Es war ein Versuch, die Kontrolle zurückzugewinnen – doch er verrät vor allem, wie sehr sie dem Präsidenten entgleitet. Donald Trump hat am Donnerstagabend angekündigt, Justizministerin Pam Bondi zu autorisieren, beim Bundesgericht die Freigabe der Aussagen aus der Grand Jury im Fall Jeffrey Epstein zu beantragen. Was auf den ersten Blick wie ein transparenter Schritt wirkt, ist bei näherem Hinsehen eine Reaktion auf massiven Druck – von rechts. Denn Trumps konservative Basis, aufgewühlt von Gerüchten, Verschwörungen und enttäuscht über den jüngsten Untersuchungsbericht des Justizministeriums, der keine Hinweise auf eine Vertuschung im Fall Epstein fand, verlangt mehr: die Offenlegung aller Ermittlungsunterlagen, aller Videos, aller Beweise. Trumps Anordnung aber bleibt selektiv. Sie betrifft lediglich die Protokolle einer Grand Jury – ein Bruchteil dessen, was in dem Fall an Material existiert. Und selbst das dürfte schwierig werden. Die Aussagen vor einer Grand Jury unterliegen im US-amerikanischen Recht strengstem Schutz. Ihre Veröffentlichung ist nur unter eng umrissenen Bedingungen möglich – und die dürften hier kaum erfüllt sein. Pam Bondi, die in rechten Telegram-Kanälen und von MAGA-Influencern bereits als Verräterin beschimpft wird, vollzog die politische Kehrtwende prompt. „Wir sind bereit, morgen beim Gericht zu beantragen, die Transkripte zu entsiegeln“, schrieb sie auf Social Media – nur wenige Stunden nachdem das Justizministerium gemeinsam mit dem FBI Epsteins Tod erneut als Selbstmord und den Fall offiziell als abgeschlossen bezeichnet hatte. Dass sie nun einen Teil jener Dokumente freigeben soll, die ihre eigene Behörde bislang zurückhielt, wirkt weniger wie ein strategischer Schachzug als wie ein öffentlich inszenierter Gehorsamsakt gegenüber einem Präsidenten in Bedrängnis.


Der Grund für Trumps plötzliche Initiative liegt nicht zuletzt in einer Enthüllung des Wall Street Journal. Das Blatt hatte berichtet, Trump habe Epstein zu dessen 50. Geburtstag im Jahr 2003 eine Glückwunschkarte geschickt – samt anzüglicher Zeichnung, freundschaftlicher Botschaft und einem Hinweis auf „geteilte Geheimnisse“. Trump dementierte wütend, beschimpfte die Zeitung als „verleumderisch“ und kündigte eine Klage gegen Rupert Murdoch an – den Eigentümer des Verlags. In einem langen Truth-Social-Post sprach er von sich selbst in der dritten Person, unterstellte Murdoch ein gebrochenes Versprechen zur Rücknahme des Artikels und bezeichnete die Chefredakteurin Emma Tucker als eigentliche Schuldige. Die Tirade gipfelte in der Drohung: „President Trump hat ABC, CBS und andere bereits besiegt – und freut sich darauf, nun auch das Wall Street Journal zur Rechenschaft zu ziehen.“ Doch auch wenn die Gerichtsunterlagen veröffentlicht würden, wäre damit kaum mehr erreicht als ein symbolischer Schritt. Die Grand-Jury-Protokolle bilden nur einen winzigen Teil der Gesamtakten. Über Monate hinweg sichteten FBI-Beamte und Staatsanwälte Tausende Dokumente, Videos und Überwachungsaufnahmen – darunter Material aus der Haftanstalt, in der Epstein starb. Die Regierung hat erklärt, ein Großteil dieser Videos zeige Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern – ein Umstand, den Bondi als Grund nannte, das Material nicht zu veröffentlichen. Doch diese Argumentation überzeugt weder Kritiker im Kongress noch viele Trump-Anhänger, die der Regierung inzwischen unterstellen, bewusst Beweise zurückzuhalten.
