Dieser Artikel ist die Fortsetzung unserer Recherche „Wie Trump Amerikas Rinderzüchter gegen sich aufbringt“. Was nun geschieht, bestätigt jeden Verdacht, der schon damals in den Prärien von Texas und den Weiden South Dakotas kursierte: Donald Trump hat die Farmer, die ihn getragen haben, geopfert – für einen kurzfristigen politischen Effekt und ein paar Cent weniger an der Supermarktkasse. Mitten in einer Phase, in der die Rinderbestände in den Vereinigten Staaten auf einem 70-Jahres-Tief sind, hat Trump beschlossen, die jährlichen Importe von argentinischem Rindfleisch zu vervierfachen. Das Weiße Haus verkündete, Argentinien dürfe künftig viermal so viel Fleisch zu niedrigeren Zollsätzen in die USA liefern wie bisher. Die Begründung: Man wolle die Fleischpreise senken. Doch die Wahrheit ist politisch – und moralisch – eine andere.
Hier zu unserem Artikel: „Wie Trump Amerikas Rinderzüchter gegen sich aufbringt“– Eine investigative und bedrückende Recherche unter dem Link: https://kaizen-blog.org/wie-trump-amerikas-rinderzuechter-gegen-sich-aufbringt-eine-investigative-und-bedrueckende-recherche/
„Die Rancher sind so glücklich über das, was ich getan habe. Ich habe sie gerettet“, sagte Trump. „Ich glaube nicht, dass ihr in diesem Land überhaupt noch Rindfleisch hättet, wenn ich das nicht getan hätte.“ Ein Satz, der in den Viehregionen Amerikas wie blanker Hohn klingt.
In Texas, im Mittleren Westen, in den Dakotas – überall brodelt es. Der republikanische Landwirtschaftsminister von Texas, Sid Miller, ein früher Trump-Verbündeter, nannte den Plan auf X „den völlig falschen Ansatz“. Wenn man Preise senken wolle, so Miller, müsse man die Zuchtbestände im eigenen Land stärken, nicht den Import billiger Ware aus Ländern, in denen Maul- und Klauenseuche noch vorkommt.
Selbst konservative Agrarverbände wenden sich offen gegen den Präsidenten. Die National Cattlemen’s Beef Association sprach von einem „fehlgeleiteten“ und „verheerenden“ Schritt, der „die Zukunft amerikanischer Familienbetriebe untergräbt“. Ihr Vorsitzender Colin Woodall erklärte: „Wir können den Präsidenten nicht unterstützen, während er die amerikanischen Rancher opfert, um kurzfristig Preise zu manipulieren.“

„Rinderzüchterinnen und Rinderzüchter können Präsident Donald Trump nicht unterstützen, solange er die Zukunft von Familienbetrieben und Viehhaltern durch den Import von argentinischem Rindfleisch untergräbt. Es ist entscheidend, dass der Präsident und Landwirtschaftsministerin Brooke Rollins die Rindermärkte ohne politische Eingriffe funktionieren lassen.“
„Wenn die Regierung wirklich ein Verbündeter der amerikanischen Rinderhalter ist, fordern wir sie auf, diese Marktmanipulation aufzugeben und sich stattdessen darauf zu konzentrieren, die versprochene New World Screwworm-Anlage in Texas fertigzustellen; zusätzliche Investitionen zu tätigen, um die heimischen Rinderbestände vor ausländischen Tierseuchen wie der Maul- und Klauenseuche (FMD) zu schützen; und regulatorische Hürden anzugehen – etwa die Streichung des Grauwolfs von der Schutzliste und die Bekämpfung der Plage der Schwarzkopfgeier.“
