Es war ein Satz, der wie eine Nebelgranate wirkte – und zugleich wie eine Offenbarung. Alan Dershowitz, langjähriger Starjurist, Trump-Verteidiger, Harvard-Professor im Ruhestand und einst Teil jenes exklusiven Zirkels, der Jeffrey Epstein nicht nur kannte, sondern verteidigte, hat sich am Dienstag in einem Meinungsbeitrag im Wall Street Journal geäußert. Ein Satz stand über allem: „Jeffrey Epstein hat niemals eine Klientenliste erstellt.“ Doch wie so oft in dieser Affäre ist es nicht das, was gesagt wird, das Bedeutung hat – sondern das, was ungesagt bleibt.
Dershowitz, der sich 2005 Epstein anschloss, als dieser wegen sexueller Übergriffe auf Minderjährige ins Visier der Behörden geriet, stellt sich nun erneut öffentlich an die Seite des Verstorbenen. Oder genauer: an die Seite jener, die nie offiziell genannt wurden, aber von der Öffentlichkeit längst als „Clients“ gehandelt werden – die Mächtigen, Einflussreichen, deren Namen durch Andeutungen, Flugprotokolle und Gerichtsdokumente geistern, ohne je auf einer offiziellen Liste gestanden zu haben. Bill Clinton. Prinz Andrew. Ehud Barak. Und, immer wieder: Donald J. Trump.
Dershowitz bestreitet die Existenz einer solchen Liste – und bestätigt zugleich, dass das FBI mehrere mutmaßliche Opfer interviewt habe, die sehr wohl Männer als „Klienten“ benannten. Es sei also keine organisierte Datei gewesen, so die Argumentation, sondern lose Aussagen. Doch damit beginnt die eigentliche politische Dynamik. Denn während der Präsident selbst in den letzten Tagen abwiegelte – „Jeffrey Epstein? Jemand, für den sich niemand interessiert.“ –, wächst innerhalb der republikanischen Basis das Misstrauen. Und nun hat sich erstmals auch einer von Trumps engsten Verbündeten öffentlich distanziert: Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses. In einem Interview mit dem rechten Podcaster Benny Johnson sagte Johnson: „Es ist ein sehr sensibles Thema, aber wir sollten alles veröffentlichen und das Volk entscheiden lassen.“ Eine offene Abkehr vom Kurs des Präsidenten, der bislang alles daran setzt, das Thema kleinzuhalten – trotz früherer Wahlkampfversprechen, die Epstein-Affäre aufzuklären. Besonders brisant: Johnson forderte von Justizministerin Pam Bondi öffentlich eine Erklärung. Sie hatte Anfang des Jahres in einem Fox-News-Interview gesagt, Epsteins sogenannte Klientenliste liege „auf meinem Schreibtisch“. Nun verlangt Johnson: „Sie muss sich erklären.“ Es sei Zeit, das Thema abzuräumen, damit sich das Justizministerium wieder auf „die wirklichen Prioritäten“ konzentrieren könne. Doch genau das passierte nicht. Als Bondi am Dienstag auf einer Pressekonferenz zum Thema Drogenbekämpfung auf Epstein angesprochen wurde, blockte sie ab. „Heute geht es um Fentanyl-Überdosen in unserem Land. Es geht nicht um Epstein. Ich werde nicht über Epstein sprechen.“ Und auch auf direkte Nachfragen von NBC News blieb sie ausweichend: „Unser Memo spricht für sich selbst. Wir melden uns, wenn es etwas Neues gibt.“ Trumps Aussage, sie solle „veröffentlichen, was sie für glaubwürdig halte“, kommentierte sie mit sichtbarer Zurückhaltung – und dem Zusatz, sie habe seine Aussagen „noch nicht alle gesehen“. Dasselbe Spiel wiederholte sich im Kongress. Demokraten scheiterten mit einem Vorstoß, eine Offenlegung der Epstein-Akten gesetzlich zu erzwingen – doch kündigten an, das Thema weiter zu verfolgen. Im Justizausschuss des Repräsentantenhauses fordern sie nun offizielle Anhörungen mit Bondi, ihrem Stellvertreter und führenden FBI-Vertretern. Der Druck wächst. Währenddessen versucht Trump, das Thema mit markigen Sprüchen zu begraben: „Letztes Jahr war unser Land TOT, jetzt ist es das HEISSESTE der Welt. Vergeudet eure Zeit nicht mit Epstein – niemand interessiert sich dafür!“ Ein Satz, der nicht nur kaltschnäuzig klingt, sondern auch als Kampfansage an jene interpretiert werden kann, die von ihm Aufklärung fordern – in der eigenen Partei. In diesem toxischen Gemisch aus Opferberichten, politischen Abwehrmanövern und innerparteilicher Rebellion wirkt Alan Dershowitz’ Kommentar wie ein vorauseilender Verteidigungsversuch. Er erklärt, was es angeblich nie gegeben hat – und liefert damit einen Schlüssel zu jener paradoxen Wahrheit, die sich immer deutlicher abzeichnet: Die Liste mag nicht als Dokument existieren. Aber sie existiert – in Aussagen, in Andeutungen, in der Angst vor Namen, die man nicht laut aussprechen will. Und vielleicht ist genau das der Grund, warum diese Affäre die amerikanische Politik 2025 mehr erschüttert als je zuvor. Weil jeder ahnt, dass es Namen gibt, die nicht nur die Vergangenheit erklären – sondern die Zukunft entscheiden könnten.

Eines muss man der verfaulten Orange ja lassen.
Er hat Loyalusten um sich geschafft, due ihn schützen.
Selbst wenn sie selber in den Abgrund fallen.
Zumindest hat es den Anschein.
Was sind das nur für Typen