Denn Hinweise auf institutionelle Blockaden gibt es zur Genüge. Dass Epstein bereits 2008 eine Kooperationsvereinbarung mit dem FBI unterzeichnet hatte, wurde erst spät öffentlich – ebenso wie der Umstand, dass sein sogenanntes Black Book nicht nur Politiker und Geschäftsleute enthielt, sondern auch aktive Mitarbeiter von FBI und CIA. Auch die Tatsache, dass er mehrere gültige Diplomatenpässe unter falschem Namen besaß, darunter aus Saudi-Arabien und Österreich, wurde nie abschließend erklärt. Als im Nachgang seines Todes zwei der Gefängniskameras „versehentlich gelöscht“ wurden, versprach das Justizministerium Aufklärung. Doch obwohl eine Backup-Festplatte existierte, blieben die Daten unter Verschluss. Noch beunruhigender ist, was bis heute nicht öffentlich gesagt werden darf: Die Non-Prosecution-Vereinbarung von 2007 in Florida, ausgehandelt durch Trumps späteren Arbeitsminister Alexander Acosta, gewährte Epstein nicht nur Immunität – sondern auch „allen potenziellen Mitverschwörern“. Eine juristische Schutzklausel, die auch Ghislaine Maxwell einschloss. Dass Maxwell wiederum bis zu ihrer Festnahme jahrelang unbehelligt in den USA lebte, obwohl das FBI nachweislich über ihren Aufenthaltsort informiert war, ist ein weiterer Mosaikstein in einer Geschichte institutionellen Versagens – oder gezielter Untätigkeit. Im Zentrum der damaligen Anklage stand Maurene Comey, Tochter des ehemaligen FBI-Direktors James Comey, die als Bundesanwältin im Southern District of New York tätig war. Ihre Rolle blieb öffentlich weitgehend im Schatten – bis zur überraschenden Entlassung durch die Trump-Regierung im Sommer 2025. Eine Entlassung, die nicht begründet wurde, aber vielsagend im Kontext der zunehmenden politischen Einflussnahme auf sensible Verfahren steht.
Auch aus Sicht der Betroffenen hinterließ die Strafverfolgung tiefe Widersprüche. Mehrere Opfer berichteten, dass sie durch Vertreter der Justiz davon abgehalten wurden, bei öffentlichen Anhörungen auszusagen – angeblich zum Schutz ihrer Privatsphäre. Tatsächlich, so sagen sie heute, sei es darum gegangen, die mediale Aufmerksamkeit zu steuern. Am Donnerstagabend gaben republikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus schließlich dem Druck nach. Sie beschlossen, die Voraussetzungen für eine Resolution zu schaffen, die das Justizministerium zur Veröffentlichung weiterer Ermittlungsunterlagen auffordern soll – ein symbolischer Schritt, nicht bindend, aber politisch vielsagend. Denn er zeigt, dass selbst innerhalb der eigenen Partei das Misstrauen gegenüber Trump wächst. Viele Republikaner wollen nicht länger für eine Informationspolitik haften, die sie nicht mehr vertreten können. Besonders deutlich wurde das in einem Kommentar des demokratischen Abgeordneten Dan Goldman. Der frühere Staatsanwalt bezeichnete Bondis angekündigten Antrag als durchschaubares Manöver. „Netter Versuch, @AGPamBondi“, schrieb er auf X. „Aber was ist mit Videos, Fotos und anderen Aufzeichnungen?“ Was bleibt, ist ein Präsident, der von seiner Basis bedrängt wird, von der Justiz gebremst und von der Realität überrollt. Und eine Justizministerin, die zwischen Loyalität und Gesetz steht. Der Fall Epstein, so scheint es, ist längst nicht abgeschlossen – nicht juristisch, nicht politisch und schon gar nicht gesellschaftlich. Was Trump als Transparenz verkauft, ist in Wahrheit ein verzweifelter Versuch, die Kontrolle über eine Erzählung zurückzugewinnen, die ihm längst entglitten ist. Kehren wir also noch einmal zu einer Geschichte zurück, mit der wir fast abgeschlossen hatten – und konzentrieren uns auf ihren Anfang. Denn dort liegt der Schlüssel zu einer Wahrheit, die Trump gefährlicher wird, je näher man ihr kommt.
Fortsetzung folgt …

Und wahrscheinlich wird das Gericht die Entsiegelung der Grand Jury Unterlagen ablehnen.
Im Vorfeld alles eingefädelt, in den letzten stages.
Eine Inszenierung eines grottigen Schmierentheaters.
Das wird interessant, aber die Aussage ist nicht viel wert, da viele Journalisten den grössten Teil daraus kennen.