Es war der Moment, der alles über diese Regierung verriet: Statt sich ernsthaft mit der wachsenden Zahl brisanter Epstein-E-Mails auseinanderzusetzen, trat Pressesprecherin Karoline Leavitt vor die Öffentlichkeit und verwandelte das Briefing in eine Art Liturgie der Verleugnung. Die Botschaft war simpel, schneidend und völlig losgelöst von jeder Faktenlage: Präsident Trump sei in all dem „unschuldig“, die E-Mails bewiesen „absolut nichts“, und die wachsenden Fragen seien nichts weiter als ein „Betrug der Demokraten“.
Leavitt sprach mit der Inbrunst einer Abhängigen, nicht mit der Nüchternheit einer Regierungssprecherin. Es klang nicht wie ein Statement – es klang wie ein Gelübde. „Diese Regierung hat mehr getan als jede andere zuvor“ (Wenn Kaputtmachen auch zählt, dann hat sie zu 100 Prozent recht. 🤣🤣🤣🤣🤣), rief sie, als ginge es um einen historischen Moment statt um die nüchterne Frage, warum ein Präsident die Offenlegung wichtiger Ermittlungsakten blockiert. Und während sie Satz für Satz aneinanderreihte, wurde klar, wie sehr sich dieser Westflügel in ein geschlossene Sektenwelt zurückgezogen hat.
In ihrer Darstellung war alles plötzlich umgekehrt: Die Demokraten seien schuld, Joe Biden habe „nichts getan“, Opfer spielten keine Rolle für die Gegenseite, und nur Trump sei derjenige, der „wirklich aufkläre“. Der Gedanke, dass die Regierung selbst gerade alles tut, um eine Veröffentlichung der Epstein-Akten zu verhindern, tauchte in diesem Paralleluniversum nicht einmal als Möglichkeit auf.
Leavitt wiederholte fast mantraartig: „Diese E-Mails beweisen absolut nichts – außer, dass Präsident Trump nichts falsch gemacht hat, doppelt betont, fast beschwörend. Es wirkte wie eine Mauer, die sie Stein für Stein hochzog – nicht um die Wahrheit zu schützen, sondern um sie fernzuhalten. Jeder Zweifel wurde als Angriff definiert, jede Kritik als Feindseligkeit, jede Nachfrage als politisches Kalkül. Die Realität – die tatsächlichen Inhalte der E-Mails, die offenen Fragen, die Widersprüche – spielte in diesem Raum keine Rolle mehr.
Dann folgte der Satz, mit dem die Absurdität vollends in den Sektor des Grotesken abbog: Trump habe Epstein „aus Mar-a-Lago hinausgeworfen, weil er ein Pädophiler war und ein Gruseltyp“ – Ein Satz, zugleich banal wie ein Werbeslogan, so unpräzise wie ein Wetterbericht und politisch so gestanzt, dass er auch als Spruchband bei einer Wahlkampfkulisse durchgehen könnte – und vor allem ein Versuch, eine riesige Debatte auf die auf das Niveau einer Erzählung aus seinem Golfclub-Alltag zu schrumpfen. Während die Welt nach Transparenz schreit, reduziert das Weiße Haus eine der brisantesten Affären der jüngeren US-Geschichte auf eine Türstehergeschichte im Golfclub.
Hier unser damaliger Artikel wie es wirklich war. Das hat Leavitt wohl vergessen: „Gestohlen und verraten – Trumps Worte über Virginia Giuffre werfen ein tödliches Licht auf den Epstein-Skandal“, unter dem Link: https://kaizen-blog.org/gestohlen-und-verraten-trumps-worte-ueber-virginia-giuffre-werfen-ein-toedliches-licht-auf-den-epstein-skandal/
Doch was an diesem Tag am deutlichsten hervortrat, war nicht der Inhalt, sondern der Ton. Dieses Pressestatement war nicht das Verhalten einer Regierung – es war das Verhalten einer Sekte, die ihren Anführer um jeden Preis schützt. Eine Sekte, die jedes Ereignis in eine Erfindung modelliert, das mit der Wirklichkeit kaum noch Berührung hat. Eine Sekte, die lieber das gesamte Land ins Dunkel zieht, als einen Millimeter Abstand zwischen sich und Trump zuzulassen.
Die Welt da draußen sieht einen Präsidenten, dessen Umfeld zunehmend nervös reagiert. Eine republikanische Partei, die erste Risse zeigt. Ermittler, die unbequeme Fragen stellen. Und eine Öffentlichkeit, die spürt, dass diese Regierung jeden Tag ein Stück weiter in eine rhetorische Selbsthypnose abrutscht. Doch im Press Briefing Room wird all das weggewischt wie Kreide auf einer Tafel. Dort herrscht ein anderes Glaubenssystem: Trump kann nichts falsch machen. Kritik ist Betrug. Zweifel ist Verrat. Und wer die Realität benennt, wird zum Feind. Es bleibt der Eindruck einer Macht, die ihre eigene Sprache geschaffen hat, um der Realität nicht mehr begegnen zu müssen. Einer Regierung, die nicht regiert, sondern betet. Und eines Präsidenten, dessen Umfeld längst nicht mehr zwischen Loyalität und Selbstaufgabe unterscheidet.
Die E-Mails mögen vieles nicht beantworten – aber sie zeigen, wie eng die Fassade geworden ist, hinter der diese Präsidentschaft steht. Und Leavitts Auftritt zeigt, wie tief diese Regierung in der eigenen Sektenkult versunken ist. Fans würden es Loyalität nennen. Wer genauer hinschaut, erkennt den Anfang einer gefährlichen Abhängigkeit: die totale Unterordnung unter einen Mann, der jeden Tag ein wenig mehr den Boden unter den Füßen verliert.
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Diese Sektiererei ist eigentlich logisch – denn sie wissen, dass sie alle mit Trump untergehen. Ich glaube nicht daran, dass es mit Vance auch nur annähernd vergleichbar weitergeht.
… auch gegen vance sind die archive voll … :)… und er ist nicht so belastbar, wie trump
Lug und Trug ohne Ende in jeder Situation. Hoffentlich muss er dafür einmal die Verantwortung übernehmen.