Schlechte Richter, schlechte Freunde – Der Supreme Court bremst Hungerhilfe, während Orbán in Washington hofiert wird

VonRainer Hofmann

November 8, 2025

Washington – Die Ereignisse überschlagen sich heute und es wurde zu einem bitterer Tag für Millionen Amerikaner, die auf Lebensmittelhilfe angewiesen sind. Der Supreme Court der Vereinigten Staaten hat am Freitagabend per Eilbeschluss entschieden, dass die Regierung von Donald Trump die vollständigen SNAP-Zahlungen für November vorerst stoppen darf. Mit dieser Entscheidung hob das Oberste Gericht – auf Antrag des Weißen Hauses – die vorherigen Urteile von Bezirksrichter John J. McConnell Jr. und dem Berufungsgericht des First Circuit auf, die die Regierung verpflichtet hatten, den Bedürftigen im Land ihre vollen Leistungen auszuzahlen. Eine Entscheidung, die fassungslos macht.

Das Verfahren trägt das Aktenzeichen No. 25A104 – USDA v. Commonwealth of Massachusetts et al., und die Entscheidung fiel im sogenannten shadow docket, also ohne öffentliche Anhörung, ohne schriftliche Begründung und innerhalb weniger Stunden. Ketanji Brown Jackson hat vorläufig die Verpflichtung zur Auszahlung der vollen SNAP-Leistungen ausgesetzt, bis das Berufungsgericht über eine weitergehende Maßnahme entscheidet. Der Weg geht nun über das Berufungsgericht in Boston, und dann zurück, denn Einsprüche sind zu erwarten, wieder an den Supreme Court, wo dann der „Club der Sechs“ wartet.

Die Bande der Sechs

Lesen sie auch dazu unseren Artikel: „Wie sechs Richter des Supreme Court den Geist des Dritten Reichs zurückbrachten“ unter dem Link: https://kaizen-blog.org/wie-sechs-richter-des-supreme-court-den-geist-des-dritten-reichs-zurueckbrachten/

Trump jubelte. Inmitten der laufenden Regierungslähmung (shutdown) hatte seine Administration argumentiert, dass keine ausreichenden Mittel mehr im Notfallfonds zur Verfügung stünden, um den Monat November vollständig zu decken. Doch der wahre Kern ist politisch: Ein Präsident, der Milliarden in Sonderhaushalte für Militär und Grenzüberwachung lenkt, will den Ärmsten erklären, dass kein Geld mehr für Brot, Milch und Reis übrig sei.

Viele, viele Menschen versuchen, den bedürftigen Menschen zu helfen

Vor Supermärkten und Tafeln im ganzen Land bildeten sich noch am selben Tag wieder Schlangen. In Tulsa, Oklahoma, warteten Familien stundenlang in ihren Autos, um bei einer spontanen Lebensmittelausgabe von „Food on the Move“ wenigstens etwas zu bekommen. „Wir haben drei Kinder, der Kühlschrank ist leer“, sagte eine Frau, die nicht namentlich genannt werden wollte. In Kalifornien, New Jersey und Wisconsin hatten die Behörden die Zahlungen bereits begonnen – jetzt sind sie gestoppt, während der Supreme Court noch prüft, ob die einstweilige Verfügung bestehen bleibt.

Die Bilder bedürfen keiner weiteren Worte

Dass diese Entscheidung an genau dem Tag fiel, an dem der ungarische Premier Viktor Orbán im Weißen Haus empfangen wurde, entging niemandem. Während Amerikas Hungerhilfe auf Eis gelegt wurde, öffnete Donald Trump im Westflügel die Tür für den Mann, der sich selbst als „letzten christlichen Führer Europas“ bezeichnet. Es war eine Inszenierung zwischen zwei Männern, die Macht mit Stärke verwechseln und Autorität mit Wahrheit.

Orbán kam nicht mit leeren Händen – und ging nicht mit leeren Händen. Nach dem Treffen verkündete er stolz, Ungarn habe von den Vereinigten Staaten eine Ausnahmegenehmigung von den Sanktionen gegen russische Energie erhalten. Russische Gaslieferungen über TurkStream und Öl aus der Druschba-Pipeline dürfen weiter fließen. „Wir haben den Präsidenten gebeten, die Sanktionen aufzuheben“, sagte Orbán in Budapest-nahen Medien. „Wir haben uns geeinigt, der Präsident hat entschieden – die Sanktionen gelten für uns nicht.“

