Belgrad – Auf den Straßen der serbischen Hauptstadt wächst der Widerstand, und mit ihm die Sorge Europas. Was als friedliche Demonstration gegen Korruption und Vetternwirtschaft begann, ist binnen weniger Tage zu einem Symbol politischer Erstarrung geworden – und zur menschenrechtlichen Bewährungsprobe für Präsident Aleksandar Vučić. Der Europarat, Amnesty International und die Vereinten Nationen blicken mit zunehmendem Unbehagen nach Belgrad. Ihr Vorwurf: Missbrauch von Gewalt, willkürliche Festnahmen und die gezielte Kriminalisierung von Studierenden und Professoren, die nichts weiter tun als ihr Recht auf Protest wahrzunehmen. Michael O’Flaherty, Menschenrechtskommissar des Europarats, fand klare Worte. „Versammlungs- und Meinungsfreiheit sind grundlegende Rechte der Europäischen Menschenrechtskonvention, und es ist Serbiens Pflicht, sie zu garantieren“, erklärte er am Freitag. Doch diese Pflicht, so sein Fazit, werde derzeit systematisch verletzt – trotz anderslautender Zusagen der Regierung bei seinem Besuch im April. Videos, die zeigen, wie Bereitschaftspolizisten mit Schlagstöcken und Schilden auf friedlich blockierende Demonstrierende einschlagen, gehen seit Tagen viral. Vier Studierende wurden allein am Donnerstagmorgen in Krankenhäuser eingeliefert, darunter ein junger Mann mit gebrochenem Schlüsselbein. Die serbische Polizei bestreitet den Vorwurf der Gewalt – doch die Bilder sprechen eine andere Sprache.

Die Proteste begannen nicht aus dem Nichts. Bereits seit November gärt es in Serbien, als ein frisch renoviertes Bahnsteigdach in der nordserbischen Stadt Zrenjanin einstürzte und 16 Menschen in den Tod riss. Was die Regierung als tragischen Unfall darstellte, empfinden viele Serben als symptomatisch für ein System aus Vetternwirtschaft, Baupfusch und Verantwortungslosigkeit. Die Proteste flammten erneut auf, als Vučić sich weigerte, Neuwahlen auszurufen. Aus kleinen Sitzblockaden wurden flächendeckende Verkehrsblockaden im ganzen Land – getragen von Studierenden, unterstützt von Professor:innen, Intellektuellen und Bürger:innen, die genug haben von der Aushöhlung demokratischer Prinzipien.
Die Antwort des Staates: Repression. Allein seit dem vergangenen Wochenende wurden Dutzende Demonstrierende festgenommen – unter ihnen auch Minderjährige. Die Polizei rechtfertigt ihr Vorgehen mit dem Hinweis, Verkehrsblockaden seien illegal. Präsident Vučić ging noch weiter: Er sprach von „Terror“ und einem Versuch, „den Staat zu stürzen“. Worte, die in ihrer Schärfe Erinnerungen an autoritäre Systeme wecken. O’Flaherty warnte eindringlich davor, die studentische Bewegung zu diffamieren oder zu entstellen. „Diese Bewegung ist in ihrer überwiegenden Mehrheit friedlich. Eine Fehlcharakterisierung würde die ohnehin angespannte Lage weiter eskalieren“, so der Kommissar.
Die internationale Gemeinschaft reagiert mit zunehmender Alarmbereitschaft. Sowohl die EU-Delegation in Belgrad als auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte riefen zur Zurückhaltung auf. Doch auf den Straßen scheint sich der Konflikt längst verselbstständigt zu haben. Bereitschaftspolizisten räumen Straßensperren, Demonstrierende kehren am Abend zurück. Es ist ein tägliches Kräftemessen, das längst über die Frage nach Neuwahlen hinausgeht. Es geht um Würde, um Mitsprache – und um die Zukunft eines Landes, das sich einst aufmachte, der Europäischen Union beizutreten. Doch dieser Weg wirkt heute brüchiger denn je. Während Vučić offiziell den europäischen Kurs predigt, pflegt er enge Beziehungen zu Russland und China. Seine Kritiker werfen ihm vor, demokratische Institutionen auszuhöhlen, Medien zu kontrollieren und Korruption stillschweigend zu dulden. Er selbst weist das zurück. Doch die Risse im System werden sichtbarer – und die Stimmen lauter, die nicht länger schweigen wollen. Auf den Straßen Serbiens tobt nicht nur ein politischer Konflikt, sondern ein Kampf um das Recht, gehört zu werden. Und Europa muss sich entscheiden, ob es nur zusieht – oder endlich handelt, aber das kennen wir ja schon.
Finde ich toll von Euch, das ihr darüber berichtet. Man hört sonst nicht viel darüber !
Ich kann die jungen Menschen so gut verstehen Bildung und Freiheit sind für sie besonders hohe Güter. Ich fürchte das wird nichts mit der Aufnahme in die EU, ein Orban reicht. Bei den vielen Brennpunkten auf dieser Welt, habt ihr überhaupt noch Zonen ohne Unruhen oder Rumoren? Europa ist mit sich schon überfordert und die gesamten Beziehungen mit den USA sind neu zu ordnen. Putin tobt in der Ukraine, wohl schon länger mit Giftgas, dass die Lungen schädigt. Die Lügenbarone könnte ich alle vor die vor die Wand klatschen. Vor allem die Autukraten und Möchtegern Autokraten. Sie versauen jungen Menschen das ganze Leben
Ganz nach russische Lehrbuch.
In Belarus hat es funktioniert, Ungarn hat bis auf die wirklich tolle Pride Parade, auch aufgegeben.
Dank Tr*** sehen sich alle Möchtegern-Diktatoren weltweit bestätigt, dass man ein Volk mit den richtigen Mitteln unterdrücken kann und damit durchkommt.
In Städten des Ruhrgebiets fällt auf, z.B Bochum und Gelsenkirchen – dass die Zahl der zuwandernden Serben die 1000 weit überschreiten – aber niemand spricht darüber. Dabei sind die Städte jetzt schon mit Kriegsflüchtenden sowie 10000en Roma aus EU-Südost komplett überfordert. Was braut sich denn da zusätzlich zusammen?
ich komme da jetzt nicht ganz mit, auf was wollen sie raus?