Arauca, Kolumbien – Die USS Gerald R. Ford, der modernste Flugzeugträger der Vereinigten Staaten, ist in der Karibik eingetroffen. Ein Schiff von gewaltiger Präsenz, begleitet von Kampfjets und Zerstörern, unterwegs durch die Anegada Passage bei den Britischen Jungferninseln. Offiziell handelt es sich um eine Anti-Drogen-Operation. Doch jeder, der die Lage in Venezuela kennt, spürt, dass diese Erklärung zu kurz greift. Seit Anfang September hat das US-Militär mindestens achtzig Menschen bei Angriffen auf Boote getötet, die angeblich für den Drogenschmuggel genutzt wurden. Zwanzig solcher Einsätze in nur wenigen Wochen – und keine der Angaben wurde bis heute mit überprüfbaren Belegen hinterlegt. Donald Trump spricht von „narcoterrorists“. Außenminister Marco Rubio sagt, das Maduro-Regime sei nichts weiter als eine „Umschlagorganisation für den Drogenhandel“. Doch die Regierung liefert bis jetzt nicht mehr als Worte.
Mit dem Eintreffen der Ford vollendet das Weiße Haus nun die größte Konzentration amerikanischer Streitkräfte in der Region seit einer Generation. Rund 12.000 Soldaten, fast ein Dutzend Schiffe, eine Armada, die Verteidigungsminister Pete Hegseth „Operation Southern Spear“ nennt. Schon der Name lässt keinen Zweifel daran, dass diese Mission weit über die Verfolgung kleiner Boote hinausgeht.
Die Ford ist ein Schiff, das normalerweise eingesetzt wird, um feindliche Staaten einzuschüchtern oder drohende Konflikte zu entschärfen – nicht, um Kartelle auf dem Meer zu jagen. Ihre Jets könnten Ziele tief im Landesinneren treffen, ihre Systeme würden ein Gefecht über weite Entfernungen tragen. Es ist genau diese Fähigkeit, die die Region jetzt in Unruhe versetzt. Die Frage, die sich überall stellt, lautet nicht mehr, ob es um einen Machtbeweis geht, sondern wie weit Trump bereit ist zu gehen. Während Washington betont, man wolle nur den Drogenschmuggel stoppen, bereitet sich Venezuela auf das Schlimmste vor. Nicolás Maduro spricht von einer „erfundenen Kriegsbegründung“. Das Regime hat eine große Truppenmobilisierung angekündigt, Soldaten und Zivilisten sollen sich auf mögliche Angriffe vorbereiten. Was davon reale Stärke ist und was politische Kulisse, bleibt offen. Doch allein die Tatsache, dass dieses Szenario in Caracas überhaupt diskutiert wird, zeigt, wie angespannt die Lage ist.
Gleichzeitig wächst im Ausland die Kritik. Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen fragen öffentlich, wen die USA dort eigentlich treffen. Auch im US-Kongress sind Zweifel laut geworden – bis hinein in die republikanische Fraktion. Zwar haben Senate Republicans erst kürzlich ein Gesetz blockiert, das dem Präsidenten Grenzen für Militärschläge gegen Venezuela gesetzt hätte. Doch selbst einige von ihnen verlangen inzwischen Auskünfte, Begründungen, rechtliche Klarheit. Einige Militärexperten halten es für denkbar, dass Trump Luftangriffe auf Ziele in Venezuela erwägen könnte. Andere verweisen darauf, dass die Ford für eine Operation gegen Kartelle schlicht unverhältnismäßig ist. Aber gerade deshalb spricht dieses Signal so laut: Es geht nicht nur um Boote im karibischen Meer. Es geht um Macht. Um Druck. Und um die Frage, ob die USA bereit sind, diesen Konflikt auf venezolanisches Territorium auszuweiten.
Elizabeth Dickinson von der International Crisis Group beschreibt die Lage eindringlich: Das Schiff sei „der Mittelpunkt amerikanischer Stärke in Lateinamerika – und eine Quelle der Sorge in der ganzen Region“. Viele beobachten nun jeden Schritt der USA mit angehaltenem Atem, weil niemand weiß, ob die Grenze zwischen Druck und Einsatz realer Gewalt bereits überschritten wurde oder erst in den kommenden Tagen überschritten wird. Die Ford liegt jetzt vor der Küste Südamerikas. Was sie dort als Nächstes tut, entscheidet darüber, ob dieses Kapitel ein eindringlicher Moment politischer Abschreckung bleibt – oder der Beginn einer Eskalation, deren Ausgang niemand kontrollieren kann.
Fortsetzung folgt …
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GEWALTige Ablenkung von den Epstein-Files.
….es spielt trump auf jeden fall aktuell in die karten
Erst blockieren die Republikaner ein Gesetz, dass Grenzen für einen militärischen Angriff gesetzt hätte und dann kommen kritische Stimmen.
Genau wie beim Big Beautiful Bill.
Erstmal zustimmen und dann wegen der Wähler etwas Kritik äußern.
So verlogen.
Eigentlich ist es nicht eine Frage des ob, sondern des wann.
Oder Venezuela knickt ein, setzt Maduro ab und setzt eine Trump Marionetten Regierung ein.
Trump beweist ja jetzt schon, dass ihn Menschenleben, Menschenrechte oder Völkerrecht nicht interessieren.
Die Kritik aus dem Westen, der EU ist viel zu leise und viel zu wenig.