegung, die sich „Stop the Steal“ nannte – eine orchestrierte Kampagne, die Amerikas Demokratie ins Wanken brachte. Wochen vor dem 6. Januar organisierte er Kundgebungen, verbreitete Aufrufe, sprach von „gestohlener Ehre“ und „verratenem Volk“. Er mobilisierte online Tausende, sammelte Kontakte, baute Strukturen, über die Menschen aus dem ganzen Land nach Washington reisten. Und als die Menge schließlich die Stufen des Kapitols hinaufdrängte, war Presler dort – auf dem Gelände, mittendrin, und die Justiz erhob keine Anklage gegen ihn. Doch seine Worte danach wiegen schwerer als jeder Schritt: Er nannte den Sturm auf das Kapitol „die größte Bürgerrechtsbewegung der amerikanischen Geschichte“.

Damit stellte er sich nicht nur außerhalb des politischen Konsenses, sondern in eine Linie mit jenen, die Gewalt als Patriotismus verkaufen. Der 6. Januar war für ihn kein Verbrechen, sondern eine Initialzündung – ein Moment, in dem sich aus Chaos Energie formte. Und er lernte daraus: Wenn Empörung Massen bewegt, dann lässt sich diese Energie steuern.

Heute nutzt Presler genau das. Er reist durch die Staaten, schult Freiwillige, spricht über Wählerregistrierung, Hausbesuche, Briefwahlstrategien. Auf den ersten Blick klingt das banal – doch unter der Oberfläche läuft eine politische Neuverdrahtung. Seine Organisation Early Vote Action ist keine harmlose Basisbewegung, sondern eine perfekt strukturierte Rekrutierungsmaschine. Sie wandelt Protest in Macht, Daten in Stimmen, Frust in Mobilisierung. Wer sich einträgt, wird Teil eines Systems, das über Wochen Kontakt hält, immer freundlich, immer verbindlich – aber nie neutral.

Scott Presler, die Tage auf dem Weg zu Fox

Die Republikanische Partei hat Presler längst integriert. Während Funktionäre vor laufenden Kameras beteuern, mit dem Aufstand nichts zu tun zu haben, lassen sie ihn auf Parteitagen auftreten, nennen ihn „einen der klügsten Aktivisten der Basisbewegung“. 2023 durfte er in Minnesota Parteifreunde schulen – in einer Bar, die voller Konföderiertenflaggen hing, deren Besitzer einst einen Schwarzen Mann mit seinem Auto rammte. Der Ort war kein Zufall. Presler bewegt sich in Milieus, die sich als Opfer der Moderne sehen, als letzte Verteidiger eines verlorenen Amerikas.

Früher, 2017, hatte der Southern Poverty Law Center ihn als leitenden Strategen der islamfeindlichen Organisation ACT for America bezeichnet. Er koordinierte die „March Against Sharia“-Kundgebungen – Veranstaltungen, die Rechtsextreme, Neonazis und Milizionäre vereinten. Diese ideologischen Linien führten direkt in jene Netzwerke, die später das Narrativ vom Wahlbetrug trugen.

Presler ist kein Lautsprecher des Zorns, sondern dessen Architekt. Er weiß, wie man Emotionen kanalisiert, wie man Erregung in Organisation verwandelt. Während Trump provoziert, operationalisiert Presler. Seine Macht liegt nicht im Aufschrei, sondern in der Logistik. Er hat die Revolution des 6. Januar professionalisiert – ohne sie je zu verurteilen.

Viele der Parolen, die Charlie Kirk später in seinen Podcasts und Bühnenauftritten wiederholte, stammen ursprünglich aus Preslers Vokabular. Er war derjenige, der Begriffe wie „Bürgerrechtsbewegung“ und „Wahlwiderstand“ zuerst in die Bewegung einspeiste, lange bevor sie in Kirks Medienimperium zu Schlagworten wurden. Während Kirk sie zur Show machte, formte Presler daraus Strategie – der eine sprach, was der andere längst organisiert hatte.

Gefährlich ist er nicht, weil er Gewalt sucht, sondern weil er sie versteht. Er hat aus dem Scheitern von 2021 gelernt: dass Aufruhr keine Dauerlösung ist, aber Disziplin ein Instrument. Er spricht leise, er lächelt, er sagt, er liebe Amerika. Doch die Republik, die er meint, ist nicht die von Gleichheit und Vielfalt, sondern die eines „wiederhergestellten“ Landes – weißer, männlicher, gläubiger, geordnet. Scott Presler ist die Antwort der extremen Rechten auf den Kontrollverlust: eine Mischung aus Aktivismus, Datenpolitik und Erlösungsglaube. Er braucht keine Fackeln, keine Helme, keine Parolen. Seine Waffe ist Organisation. Seine Stärke ist Geduld. Und sein Ziel ist die Macht.

Er überlebte den 6. Januar, weil er ihn transformierte – in eine Methode. In seinem Schatten entsteht eine Bewegung, die gelernt hat, dass man Demokratien nicht mehr stürzen muss, wenn man sie von innen umlenken kann. Unsere Archive über ihn sind voll, Scott Presler, der stille General in Trumps Schattenarmee.

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Helga M.
Helga M.
7 Stunden zuvor

🙄😢

Ela Gatto
Ela Gatto
7 Stunden zuvor

Furchtbar.

Genau solche Personen zerstören in den USA die Demokratie.
Sie agieren hinter Trumps Banalitäten, seiner Unberechenbarkeit, seiner Dummheit.
Bereit die USA zu übernehmen, wie in Project 2025.

Ohne fies zu sein, was mich wirklich wundert:
Dieser langhaarige Typ passt so gar nicht In das Bild der ordentlichen Republikaner.
Die im Gestern stecken.

Aber vielleicht sehen sie das auch bicht.
Sondern einen Mann, der die „glorreiche“ Vergangenheit zurück beschwört.

Danke für diesen Bericht.
Diese Person und seine Machenschaften hatte ich gar nicht auf dem Schirm.

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