Es war der erste große Stimmungstest seit Donald Trump wieder im Weißen Haus sitzt – und er endete in einer krachende Niederlage für den Präsidenten. Die Demokraten haben die Gouverneurswahlen in Virginia und New Jersey gewonnen, die Mehrheit der Richterposten am Obersten Gerichtshof von Pennsylvania erobert, progressive Volksentscheide in mehreren Bundesstaaten durchgesetzt – und ausgerechnet in New York City einen Demokraten ins Bürgermeisteramt gehievt. Die Botschaft dieser Wahlnacht war unmissverständlich: Das Land wendet sich von Trump ab. Und für Trump könnte der Tag noch schlimmer enden. Denn der Supreme Court verhandelt heute über seine umstrittenen Einfuhrzölle – und wenn die Richter gegen ihn entscheiden, wäre das nicht nur ein wirtschaftlicher Rückschlag, sondern auch ein juristisches Desaster mitten in seiner größten politischen Demütigung seit der Rückkehr ins Amt
Dabei war der Präsident selbst kaum auf der Bühne. Trump hielt keine großen Kundgebungen, keine späten Rallys; er vertraute darauf, dass seine Popularität ausreiche, um republikanische Kandidaten über die Ziellinie zu tragen. Doch das Gegenteil trat ein. Wo sich die Republikaner demonstrativ an Trump klammerten, verloren sie. Und wo Demokraten Maß und Mitte suchten, gewannen sie.

Abigail Spanberger, eine ehemalige CIA-Offizierin mit ruhiger Stimme und klarer Linie, schlug in Virginia die republikanische Vizegouverneurin Winsome Earle-Sears – und wurde damit als erste Frau überhaupt zur Gouverneurin des Commonwealth gewählt. Unseren Artikel dazu finden sie unter dem Link: https://kaizen-blog.org/ein-neuer-anfang-abigail-spanberger-schreibt-geschichte-in-virginia/

In New Jersey triumphierte Mikie Sherrill, eine frühere Marinepilotin, mit einem Programm, das auf Wirtschaft, Sicherheit und Gesundheitsversorgung setzte. Beide Politikerinnen betonten Pragmatismus statt Parteidogma, Gespräch statt Grabenkampf – und sie hielten sich auffallend zurück, wenn es um Trumps Namen ging. Ihre Botschaft: Regieren heißt lösen, nicht toben. Unseren Artikel dazu finden sie unter dem Link: https://kaizen-blog.org/die-zweite-frau-mikie-sherrill-schreibt-ebenfalls-geschichte-in-new-jersey/
Die Demokraten haben aus den Fehlern der letzten Jahre gelernt. Statt sich in ideologischen Grabenkämpfen zu verheddern, konzentrierten sie sich auf das, was die Menschen tatsächlich beschäftigt: steigende Preise für Lebensmittel, Energie und Mieten. Es war der ökonomische Realismus, der die Wähler erreichte – und Trumps große Schwachstelle offenbarte. Denn während der Präsident von einem „neuen amerikanischen Wirtschaftswunder“ schwärmt, spüren Millionen Familien nur die Leere ihrer Geldbörsen.
In Virginia und New Jersey gaben mehr als die Hälfte der Befragten die Wirtschaft als wichtigstes Thema an. Viele Menschen erklärten dazu, sie könnten kaum noch über die Runden kommen. Dieselbe Unsicherheit, die Trump vor einem Jahr ins Amt getragen hatte, kehrt sich nun gegen ihn. Die Wähler, die ihn damals als Korrektiv gegen eine abgehobene Elite sahen, erleben heute, dass er selbst Teil jener Selbstherrlichkeit geworden ist, die er einst bekämpfen wollte.
Die republikanischen Strategen hatten auf Kulturkämpfe, Grenzpanik und Schlagworte wie „law and order“ gesetzt – doch es zündete nicht. Stattdessen dominierte das Gefühl, dass die Regierung ihre Aufgaben verfehlt hat: eine lahmende Wirtschaft, ein monatelanger Regierungsstillstand, steigende Lebenshaltungskosten. Trump mag sich in den Kursständen der Wall Street sonnen, doch an der Supermarktkasse zählt kein Dow-Jones-Index.
Selbst in traditionell konservativen Regionen Virginias, darunter Countys mit hohem Anteil an Veteranen, legten die Demokraten zu. Es war eine politische Standortbestimmung, die weit über den Süden hinauswirkt. Denn diese Wahl war mehr als ein lokales Ereignis – sie war ein nationales Urteil über Stil, Ton und Richtung einer Regierung, die im Dauerclinch mit sich selbst steckt.
Die Republikaner verloren auch den Generalstaatsanwalts-Posten in Virginia, nachdem ihr Kandidat in einem Skandal um gewaltverherrlichende Textnachrichten versank. In Pennsylvania errangen die Demokraten sämtliche drei offenen Richterstellen am Obersten Gerichtshof – ein Erfolg, der künftig Einfluss auf Wahlrecht, Wahlkreiszuschnitte und mögliche Konflikte bei der Präsidentschaftswahl 2028 haben wird. Und in Maine lehnten die Bürger eine Wählerausweis-Pflicht ab, während sie zugleich ein Gesetz befürworteten, das Angehörigen erlaubt, bei potenziell gefährlichen Personen Waffeneigentum gerichtlich einschränken zu lassen.

