Der Mann, der sich selbst wählte – Eine ernsthafte satirische Betrachtung des gestrigen Abends

VonRainer Hofmann

November 5, 2025

Es war die Nacht, in der Donald Trump zum ersten Mal seit seiner Rückkehr ins Amt begriff, dass selbst ein König in einem goldenen Palast verlieren kann – besonders dann, wenn das Volk draußen längst die Tore zugeschlagen hat. Kaum war die letzte Hochrechnung aus New Jersey eingetroffen, kaum stand fest, dass die Republikaner in Virginia, Pennsylvania und New York in Serie versagt hatten, griff der Präsident zum Handy – und verwandelte Truth Social in ein digitales Irrenhaus.

„TRUMP WAR NICHT AUF DEM STIMMZETTEL, UND DER SHUTDOWN WAR DER GRUND FÜR DIE NIEDERLAGE!!!“, tippte er in wütendem Großbuchstaben-Furor. Dann fügte er hinzu: „MEINUNGSFORSCHER SAGTEN ES, NICHT ICH!“ – ein Satz, der zugleich Verteidigung, Befehl und Kapitulation war.

Noch in derselben Nacht ließ Trump seine Parteifreunde zusammentrommeln – jene, die von seinen Stimmungen abhängen wie Meteorologen von Windrichtungen. Er verlangte „eine republikanische Antwort von biblischem Ausmaß“. Man dürfe, so der Präsident, „keinen Zentimeter nachgeben“. Was er damit meinte, blieb unklar – vermutlich alles. Im Westflügel herrschte unterdessen Chaos. Berater berichteten von einem Präsidenten, der abwechselnd schrie, fluchte und Befehle erteilte, als würde er noch immer eine Fernsehshow leiten. Ein Mitarbeiter sagte später, Trump habe gefordert, die Republikanische Partei müsse „die größten Säuberungen seit Lincoln“ durchführen – ein Satz, der in seiner historischen Ahnungslosigkeit fast poetisch war.

Währenddessen lachten in New York City Menschen auf den Straßen, tanzten in Queens und Brooklyn. Zohran Mamdani, 34, Sohn ugandisch-indischer Einwanderer, Sozialist, Muslim und nun Bürgermeister, sprach von „einer Stadt, die wieder aufwacht“. Trump nannte ihn auf Truth Social einen „kommunistischen Eindringling“, doch die Worte wirkten hilflos. New York, einst seine Bühne, war ihm endgültig entglitten. Im Weißen Haus lief die Fernsehwand mit drei Kanälen parallel: Fox News, OANN und ein stummer CNN-Stream, damit „niemand heimlich die Feinde abhört“, wie Trump es ausgedrückt haben soll. In der Ecke des Raums lag ein Zettel mit den handgeschriebenen Worten: „NEVER AGAIN.“ Niemand wusste, ob er damit die Wahlnacht meinte – oder die Demokratie.

Der Präsident verlangte von den Republikanern, sie müssten jetzt „sofortige Vergeltung“ üben. Gegen wen, sagte er nicht. Vielleicht gegen das Wahlrecht. Vielleicht gegen die Mathematik. Vielleicht gegen Gott. In der Parteizentrale in Arlington klangen seine Anweisungen wie die letzten Funksprüche eines Generals, der auf einer Karte kämpft, während das Schlachtfeld längst geräumt ist. Abgeordnete flüsterten anonym, man könne so nicht weitermachen. Doch laut wagte es keiner zu sagen. Die Furcht vor dem Mann mit den Großbuchstaben saß tief. Einer schrieb in einem verschlüsselten Chat: „Er glaubt, er sei der Messias. In Wahrheit ist er nur wütend, dass keiner mehr applaudiert.“

Trump bereitete währenddessen seine große Revanche-Rede vor, die heute Abend im Ostflügel aufgezeichnet werden sollte. Arbeitstitel: „The People Still Love Me.“ In ihr will er erklären, dass nicht er verloren habe, sondern Amerika. Dass die Wähler betrogen, die Medien gelogen, die Demokraten manipuliert hätten – kurz: dass die Welt ihn nicht versteht. Ein Drama in drei Akten, ohne Publikum, mit einem Mann, der nie merkt, wann der Vorhang fällt. Es heißt, er habe mitten in der Nacht eine Liste anfertigen lassen mit den Namen der Gouverneure, die gewonnen haben. Daneben soll er in rotem Filzstift geschrieben haben: „ALLE FEINDE DES VOLKES.“ Ein Symbol dafür, dass Trump längst nicht mehr zwischen Opposition und Obsession unterscheidet.

Am Mittwochmorgen, als die Sonne über Washington aufging, stand das Weiße Haus still. In den Fenstern spiegelte sich das Licht eines Tages, der für Donald Trump nie hätte kommen sollen: der Tag, an dem Amerika ihm den Rücken kehrte. Und irgendwo in der Ferne, zwischen den hohen Bäumen des Lafayette Parks, soll ein einsamer Lautsprecher gespielt haben – die Titelmelodie seiner alten TV-Show The Apprentice. „You’re fired.“ Diesmal an ihn selbst gerichtet.

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Helga M.
Helga M.
3 Stunden zuvor

Ein seniler Schwachkopf vor dem Herrn. Und er ähnelt wirklich dem Rumpelstilzchen, das mit dem Fuß stampft. Möge er nach unten stürzen in ein großes Loch.

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