Es ist eine jener Szenen, die rückblickend kaum zu glauben sind – und doch genau so im Äther des amerikanischen Talkradios stattfand. Im Jahr 2006 sitzt Donald J. Trump bei Howard Stern, dem König des enthemmten Entertainments, und wird gefragt, ob er etwas wie eine Altersgrenze habe, was sexuelle Beziehungen angeht. Trumps Antwort: ein schwankendes Nein. Und ein Vergleich, der nicht nur geschmacklos, sondern schlicht falsch ist. Jetzt, fast zwei Jahrzehnte später und kurz nach neuen Enthüllungen rund um seine Verbindung zu Jeffrey Epstein, taucht das Interview wieder auf – und entfaltet eine Sprengkraft, die über das hinausgeht, was viele erwartet hätten. „Könntest du heute noch 24-Jährige flachlegen?“, fragt Stern. Trump, selbstbewusst wie immer: „Oh, absolut. Ich habe da überhaupt keine Schwierigkeiten.“ Stern bohrt nach: „Würdest du es auch tun?“ Trumps Antwort: „Ich habe kein Problem.“ Dann klinkt sich Co-Moderatorin Robin Quivers ein – „Hast du eine Altersgrenze? Oder würdest du…?“ – und der spätere Präsident beginnt zu stammeln: „Wenn ich… nein, nein, ich habe kein Al… ich meine, ich habe eine Altersgr…” Und dann das: Auf die Frage nach seiner „obersten Grenze“ sagt Trump: „Ich will nicht so enden wie Kongressabgeordneter Foley – mit, du weißt schon, 12-Jährigen.“
Ein Satz, der an Zynismus kaum zu überbieten ist – und zugleich offenbart, wie leichtfertig Trump mit einer realen Missbrauchsgeschichte umgeht. Gemeint ist Mark Foley, ein republikanischer Abgeordneter aus Florida, dessen Karriere 2006 in sich zusammenbrach, als bekannt wurde, dass er sexuell anzügliche Nachrichten an minderjährige Kongress-Pagen verschickt hatte. Der Skandal erschütterte das politische Amerika – doch Trumps Darstellung ist faktisch falsch. Nie war von 12-Jährigen die Rede. Die Pagen waren mindestens 16, Foley wurde nie angeklagt. Und doch nennt Trump genau diese Zahl – 12 – in einem Satz, der offenbar nicht mal als Scherz gemeint war. Ein ausweichendes, selbst entlarvendes Manöver, das nun in neuem Licht erscheint. Denn der zeitliche Kontext des Wiederauftauchens ist kein Zufall. Nur wenige Tage zuvor veröffentlichte das Wall Street Journal einen bislang unbekannten Geburtstagsgruß Trumps an Jeffrey Epstein aus dem Jahr 2003 – eine maschinengeschriebene Notiz, gerahmt von der Zeichnung einer nackten Frau mit Filzstift umrissen. Der Inhalt: ein fiktiver Dialog zwischen Trump und Epstein. „Wir haben gewisse Dinge gemeinsam, Jeffrey.“ – „Ja, in der Tat.“ – „Enigmen altern nicht, ist dir das aufgefallen?“ Und zum Schluss: „Möge jeder Tag ein neues wunderbares Geheimnis sein.“
Es sind solche Formulierungen, die in einem anderen Kontext als belanglos durchgingen, heute aber wie ein Echo aus der Tiefe einer dunklen Vergangenheit wirken. Trumps Verhältnis zu Epstein war lange Gegenstand von Spekulationen, Gerüchten und Anschuldigungen – doch nach der Veröffentlichung des Justizministeriums, es gebe „keine Hinweise auf eine Epstein-Kundenliste“, begann ein neues Kapitel: Die Debatte drehte sich nicht mehr um eine Liste, sondern um alles, was Trump selbst in der Öffentlichkeit über sich, seine Vorlieben und sein Umfeld preisgegeben hat. Und das ist nicht wenig. Inmitten dieses Drucks reichte Trump jüngst eine zehn Milliarden Dollar schwere Verleumdungsklage ein – offenbar gegen Medien, die die Wiederveröffentlichung des Epstein-Briefes mit seiner Präsidentschaft in Verbindung brachten. Es ist ein gewohntes Muster: Angriff statt Einordnung. Doch das Interview mit Howard Stern lässt sich nicht aus der Welt klagen. Es ist gesendet, archiviert, dokumentiert. Und es zeigt einen Trump, der 2006 ganz offen darüber sprach, dass er „kein Problem“ mit sehr jungen Frauen habe – ohne je zu präzisieren, wo für ihn die Grenze liegt. Ein Trump, der ausgerechnet den Missbrauchsskandal um Mark Foley nutzte, um sich selbst von einem Vorwurf zu distanzieren, den niemand erhoben hatte. Der wahre Skandal liegt also nicht allein in einem Satz. Sondern in der Selbstverständlichkeit, mit der er fiel. In der Welt des Showbusiness, in der Trump damals lebte – und in der er sich bis heute bewegt. Und vielleicht auch in der Tatsache, dass es fast 20 Jahre dauerte, bis jemand wieder hinhörte.
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