Key West, Florida – Es war ein sonniger Morgen im Sunshine State, als Vincent Scardina, bekennender Trump-Unterstützer und Chef eines kleinen Dachdeckerbetriebs, plötzlich feststellte, was es bedeutet, wenn Wahlentscheidungen konkrete Folgen haben, denn ein Drittel seiner Belegschaft auf dem Weg zur Arbeit von der Einwanderungsbehörde ICE abgefangen – sechs Männer aus Nicaragua, festgenommen in einem einzigen Schlag, mitten im Berufsverkehr. Der Vorwurf: illegaler Aufenthalt. Die Konsequenz: Abschiebung. Der Kollateralschaden? Ein ratloser Unternehmer mit leerem Lieferwagen.
Scardina, der sich noch vor wenigen Monaten lautstark für Trumps harte Einwanderungspolitik starkgemacht hatte, stand nun selbst vor einem politischen Scherbenhaufen. „Ich wollte ja, dass die Gesetze durchgesetzt werden“, sagte er zögerlich einem lokalen Reporter, „aber doch nicht bei meinen Jungs.“ Seine Stimme wurde brüchig, als er von der Szene auf dem Highway erzählte: Blaulicht, Uniformen, und sechs verängstigte Arbeiter, die in Handschellen in einen Bus geführt wurden – keine Terroristen, keine Kriminellen, sondern Männer mit Werkzeugkasten und Brotzeitbox.
Die Monroe County Sheriff’s Office bestätigte den Vorfall nüchtern: Man habe lediglich geholfen, „Personen zur Abschiebung zu überführen“. Für Scardina ist es der Stoff eines moralischen Erwachens. Seine Werkverträge stapeln sich, die Kundschaft wartet – doch seine besten Fachkräfte sitzen jetzt im Gefängnis oder wurden bereits abgeschoben. „Sie waren wie Familie“, sagt er heute, mit einem Tonfall zwischen Trotz und Reue. Dabei hatte er sich doch nur einen Präsidenten gewünscht, der „für Recht und Ordnung“ sorgt.
Was Scardina dabei übersehen hatte: Das Konzept von „Law and Order“ unterscheidet nicht zwischen seinen Arbeitern und jenen „anderen“, vor denen rechte Talkshows warnen. Wenn Trump Massendeportationen ankündigt, dann meint er damit keine abstrakten Zahlen, sondern konkrete Menschen – selbst dann, wenn sie gerade ein Dach neu eindecken. In Scardinas Fall: ein Kindergarten in Homestead, Deadline; verpasst!
Nun fragt sich der Mann, der seine Wahlentscheidung für Trump „aus wirtschaftlicher Vernunft“ getroffen hatte, ob es wirklich vernünftig war, die eigene Belegschaft in die Mühlen der Migrationsbürokratie zu werfen. „Ich bin nicht gegen die Wand gelaufen“, sagte er auch uns gegenüber, „die Wand kam auf mich zu.“ Ein Satz, der sich möglicherweise in die Annalen der ironischen Selbstreflexion unter Trumps zweiter Amtszeit einreiht.
Während Scardina nun händeringend nach neuen Arbeitern sucht – möglichst schnell, möglichst legal –, dürfte sein Fall beispielhaft für ein wachsendes Dilemma in der US-Wirtschaft stehen: Die Politik, die man wählt, ist nicht immer die, mit der man arbeiten kann. Und manchmal, so scheint es, kommt die Realität schneller vom Dach als man denkt.