Wenn selbst das Wasser sparen muss – Berlin verzichtet ausgerechnet im Hitzesommer auf neue Trinkbrunnen

VonKatharina Hofmann

Juli 3, 2025

Es ist ein Sommer, der brennt – buchstäblich. Während Meteorolog:innen für die kommenden Wochen Temperaturen jenseits der 35 Grad prognostizieren und Gesundheitsexpert:innen eindringlich zur Flüssigkeitsaufnahme raten, verkündet Berlin eine Maßnahme, die in ihrer Absurdität fast schon systemisch wirkt: Aus Spargründen wird der Ausbau öffentlicher Trinkbrunnen gestoppt. Keine neuen Wasserspender, keine zusätzlichen Zugänge in Parks, Plätzen oder Brennpunkten. Stattdessen: Umrüstung bestehender Anlagen, sodass das Wasser nicht mehr frei fließt, sondern nur noch auf Knopfdruck sprudelt – ein Symbol für eine Politik, die sich in der Sommerhitze selbst austrocknet.

Die Berliner Wasserbetriebe betreiben derzeit 242 aktive Trinkbrunnen, 12 weitere sind außer Betrieb – teils wegen Bauarbeiten, teils wegen Vandalismus. Eigentlich sollte das Netz weiter ausgebaut werden. Doch das Land Berlin hat im Rahmen landesweiter Haushaltskürzungen die Fördermittel gestrichen. Die Folge: Kein einziger neuer Brunnen wird gebaut, obwohl die Hauptstadt – mit täglich rund 1,3 Kubikmetern Wasser pro Brunnen – im bundesweiten Vergleich an der Spitze steht. Städte wie Hannover, Kassel oder Essen drosseln ihre Brunnenanlagen inzwischen mit Zeitschaltuhren – aber ein kompletter Ausbaustopp, wie ihn Berlin nun verhängt, ist einmalig. Der finanzielle Aufwand wäre überschaubar: Zwischen 12.000 und 15.000 Euro kostet ein neuer Brunnen in der Anschaffung, hinzu kommen wenige Tausend Euro pro Jahr für Pflege und Laboruntersuchung. Doch in der Prioritätenliste der politischen Entscheider findet sich die Hitzevorsorge offensichtlich weit unten. Die Entscheidung fiel im Parlament, die AfD war formal nicht beteiligt – doch auch kein Akteur anderer Fraktionen setzte sich sichtbar für den Erhalt der Investitionen ein.

Dabei ist die Maßnahme nicht nur kurzsichtig, sie ist potenziell gefährlich. Denn Trinkwasser im öffentlichen Raum ist mehr als ein Komfortangebot. Es ist – gerade für vulnerable Gruppen wie ältere Menschen, Obdachlose oder Kinder – ein gesundheitlich entscheidendes Angebot. In Zeiten, in denen der Körper durch extreme Hitze schneller dehydriert, ist der Zugang zu sauberem Wasser eine Frage von Lebensqualität und Lebenserhaltung. Wenn Brunnen plötzlich trockengelegt oder auf Minimalbetrieb gestellt werden, trifft das jene am stärksten, die ohnehin wenig haben. Und so wird aus dem Symbol des Gemeinwohls ein Spiegel der Vernachlässigung. Eine Stadt, die sich international als weltoffen und nachhaltig preist, riskiert mit einem Federstrich ihre Glaubwürdigkeit – und sendet ein fatales Signal: In Berlin darf selbst das Wasser nicht mehr frei fließen.

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Frank
Frank
2 Monate zuvor

könnte man nicht den Entscheidern die Klimaanlagen abdrehen stattdessen? Spart ja auch Geld und sie merken dann vielleicht, dass es gut ist, Wasser zu haben…

Rainer Hofmann
Admin
2 Monate zuvor
Reply to  Frank

ein sehr guter einwand, aber ich glaube die lieben ihre klimaanlage im gemütlichen büro mit minibar

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