Auch Kalifornien setzte ein Signal. Eine klare Mehrheit stimmte für die Neuziehung der Wahlkreise, die den Demokraten künftig bis zu fünf zusätzliche Sitze im Repräsentantenhaus bescheren könnte – eine Antwort auf die parteiischen Karten, die Republikaner in Texas und anderen Bundesstaaten zu ihren Gunsten gezogen hatten.

Doch das auffälligste Symbol dieser Wahlnacht trug einen Namen, den bis vor wenigen Jahren kaum jemand kannte: Zohran Mamdani. Der 34-jährige Abgeordnete aus Queens, Sohn ugandisch-indischer Einwanderer, wird der erste muslimische Bürgermeister in der Geschichte New Yorks – und der jüngste seit über hundert Jahren. Sein Sieg ist mehr als ein lokales Ereignis; er steht für eine Generation, die sich nicht mehr einschüchtern lässt. Mamdani spricht von sozialer Gerechtigkeit, von Umverteilung, von der Notwendigkeit, „Reichtum nicht zu verehren, sondern Verantwortung zu teilen“. Seine Reden elektrisierten eine Stadt, die lange zwischen Zynismus und Überdruss schwankte. Unseren Artikel dazu finden sie unter dem Link: https://kaizen-blog.org/zohran-mamdani-kroent-den-triumph-der-demokraten-und-wird-buergermeister-von-new-york-city/
Trump versuchte, wie heute auch der peinliche Auftritt der New York Post, Mamdani als „Kommunisten“ zu diffamieren, nannte ihn gar eine „Gefahr für die Freiheit“ – doch das verfing nicht. Mamdani gewann mit einem historischen Vorsprung und einer Wahlbeteiligung, die New York seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat. Ironischerweise fieberten einige Republikaner in Washington heimlich mit ihm mit: Sie sehen in seiner linken Agenda ein perfektes Angriffsziel für die kommenden Kongresswahlen. Noch in der Wahlnacht starteten republikanische Komitees erste Werbespots, die gemäßigte Demokraten in New York und New Jersey mit Mamdani in Verbindung bringen sollen – eine Kampagne, die landesweit ausgerollt werden dürfte.

Doch der größere Punkt bleibt: Diese Nacht markiert die erste spürbare politische Niederlage für Donald Trump seit seiner Rückkehr in die Macht. Sein Versuch, das Land über Furcht, Feindbilder und martialische Rhetorik zu einen, ist gescheitert. Die Wähler haben etwas getan, was in Zeiten des Populismus selten geworden ist – sie haben sich nicht verführen lassen.

Trump reagierte wie gewohnt: mit Ausflüchten. Auf seiner Plattform schrieb er in Großbuchstaben, „TRUMP WAR NICHT AUF DEM STIMMZETTEL – UND DER SHUTDOWN WAR DER GRUND FÜR DIE NIEDERLAGE“. Ein Satz, der eher nach Trotz als nach Einsicht klang. Am Mittwochmorgen lud er die republikanischen Senatoren zum Frühstück ins Weiße Haus, um sie zu drängen, den Haushaltsstillstand zu beenden – jenen Stillstand, den er selbst verursacht hat.
Die politische Geografie Amerikas verschiebt sich. Nicht dramatisch, aber spürbar. Die Demokraten haben gezeigt, dass Wahlen mit Vernunft, Vertrauen und wirtschaftlicher Bodenhaftung gewonnen werden können. Trump hat gezeigt, dass Angst, Drohungen und Gewalt kein Ersatz für Regierung ist. Die eigentliche Nachricht dieser Nacht lautet: Das Land beginnt, sich wieder zu erinnern, wie Demokratie aussieht – und dass sie am besten funktioniert, wenn man sie nicht verkauft, sondern verteidigt.
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Tut das gut, diese Nachrichten zu lesen. Ein Quäntchen Hoffnung sieht auf.🍀👊❤️
…ja, wir haben uns alle sehr gefreut 🙂
Karma
…mehr karma 🙂
Es gibt wieder Licht am Ende des Tunnels…
richtig, aber es wird noch sehr viel arbeiten werden
Das tut unheimlich gut, diese Nachrichten zu hören! Und ich bewundere jede/n einzelne/n dieser demokratischen Politiker/innen für ihren Mut in dieser Zeit, sich und ihre Familien der realen Gefahr auszusetzen, die es bedeutet, gegen Trump und seine republikanische Gangsterbande zu stehen.
… wir haben uns auch sehr gefreut
Off Topic, aber als Antwort auf deinen Reichweiten-Post:
Ich bin rrrichtig! dankbar für diese Möglichkeit und sauge eure Informationen förmlich auf.
Auf FB kann ich leider nicht antworten, wenn mir mal danach ist und eure Beiträge kommen viel später oder gar nicht.
Es muss so unendlich viel Arbeit sein, aber durch euch fühle ich mich einfach schnell und gut recherchiert informiert, was mir in so vielen Diskussionen schon geholfen hat.
🤗
vielen dank für diese lieben worte und ganz liebe grüsse