Die Handschellen klickten am Montagmorgen in Baltimore. Wieder einmal. Für Kilmar Abrego Garcia, 30 Jahre alt, Familienvater, Metallbauer, muss es sich angefühlt haben wie ein endloser Alptraum, aus dem es kein Erwachen gibt. Die US-Einwanderungsbehörde ICE hatte ihn erneut festgenommen – kaum drei Tage nachdem er ein Gefängnis in Tennessee verlassen hatte, wo man ihn wegen angeblichen Menschenschmuggels angeklagt hatte. Ein Vorwurf, der sich bei näherer Betrachtung als durchsichtiges Manöver entpuppt, einen unbequemen Fall aus der Welt zu schaffen.
Die menschenverachtende Festnahme in Baltimore markiert den vorläufigen Tiefpunkt einer Odyssee, die exemplarisch für die Brutalität der Trump’schen Einwanderungspolitik steht. Hier wird ein Mann, der seit seiner Flucht aus El Salvador im Alter von 16 Jahren in den USA lebt, der eine amerikanische Familie gegründet hat, der arbeitet und Steuern zahlt, zum Spielball einer Maschinerie, die Recht und Logik längst hinter sich gelassen hat.
Das absurde Theater der Abschiebung nach Uganda
Uganda. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Ein Land, zu dem Abrego Garcia keinerlei Verbindung hat, soll plötzlich seine neue Heimat werden. Warum? Weil die Trump-Regierung es so will. Weil ein obskures Abkommen zwischen Washington und Kampala es möglich macht. Weil ein Mann, der erfolgreich seine Abschiebung nach El Salvador verhindert hat – wohlgemerkt mit richterlichem Segen, da ihm dort Verfolgung und möglicherweise der Tod drohen – bestraft werden muss für seine Hartnäckigkeit.

Simon Sandoval-Moshenberg, Abrego Garcias Anwalt, kämpft aufopferungsvoll gegen diese kafkaeske Willkür. Mit stoischer Entschlossenheit hat er nun die Karte des Asylantrags gezogen – ein juristischer Schachzug, der die drohende Abschiebung nach Uganda vorerst blockieren soll. Es ist der verzweifelte Versuch, in einem System, das seine eigenen Regeln bricht, noch einen Funken Rechtsstaatlichkeit zu finden.
Die Chronologie der Ereignisse liest sich wie ein Lehrstück staatlicher Schikane: 2019 verbietet ein Einwanderungsrichter die Abschiebung nach El Salvador wegen glaubhafter Todesdrohungen. Die Trump-Regierung ignoriert dies und schiebt Abrego Garcia im März 2024 trotzdem dorthin ab. Nach massivem juristischen Druck und einer Intervention des Obersten Gerichtshofs muss sie ihn im Juni zurückholen. Doch statt sich zu entschuldigen, erhebt man Anklage wegen Menschenschmuggels – gegen das Opfer der eigenen rechtswidrigen Abschiebung. Die Behauptung, Abrego Garcia sei Mitglied der berüchtigten MS-13-Gang, basiert auf nichts als den Aussagen eines anonymen Informanten, der meinte, Kleidung und Tätowierungen würden ihn als Gangmitglied ausweisen. Nie wurde er deswegen angeklagt, nie verurteilt. Doch in der Logik der Einwanderungsbehörden reicht der bloße Verdacht, um ein Leben zu zerstören.

Was hier geschieht, ist mehr als nur ein individuelles Drama. Es ist die systematische Pervertierung rechtsstaatlicher Prinzipien. Wenn ein Land wie Uganda, dessen Präsident Yoweri Museveni seit fast vier Jahrzehnten mit eiserner Faust regiert, zum willigen Helfer bei der Entsorgung unerwünschter Migranten wird, wenn gerichtliche Entscheidungen ignoriert werden, wenn Familien zerrissen werden im Namen einer Politik, die Härte mit Stärke verwechselt, dann steht mehr auf dem Spiel als das Schicksal eines Einzelnen. Richterin Paula Xinis hat vorerst verfügt, dass Abrego Garcia nicht abgeschoben werden darf, solange das Verfahren läuft. Ein kleiner Sieg in einem Kampf David gegen Goliath. Doch die Regierung hat bereits signalisiert, dass sie sich nur widerwillig fügt. Die Anhörung am 6. Oktober wird zeigen, ob in diesem Land noch Raum ist für Gerechtigkeit – oder ob die Maschinerie der Abschiebung unaufhaltsam weiterrollt, gleichgültig gegenüber menschlichem Leid, taub für die Stimme des Rechts.

Kilmar Abrego Garcia sitzt derweil in Haft, 200 Meilen um das Gericht in Maryland herum gefangen, getrennt von seiner amerikanischen Frau und seinen Kindern. Ein Mann, der nichts anderes wollte, als in Sicherheit zu leben und für seine Familie zu sorgen, ist zum Symbol geworden für ein System, das seine Seele verloren hat. Sein Anwalt Sandoval-Moshenberg und wir alle werden weiterkämpfen, mit juristischem Geschick, rechercherische Raffinesse und moralischer Klarheit. Der Asylantrag ist sein neuester Zug in einem Schachspiel, bei dem die Gegenseite die Regeln nach Belieben ändert. Es bleibt die bittere Erkenntnis: In einem Land, das sich als Leuchtturm der Freiheit versteht, kann ein Mensch zur Geisel seiner eigenen Suche nach Sicherheit werden. Und während Politiker in Washington über Grenzsicherheit debattieren, zerbrechen in Baltimore, in Maryland, überall im Land, Familien an einer Politik, die Härte zur Tugend erklärt hat und Menschlichkeit als Schwäche verachtet.
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So kann man auch Wähler verlieren. 🤷
👍
Aber nicht bei MAGA. Die jubeln, verbreiten weiter die falschen Narrative und behauptet felsenfest, dass er schon 2019 hätte abgeschoben werden dürfen.
MAGA interessiert keine Menschlichkeit, es zählen Parolen wie „Illegale raus“
…ja, die sind so dumm wie eine traube
Da wird genau so etwas (heute) gepostet
👍
…ja ganz bestimmt, doch was dort läuft ist Drittes Reich 2.0
Für Trump ist Kilmar ein persönlichen Rachefeldzug.
Ein Mann der ihn, in seinen Augen, vor seinen Anhänger bloßgestellt hat, ein Mann der ihn schwach aussehen lässt.
Ein Mann dessen Fall den Untergang der amerikanischen Justiz zeigt.
Ein Mann, der prominente Unterstützung von einem Demokraten bekommen hat (wo ist Der eigentlich abgeblieben?)
Damit ist er DAS rote Tuch für Trump.
Ich hoffe, dass Kilmar Erfolg hat. Auch wenn ich es bezweifel.
trump wird das nicht gewinnen, die köcher sind voll
Setzt Euch bitte weiter für den jungen Mann ein! Ihr macht eine sehr wertvolle Arbeit. Dafür danke ich Ihnen.
natürlich machen wir das und vielen dank