Der Cheeseburger-Staat – Wie Trumps Regierung das Gesetz in Pommes frittiert

VonRainer Hofmann

Juni 30, 2025

Es gibt politische Kommunikation. Es gibt Propaganda. Und dann gibt es das, was das Weiße Haus dieser Tage veröffentlicht – eine Mischung aus Fastfood-Ästhetik, autoritärem Befehlston und postironischem Irrsinn. Ein animiertes Trump-Männchen im McDonald’s-Look steht an der Fritteuse, lächelt zufrieden, während darunter in schrillen Lettern dazu aufgerufen wird, ein „Wunderschönes Gesetz“ zu verabschieden. Was hier als „One Big Beautiful Bill“ verkauft wird, ist kein Gesetzesentwurf – es ist ein Manifest. Und zwar eines für eine neue politische Realität, in der Politik nicht mehr erklärt, sondern serviert wird. Mit viel Öl. Und einer Extraportion Ideologie. „Rufen Sie Ihre Abgeordneten an! Sagen Sie ihnen, sie sollen sich VERDAMMT NOCHMAL BEEILEN!“ – so schreit es aus dem offiziellen Kanal des Weißen Hauses. Kein diplomatischer Appell, kein verfassungsmäßiger Respekt vor parlamentarischen Abläufen – sondern eine Drohung mit Popcorn. Der Tonfall erinnert an eine Reality-Show, nicht an eine Demokratie. Die Republikaner unter Donald Trump haben das Gesetz in ein Konsumprodukt verwandelt, und der Staat wird zum Drive-In-Schalter, an dem man „Grenzsicherheit, Steuersenkungen und Entlastung“ wie ein Menü bestellt.

Doch was steckt drin in diesem Menü? Die rechte Spalte der Grafik liest sich wie das Inhaltsverzeichnis eines dystopischen Kinderbuchs: „Finanzierung des Golden-Donnie-Heimatschutzsystems“, heißt es da – als wäre Trump eine nationale Superwaffe gegen alle Übel der Welt. Die Coast Guard soll aufgerüstet werden wie zuletzt im Zweiten Weltkrieg, Fentanyl-Schmuggel mit „Werkzeugen“ gestoppt, das Militär zur „tödlichen Streitkraft“ gemacht werden. Es ist die Sprache einer Regierung, die ihre Bevölkerung nicht mehr führen, sondern disziplinieren will. Zwischen den martialischen Ankündigungen („permanente Sicherung der Grenze“, „Law-and-Order-Agenda“, „tödliche Streitkraft“) und der absurden Lo-Fi-Optik des Videos offenbart sich ein ideologischer Kern: Hier geht es nicht um Gesetzgebung – es geht um Kontrolle. Kontrolle über Sprache, Kontrolle über Ästhetik, Kontrolle über die Deutungshoheit. Die Demokraten, so heißt es, würden „verdammt nochmal trödeln“. Ein klassisches Feindbild, nützlich und beliebig. Denn wer sich dem Tempo des Strongman nicht beugt, wird als Hindernis markiert. Parlamentarismus wird zum Bremsklotz erklärt – und damit zur Gefahr.

Sprachlich bewegt sich die gesamte Kommunikation außerhalb demokratischer Gepflogenheiten. Wer in offiziellen Mitteilungen von „damn time“ spricht, wer den Präsidenten als Lo-Fi-Meme stilisiert und gleichzeitig zu nationalem Alarmismus aufruft, hat die Grenze zur demokratischen Ernsthaftigkeit verlassen. Es ist die Sprache einer Bewegung, nicht einer Regierung. Und diese Bewegung hat einen Namen: MAGA. Besonders gefährlich ist, wie offen autoritäre Strategien in Popkultur-Ästhetik verpackt werden. Die Verharmlosung durch Bildsprache („Trump frittiert Pommes“), kombiniert mit einem hyperaggressiven Tonfall („permanente Grenzsicherung“, „Deportation illegaler Ausländer“), erzeugt ein Gefühl von Kontrolle, Coolness und Konsequenz – genau jene Mischung, die autoritäre Systeme lieben. Sie wollen nicht mehr überzeugen, sie wollen nicht mehr diskutieren – sie wollen durchdringen, in Dauerschleife, im Hintergrund eines Lo-Fi-Videos. Und sie tun es erfolgreich. Was bleibt, ist der schale Nachgeschmack einer politischen Kommunikation, die sich endgültig vom demokratischen Diskurs verabschiedet hat. Die Institutionen werden zu Requisiten, das Parlament zum Störfaktor, die Opposition zur Karikatur. Die Zukunft wird nicht mehr mit Argumenten ausgehandelt – sie wird frittiert, verpackt und als Angebot präsentiert. Ein Cheeseburger-Staat, bei dem der Präsident am Grill steht – und der Bürger nur noch konsumieren soll. Mit Ketchup. Und Gehorsam.

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