Ein Teil der Welt zieht die Reißleine – Wie Trumps neues Einreiseverbot eine Kettenreaktion auslöst

VonRainer Hofmann

Dezember 28, 2025

Donald Trump hat den Kreis der Ausgeschlossenen erneut erweitert – und diesmal bleibt es nicht bei symbolischer Härte nach innen. Mit der Entscheidung vom 16. Dezember, das bereits bestehende Einreiseverbot auf weitere 20 Staaten sowie die Palästinensische Autonomiebehörde auszuweiten, sind nun insgesamt 39 Länder ganz oder teilweise vom Zugang zu den Vereinigten Staaten abgeschnitten. Die Maßnahme reicht von vollständigen Einreiseverboten bis zu gezielten Sperren für Studenten- und Geschäftsvisa. Sie ist umfangreicher als alles, was selbst in Trumps erster Amtszeit beschlossen wurde – und sie bleibt nicht ohne Antwort.

Zu den Staaten, deren Bürgerinnen und Bürger gar nicht mehr in die USA einreisen dürfen, zählen nun Mali, Südsudan, Niger, Burkina Faso, Syrien und die Palästinensische Autonomiebehörde. Hinzu kommt eine zweite Gruppe von Ländern, deren Staatsangehörige keine Studenten- oder Business-Visa mehr erhalten sollen. Darunter sind Angola, Antigua und Barbuda, Benin, Dominica, Gabun, Gambia, die Elfenbeinküste, Malawi, Mauretanien, Nigeria, Senegal, Tansania, Tonga, Sambia und Simbabwe. Bereits seit Juni standen Burundi, Kuba, Laos, Sierra Leone, Togo, Turkmenistan und Venezuela auf der Liste. Der geografische Flickenteppich zeigt, dass es sich nicht um eine regionale Maßnahme handelt, sondern um eine politische Setzung mit globalem Anspruch.

Die offizielle Begründung aus dem Weißen Haus folgt bekannten Linien. Für Niger etwa werden Überziehungsquoten bei Visa angeführt – 13,41 Prozent bei Geschäftsvisa, 16,46 Prozent bei Studenten – sowie der pauschale Hinweis auf Terroristen und deren Unterstützer, die angeblich Entführungen planten. Niger ist ein Binnenstaat in Westafrika mit rund 25 Millionen Einwohnern, muslimischer Mehrheit und seit Jahren politischer Instabilität. Für US-Bürger gilt das Land ohnehin seit Langem als Hochrisikogebiet, das US-Außenministerium rät seit Jahren von Reisen ab. Doch aus Sicht der Regierung in Niamey reicht das nicht als Rechtfertigung.

Zwei Wochen nach Inkrafttreten der erweiterten US-Maßnahmen zog Niger die schärfste Konsequenz. Das Land kündigte an, die Vergabe neuer Visa an US-Bürger vollständig und dauerhaft auszusetzen und Amerikanerinnen und Amerikanern die Einreise auf unbestimmte Zeit zu untersagen. Ein Regierungsvertreter erklärte, man verbiete „vollständig und dauerhaft die Ausstellung von Visa an alle Staatsbürger der Vereinigten Staaten“ und untersage ihnen den Zutritt zum Staatsgebiet. Es ist die bislang deutlichste Antwort auf Trumps Politik – und ein Signal, dass das Prinzip der Gegenseitigkeit nicht nur rhetorisch bemüht wird.

Andere Staaten reagierten zunächst diplomatischer, aber nicht weniger klar. Der Premierminister von Antigua und Barbuda, Gaston Browne, zeigte sich „zutiefst enttäuscht“ über die US-Entscheidung. Die Begründung, sein Land vergebe Staatsbürgerschaften zu lax, entspreche nicht der heutigen Gesetzeslage, erklärte er. Auch hier wird deutlich: Die betroffenen Länder akzeptieren nicht, dass pauschale Zuschreibungen ihre rechtlichen Reformen und politischen Realitäten ignorieren.

Dass Niger diesen Weg nicht zum ersten Mal geht, zeigt der Blick in die jüngere Vergangenheit. Bereits nach der ersten Version von Trumps Einreiseverbot reagierte der Tschad mit einem vollständigen Stopp neuer Visa für US-Bürger und legte laufende Verfahren auf Eis. Präsident Mahamat Idriss Déby erklärte damals öffentlich, er habe seine Regierung angewiesen, „im Einklang mit dem Prinzip der Gegenseitigkeit zu handeln und die Vergabe von Visa an Bürger der Vereinigten Staaten auszusetzen“. Der Schritt blieb international weitgehend unbeachtet – ein Umstand, der sich nun rächen könnte. Denn was sich abzeichnet, ist mehr als ein diplomatischer Schlagabtausch. Trumps erneute Ausweitung des Einreiseverbots trifft Länder, die politisch, wirtschaftlich und sicherheitspolitisch unterschiedlich aufgestellt sind, aber in einem Punkt gleich reagieren: Sie lassen sich nicht mehr kommentarlos klassifizieren. Wenn Washington Einreise als Gnadenakt behandelt, antworten andere Staaten mit dem Entzug genau dieses Privilegs.

Für die USA bedeutet das eine neue Realität. Amerikanische Staatsbürger könnten künftig in wachsenden Teilen Afrikas, der Karibik und darüber hinaus nicht mehr einreisen – nicht wegen eigener Taten, sondern als Folge politischer Entscheidungen ihrer Regierung. Was als Abschottung nach außen gedacht war, kehrt damit zurück. Trumps Politik erzeugt nicht nur Ausschluss, sie provoziert ihn. Die Entwicklung zeigt, dass globale Mobilität kein Einbahnstraßenrecht ist. Wer Grenzen politisch instrumentalisiert, muss damit rechnen, dass andere Staaten dasselbe tun. Die Liste der Länder, die Amerikanern die Tür vor der Nase zuschlagen, dürfte wachsen. Und mit ihr die Erkenntnis, dass Abschottung selten ohne Preis bleibt.

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