Am Vorabend von Trumps Militärparade: Über 80-jähriger US-Veteran schweigend verhaftet – in Handschellen, ohne Gehwagen

VonRainer Hofmann

Juni 14, 2025

Ein Moment aus Washington, der Fragen aufwirft.

Es ist der Abend vor Trumps großer Militärparade. Washington wirkt angespannt, wie unter Glas. Auf den Straßen bereitet sich die Hauptstadt auf den 14. Juni vor – den 250. Jahrestag der US-Armee, den „Flag Day“, und zugleich den 79. Geburtstag von Präsident Donald Trump. Kampfflugzeuge proben ihre Routen, Soldaten marschieren im Takt. Doch vor dem Capitol steht ein anderer Mensch: leise, unbewegt, allein.

Ein über 80-jähriger US-Veteran, grauhaarig, gebückt, aber mit klarem Blick. Auf seinem Schild steht: „Democracy is not a parade.“ Kein Geschrei. Keine Gewalt. Nur stille Mahnung. Dann passiert das Unfassbare: Die Polizei greift ein. Nicht weil er randaliert. Nicht weil er die öffentliche Ordnung stört. Sondern weil er – so die Beamten – eine „Sicherheitslinie“ überschritten habe. Der Mann wird in Handschellen gelegt. Und was die Bilder zeigen, geht unter die Haut:

Man lässt ihn nicht einmal mit seinem Gehwagen gehen – selbst diese letzte Stütze nimmt man ihm, während man ihn abführt.

Was bleibt, ist das Bild. Und die Frage: Was bedeutet das Recht auf freie Meinungsäußerung noch, wenn selbst jene, die ihr Leben für dieses Recht riskiert haben, dafür verhaftet werden? Die Veteranen, die sich an diesem Abend versammelt haben, taten es nicht aus Trotz. Sie taten es aus Sorge. Sorge um eine Demokratie, die sich mehr und mehr in martialischer Symbolik verliert. Eine Demokratie, die Kritik als Störung begreift – und Parade mit Patriotismus verwechselt.

Doch es war dieser stille Protest, der Amerika immer wieder geprägt hat. Veteranen campierten 1932 vor dem Kapitol, um ihre Boni einzufordern. Veteranen demonstrierten in den 1970ern gegen den Vietnamkrieg – nicht weil sie ihn nicht verstanden, sondern weil sie ihn erlebt hatten. Und Veteranen wie dieser Mann am 13. Juni 2025 erinnern uns daran: Wer Demokratie verteidigt hat, hat auch das Recht, sie zu hinterfragen.

Heute wird „Sicherheit“ oft benutzt, um Repression zu rechtfertigen. Doch wer schützt die leise Stimme? Wer schützt das Recht, still zu widersprechen? Wer schützt das Grundrecht, nicht mitzujubeln? Die Szene 13. Juni 2025 wird bleiben. Nicht wegen der Parade, die einen Tag später stattfinden wird. Sondern wegen des Mannes, der schweigend stand – und abgeführt wurde. Wegen eines Staates, der sich offenbar mehr vor einem alten Soldaten fürchtet als vor der eigenen moralischen Entleerung.

Schweigen lässt sich nicht verhaften. Und Würde schon gar nicht.

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Lea
Lea
4 Monate zuvor

Was, wenn er ohne den Gehwagen nicht hätte laufen können? Was würden sie mit einem machen, der Gehstützen braucht? Oder im Rollstuhl sitzt? Auch die Hände hinterm Rücken mit Kabelbindern fesseln? 

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