Gesucht und gefunden

Recherchen ergaben, dass Ungarn die Ausnahmeregelung zunächst für ein Jahr erhält. Im Gegenzug wird das Land amerikanisches Flüssiggas im Wert von rund 600 Millionen Dollar kaufen und künftig auch Brennstoff von Westinghouse für das ungarische Kernkraftwerk Paks beziehen. Orbán betonte jedoch, dass Ungarn weiterhin russisches Kernmaterial importieren werde – doppelte Loyalität, doppeltes Spiel. Während also in den USA Familien hungern, feiert im Oval Office ein Autokrat seine diplomatische Beute. Orbán lächelt, Trump nennt ihn einen „großartigen Führer“. Europa reagiert fassungslos. Zehn Senatoren beider Parteien – darunter Mitch McConnell, Jeanne Shaheen und Chris Coons – hatten vor dem Treffen eine Resolution eingebracht, in der sie Ungarn aufforderten, endlich seine Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu beenden. Doch Trump ignorierte sie. „Es wird kein Europa geben, wenn sie die illegale Migration nicht stoppen“, sagte er später in Richtung Brüssel – eine Drohung, die klang, als wolle er das ganze Bündnis als Faustpfand benutzen.

Ungarns Viktor Orbán: „Wir sind die einzige Regierung in Europa, die sich selbst als moderne christliche Regierung versteht. Alle anderen Regierungen sind in Wirklichkeit liberale, linksgerichtete Regierungen.“

Trump warnte Europa später: „Es wird kein Europa mehr geben, wenn sie die illegale Migration nicht stoppen.“

Orbán, der mit einer ganzen Delegation aus Wirtschaftsvertretern, Ministern und rechten Meinungsmachern nach Washington gereist war, traf am Rande auch Eduardo Bolsonaro, den Sohn des früheren brasilianischen Präsidenten, der wegen Putschversuchs zu 27 Jahren Haft verurteilt wurde. Orbán schrieb danach auf X: „Wir stehen fest an der Seite der Bolsonaros. Politische Hexenjagden haben keinen Platz in einer Demokratie.“ Es ist ein bedrückendes Bild: Ein Präsident, der Sozialprogramme einfriert und Hungerhilfe verweigert, empfängt am selben Tag einen Mann, der die europäische Demokratie systematisch aushöhlt, russische Energieimporte verteidigt und verurteilte Putschisten als Opfer feiert.

Schlechte Richter, schlechte Freunde, schlechte Zeiten – die Parallelen sind zu offensichtlich. Während der Supreme Court in Washington das soziale Rückgrat Amerikas schwächt, um Trumps fiskalische Härte zu retten, öffnet der Präsident die Türen für den autoritären Nachbarn Putins. Und wieder zeigt sich, wie eng Innen- und Außenpolitik in diesem Amerika 2025 miteinander verwoben sind: Wer den Hunger im eigenen Land duldet, wird auch Despoten im Ausland hofieren.

Der Tag endete, wie er begonnen hatte – mit langen Schlangen vor den Tafeln und langen Schatten über Washington.

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Irene Monreal
Irene Monreal
4 Stunden zuvor

USA hungern und Orban kotzt auf die EU – ich krieg gleich einen Schreikrampf!

Zuletzt bearbeitet 4 Stunden zuvor von Irene Monreal
Carolina
Carolina
3 Stunden zuvor

Da wünsche ich der Richterin eine gaaaanz lange Schlange am Supermarkt.

Jutta Brand
Jutta Brand
2 Stunden zuvor

Ich hoffe, dass in nicht allzu ferner Zukunft diese Richter und diese dafür verantwortlichen Politiker dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

Ela Gatto
9 Sekunden zuvor

Allen droht Trump.
Indien soll kein Öl mehr von Russland kaufen, sonst … ja genau: Zölle
Anderen Ländern droht er genau so.

Dann kommt Orban und bekommt eine Ausnahmegenehmigung.🤮
Die Tschechei, nach dem gruseligen rechts-Russlandruck, wird sich bestimmt auch bald auf Lobhudeleitour zu Trump begeben.

Und Europa glaubt immer noch, dass Trump ein „normaler Staatsmann“ ist.
Wacht auf!! Bitte wacht endlich auf.
Deals mit ihm sind genau so lange etwas wert, wie es ihm passt und nutzt.
Allianzen auch nur nach nutzen und ob man loyal genug ist.

Orban wieder weiter Danktionen etc gegen Russland verhindern. Jetzt sind es ja in der EU schon 3 Abweichler von westlichen Demokratiewerten.

Es kommen dunkle Zeiten auf uns zu.
Die Reichen, die Autokraten und Diktatoren werden reicher und mächtiger.
Das Volk ist nur noch Verhandlungssache.

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