Es war einmal ein Gericht, das über Gesetze wachte. Heute wirkt es, als verwalte es Lebensläufe. Die Trump-Regierung hat am Montag den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten gebeten, ihr zu gestatten, die Leiterin des US Copyright Office zu entlassen – eine Entscheidung, die weniger nach Rechtsstaat als nach Personalpolitik klingt. Man könnte inzwischen den Eindruck gewinnen, der Supreme Court sei nicht mehr das höchste Gericht des Landes, sondern Trumps Personalabteilung. Im Mittelpunkt steht Shira Perlmutter, die Registerführerin für Urheberrechte, eine international anerkannte Expertin und Beraterin des Kongresses. Sie wurde 2020 von der damaligen Bibliothekarin des Kongresses, Carla Hayden, in das Amt berufen – also ausgerechnet von einer Institution, die dem Präsidenten nicht untersteht. Doch das stört Donald Trump wenig. Für ihn ist die Gewaltenteilung ein lästiger Verwaltungsakt, der ihn daran hindert, „seine Leute“ überall dort einzusetzen, wo noch Fachwissen, Integrität oder Widerspruch wohnen.

Perlmutter erfuhr im Mai per E-Mail aus dem Weißen Haus, dass ihre Tätigkeit als Direktorin des Copyright Office „mit sofortiger Wirkung beendet“ sei – angeblich, weil sie dem Kongress in einem Bericht zu Künstlicher Intelligenz eine Empfehlung gegeben hatte, die Trump missfiel. Man möchte fast sagen: falsche Meinung, falscher Job. Ein Berufungsgericht in Washington entschied daraufhin, dass der Präsident die Urheberrechtschefin nicht einfach absetzen dürfe. Die Mehrheit des Gerichts sprach von einem „eklatanten Eingriff der Exekutive in die Arbeit einer Beamtin des Legislativorgans“. Richterin Florence Pan schrieb in ihrer Begründung, dieser Fall unterscheide sich „in Art und Ausmaß erheblich“ von früheren Entlassungen, die der Supreme Court Trump durchgehen ließ. Mit anderen Worten: Hier geht es nicht um Verwaltung, sondern um die Entkernung der Gewaltenteilung.
Doch Trump lässt sich durch so etwas selten aufhalten. Der Präsident, der Richter wie Bauklötze stapelt, zog erneut vor den Supreme Court – jenes Gremium, das ihm in den letzten Jahren auffallend oft recht gegeben hat. In seiner Eingabe erklärte Solicitor General D. John Sauer, die Leiterin des Copyright Office übe „exekutive Macht“ aus, auch wenn sie dem Kongress zugeordnet sei. Das klingt nach einer juristischen Pirouette, die selbst Kafka ins Grübeln gebracht hätte: Weil jemand über Urheberrechte entscheidet, ist er plötzlich Teil der Exekutive – und darf folglich vom Präsidenten gefeuert werden. Währenddessen verteidigen Perlmutters Anwälte ihre Mandantin als das, was sie ist: eine der führenden Fachfrauen für geistiges Eigentum weltweit. Sie soll nicht etwa wegen Inkompetenz, sondern wegen Ungehorsams abgesetzt werden – ein Muster, das sich durch die Trump-Ära zieht wie ein Refrain. Wo Expertise auf Macht trifft, gewinnt die Loyalität.
Ironischerweise spielte sich das alles im Umfeld der Library of Congress ab – also einer Institution, die Wissen bewahren soll. Trump jedoch betrachtet Wissen als Bedrohung, solange es nicht ihm gehört. Nachdem er bereits die Bibliothekarin Carla Hayden entließ – die erste schwarze Frau in diesem Amt –, installierte er seinen Vertrauten Todd Blanche, den ehemaligen stellvertretenden Justizminister, an der Spitze der Bibliothek. Der neue Auftrag: weniger Lesen, mehr Loyalität. Was früher einmal das Gleichgewicht der Gewalten hieß, wirkt heute wie eine Einbahnstraße zum Weißen Haus. Der Supreme Court prüft derweil, ob die Entlassung zulässig ist – und gleicht dabei zunehmend einem Büro für Personalfreigaben. Vielleicht bekommt der Gerichtshof bald eigene Aktenzeichen für Trump-Entscheidungen: SCOTUS HR-2025.
So bleibt die Frage, wie viele Institutionen noch fallen müssen, bevor jemand bemerkt, dass Macht ohne Grenzen keine Stärke, sondern Faschismus ist. Shira Perlmutter mag nur die Leiterin einer Behörde sein, doch ihr Fall steht für etwas Größeres – für die letzte Bastion eines Systems, das sich weigert, sich in eine Casting-Show verwandeln zu lassen. Am Ende könnte das Urteil des Supreme Court also mehr bedeuten als nur eine Personalfrage. Es entscheidet darüber, ob die amerikanische Demokratie weiterhin auf Recht gründet – oder auf Gehorsam. Und während im Gerichtssaal die Argumente abgewogen werden, tanzt im Weißen Haus vielleicht schon jemand zur Melodie seiner eigenen Macht.
Investigativer Journalismus braucht Mut, Haltung und auch Deine Unterstützung.
Stärken bitte auch Sie unseren journalistischen Kampf gegen Rechtspopulismus und Menschenrechtsverstöße. Wir möchten uns nicht über eine Bezahlschranke finanzieren, damit jeder unsere Recherchen lesen kann – unabhängig von Einkommen oder Herkunft. Vielen Dank!
