Der Gipfel der Illusionen

VonAlan Gallardo

August 18, 2025

Es ist ein Montag, an dem die Welt nach Washington blickt – und doch zweifelt kaum jemand ernsthaft daran, dass dieser Gipfel ein brüchiges Fundament hat. Im Weißen Haus versammeln sich heute die Spitzen Europas, um an der Seite von Wolodymyr Selenskyj ein Zeichen der Geschlossenheit gegen Moskau zu setzen: Emmanuel Macron, Keir Starmer, Friedrich Merz, Giorgia Meloni, Alexander Stubb, Ursula von der Leyen und NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Sie alle kommen, um Donald Trump daran zu erinnern, dass die Ukraine nicht nur für ihr eigenes Überleben kämpft, sondern auch für die Sicherheit des gesamten Kontinents. Doch der Präsident, der sie empfängt, klingt seit seinem Treffen mit Wladimir Putin in Alaska wie ein Mann, der längst auf der anderen Seite steht.

Trump hat Putins Vokabular übernommen. Ein Waffenstillstand sei nutzlos, erklärt er plötzlich, nur ein „dauerhafter Frieden“ könne den Krieg beenden – genau so, wie es Moskau seit Jahren fordert. Die Krim sei verloren, die NATO-Erweiterung für die Ukraine ausgeschlossen, und der Donbas müsse verhandelbar sein: Trump wiederholt inzwischen die Kernforderungen des Kremls, als seien es seine eigenen Ideen. Dass Russland in denselben Stunden unvermindert Städte wie Kharkiw, Sumy, Odessa und Saporischschja mit Raketen und Drohnen bombardiert, dass ein Kleinkind, ein Jugendlicher und ganze Familien unter den Trümmern sterben – all das spielt in Trumps neuer Sprachwelt keine Rolle. Wolodymyr Selenskyj nannte die Angriffe „demonstrativ und zynisch“, ein klares Signal, dass der Kreml jede Gesprächsofferte mit Gewalt beantwortet.

Sehr bescheidener Empfang von Selenskyj – In Alaska wurde ein Kriegsverbrecher mit allen Ehren empfangen

Während Europa an die gemeinsame Verantwortung appelliert, demonstriert Trump, dass ihn andere Prioritäten umtreiben. Am Morgen kündigte er auf seiner Plattform an, er werde noch vor den Gesprächen mit Selenskyj eine Executive Order präsentieren, um „EHRLICHKEIT in die Midterm-Wahlen 2026“ zurückzubringen. Trump versprach, Briefwahl und Wahlmaschinen abzuschaffen, und brüstete sich damit, gemeinsam mit den Republikanern „wie die Hölle zu kämpfen“, um angebliche Unregelmäßigkeiten auszumerzen. Selbst im Gespräch mit Putin, so erzählte er später, habe er über „die Unehrlichkeit der Briefwahl“ gesprochen – ein bizarrer Beleg dafür, dass der Präsident seine innenpolitischen Obsessionen über globale Sicherheit stellt.

Der heutige Zeitplan des Weißen Hauses wirkt wie ein Protokoll voller symbolischer Gesten:
– 12 Uhr Eastern Time: Ankunft der europäischen Staats- und Regierungschefs.
– 13 Uhr: Trump empfängt Selenskyj zu einem bilateralen Gespräch.
– 14:15 Uhr: offizieller Empfang der europäischen Spitzen.
– 15 Uhr: Beginn der gemeinsamen Beratungen.

Auf dem Tisch liegen die entscheidenden Fragen: Sicherheitsgarantien nach NATO-Vorbild, die Zukunft des Donbas, das Schicksal der Krim. Europa tritt in Washington mit Geschlossenheit auf, Frankreichs Präsident Macron nannte die Ukraine einen „Vorposten unserer kollektiven Verteidigung“, und warnte, Schwäche heute bereite die Konflikte von morgen. Doch die Atmosphäre ist vergiftet: Der US-Präsident signalisiert offen, dass er bereit ist, Putins Bedingungen in Kauf zu nehmen – und das nicht trotz, sondern wegen seiner vermeintlichen Suche nach Frieden. Dieser Gipfel könnte zu einer Zäsur werden, doch nicht, weil er den Krieg beendet. Sondern weil er vorführt, wie weit die politische Achse des Westens bereits verrutscht ist. Die Zweifel, dass hier eine Einigung erzielt wird, sind daher nicht nur berechtigt – sie sind die bittere Realität. In Washington entscheidet sich heute nicht, ob die Ukraine gesichert wird, sondern ob Donald Trump der Welt zeigt, dass der Kreml in ihm längst einen Partner gefunden hat.

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Ela Gatto
Ela Gatto
1 Monat zuvor

Es ist genau so eine Farce, wie das Treffen in Alaska.

Putin hat Trump gesagt,was er erwartet und Trump kuscht.
Warum? Darüber kann man spekulieren.
Irgendein Vorteil springt dabei raus.

Im Vorfeld die Rückgabe der Krim und Donbas, sowie eine Nato-Mitgliedschaft auszuschließen, ist ungefähr so, wie Jemand mit dem Baseballschläger zu verprügeln und dann zu sagen, er muss aufpassen, sonst stolpert er.

Es wird ein Debakel.
Denn Trump behauptet groß und mit Inbrunst „Selensky kann den Krieg sofort beenden“

Falsch! Putin ist der Aggressor.
Er hätte den Krieg zu jedem Zeitpunkt beenden können.
Nur das ist nicht der Plan.

Über Frieden zu sprechen, wenn noch Bomben fallen ist absurd.
Hätte sich Jemand mit Frankreichs Regierung getroffen um über Frieden zu sprechen, während Hitlers Bomben vielen?
Wohl kaum.

Friedensgespräche können überhaupt erst ernsthaft geführt werden, wenn es eine echte Waffenruhe gibt.

Und die gibt es nicht.
Damit ist jegliche Diskussion für mich vom Tisch.

Aber sicher wird die Delegation von guten Gesprächen und Fortschritten sprechen, während sie wie geprügelte Hunde die USA verlassen.

Erwarten darf man nichts Positives.
Befürchten aber das Schlimmste.

Und in der Innenpolitik.
Wie sollen denn alle US-Bürger außerhalb der USA wählen ohne Briefwahl?
Ach ja, MAGA kommt ja meist nicht mal über ihre Ortsgrenze geschweige denn Staatsgrenze hinaus.

Trump und Konsorten müssen wirklich Angst vir den Midterms haben, dass sie alles versuchen um die Wahlen zu ihren Gunsten zu drehen.

Wobei, obliegt es nicht den einzelnen Bundesstaaten, wie eine Eahl gehandhabt wird?
Soviel zu mehr Eigenständigkeit der Bundesstasten und weniger Einmischung der Bundesregierung.

Ihr werden sicher an Euuch halten müssen um nicht ständig zu 🤮

Passt auf Euch auf.

Irene Monreal
Irene Monreal
1 Monat zuvor

Und Tipps für die nächste Wahl hat er sich auch gleich abgeholt, wobei es nicht mal darum geht, ob ihm die Abschaffung der Briefwahl hilft, sondern um eine Änderung als solches. Damit er danach seine durch Wahlfälschung errungenen 80% „erklären“ kann.

Carola Richter
Carola Richter
1 Monat zuvor
Reply to  Irene Monreal

Die Bewertung richtet sich gegen Trump. Dein Artikel ist sehr gut.

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