Der Himmel brennt, das Schweigen regiert

VonRainer Hofmann

Juli 5, 2025

Es war eine dieser Nächte, in denen sich der Krieg nicht ankündigt, sondern einfach da ist. Wie ein Fieber, das plötzlich die Schläfen sprengt. Der Himmel über der Ukraine summte, vibrierte, brummte – nicht mit Leben, sondern mit Maschinen. 322 Drohnen, gesteuert aus der Finsternis, programmiert auf Angst, geschickt von einem Regime, das längst jeden Maßstab verloren hat. Während Wohnblocks zitterten und Felder zu flackern begannen, meldete der ukrainische Generalstab einen Gegenschlag: ein Luftwaffenstützpunkt tief in Russland, Borisoglebsk, getroffen, getroffen mit Absicht. Ein Depot für Gleitbomben, ein Trainingsflugzeug, vielleicht mehr – zerstört, in Rauch und Nacht gehüllt. Moskau schwieg. Wie immer, wenn hinter der eigenen Grenze das Licht ausgeht.

Und doch sind es nicht die Zahlen, die zählen – sondern die Körper. Zwei Tote in Kiew, 31 Verletzte, 25 beschädigte Wohnungen in Engels, vier Drohnen über Moskau, abgeschossen vor dem Erwachen. Die Metro, wieder Zufluchtsort, Zufallsheim, Schutzraum unter der Erde. Matratzen, Radiogeknister, Atempausen zwischen Einschlägen. Kein Krieg der Fronten, sondern ein Krieg der Frequenzen – geführt in Wellen, gemessen in Einschlägen pro Nacht. Die Region Chmelnyzkyj blieb verschont, diesmal. Die Stadt Kiew nicht. Und mit ihr die Hoffnung, dass sich dieser Krieg irgendwann erschöpfen könnte. Er tut es nicht. Er rotiert, unaufhörlich, hungrig.

Inmitten dieses Mahlstroms: ein Telefonat. Selenskyj und Trump. „Wichtig“ habe es gewesen, sagt der eine. „Ganz gut“, sagt der andere. Inhaltlich ging es angeblich um Luftabwehr, Waffenproduktion, Friedensperspektiven. Inhaltlich war da nichts. Der Satz, der bleibt, kam von Trump: „Ich weiß nicht. Ich kann nicht sagen, ob das passieren wird oder nicht.“ Es ist ein Satz wie aus einem zerknüllten Drehbuch, hilflos und leer. Währenddessen friert Washington die Lieferungen ein – Raketen, Abwehrsysteme, Schutzzusagen. Europa zögert. Die Ukraine plant Rüstungsproduktion, doch was ist Planung gegen Drohnenschwärme? Was sind Absichten gegen die Geografie der Gewalt?

Und so wird weiter gezählt, weiter geflogen, weiter geschwiegen. 94 ukrainische Drohnen abgeschossen, dann 45, dann keine Meldung mehr. Die Bilder wiederholen sich, nur das Licht verändert sich – manchmal blauer, manchmal rötlicher. Und immer wieder ein Tag wie dieser: flirrende Luft, zersplitterte Fenster, zähe Gespräche ohne Richtung. Ein Krieg, der nichts mehr verspricht – nicht einmal ein Ende

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Ela Gatto
Ela Gatto
2 Monate zuvor

Europa hat offensichtlich zu viel Angst echte und große Entscheidungen ohne „ok“ von Tru***zu treffen.

Anders kann man sich dieses zögern in Anbetracht der immer schlimmer werdenden Attacken nicht erklären.

Wieder einmal trifft man sich in Europa, wieder einmal zeigt man sich entsetzt, wieder einmal verpasst man die Chance etwas zu tun.

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