Die Texas & Southwestern Cattle Raisers Association nannte das Vorhaben „eine ernste Bedrohung“ für die US-Rinderherden und warnte vor dem Risiko, Tierseuchen aus Südamerika einzuschleppen. Auch aus dem Senat kam Widerspruch. In einer geschlossenen Sitzung im Kapitol konfrontierten republikanische Senatoren Vizepräsident J. D. Vance mit ihrer Wut. John Thune aus South Dakota sagte laut Teilnehmern: „Das ist nicht der Weg, um Amerika an erste Stelle zu setzen.“ Andere sprachen es unverblümt aus: „Ihr habt die Rancher verraten und den Markt abstürzen lassen.“ Selbst im erzrepublikanischen Lager kippt die Stimmung. Marjorie Taylor Greene schrieb: „Ich habe keine Ahnung, wer unserem großartigen Präsidenten eingeredet hat, dass das eine gute Idee ist. Es ist ein Schlag in den Magen für all unsere Rancher.“
Trump rechtfertigt sich mit dem Ziel, Lebensmittelpreise zu senken. Doch Ökonomen halten das für Augenwischerei. Der durchschnittliche US-Haushalt zahlt derzeit 6,32 Dollar pro Pfund Rinderhackfleisch, ein Anstieg um 25 Prozent in drei Jahren. Doch diese Preisdynamik hat auch strukturelle Ursachen: Dürre, Futtermittelpreise, hohe Zinsen. Selbst wenn Argentinien mehr liefert, werden die Preise laut Kansas State University nur minimal sinken. „Argentinien kann die Mengen gar nicht produzieren, um die Lücken zu füllen“, sagt Agrarökonom Glynn Tonsor.
Das ist der Hauptpunkt der Widersprüchlichkeit: Trump hat jahrelang mit „America First“ geworben – jetzt importiert er ausländisches Fleisch, um die Illusion niedriger Preise zu verkaufen. Selbst die Landwirtschaftsverbände, die ihn trotz Strafzöllen und Handelskriegen treu unterstützt haben, sprechen von einem „Verrat am Herzland“. Hinter den Kulissen ist der Deal noch schmutziger. Nur Tage vor der Ankündigung empfing Trump Argentiniens Präsidenten Javier Milei im Weißen Haus – ein Treffen, das auffällig schnell in eine 20-Milliarden-Dollar-Kreditlinie mündete. Kaum war das Papier unterzeichnet, kam die Freigabe für das argentinische Rindfleisch. Es ist ein geopolitisches Tauschgeschäft, kein wirtschaftlicher Befreiungsschlag. Und es wirft eine alte Frage neu auf: Wie viel Patriotismus bleibt, wenn Profit regiert?
Selbst in Argentinien warnt man vor Überproduktion. „Wenn wir zu viel exportieren, treiben wir unsere eigenen Preise in die Höhe“, sagt Rinderzüchter Augusto Wallace. Doch Trump sieht in Milei einen ideologischen Verbündeten – und ein weiteres Land, das er in seine ökonomische Umlaufbahn zieht. Dass ausgerechnet Trump, der jahrzehntelang gegen „Globalismus“ wetterte, nun billiges Importfleisch ins Land holt, lässt seine „America First“-Rhetorik zerbrechen wie morsches Holz. Sogar die ultrakonservative Senatorin Deb Fischer aus Nebraska sagte: „Wenn das Ziel ist, die Fleischpreise zu senken – das ist der falsche Weg.“ Die Ökonomen sind sich einig: Diese Politik schwächt die Rancher, ohne den Verbrauchern spürbar zu helfen. Sie unterminiert die Eigenproduktion, bringt die Märkte aus dem Gleichgewicht – und stärkt zugleich ein Land, das selbst mit wirtschaftlichen Krisen kämpft.

In Nebraska traf ich mich mit einer Gruppe von Familienranchern, die über jede geplante Einfuhr von ausländischem Rindfleisch alarmiert sind.
In dieser Woche haben wir einen Anstieg des Preises für verpacktes Rindfleisch gesehen, während der Preis für lebende Rinder dramatisch gesunken ist. Die Rancher erleben in Echtzeit, wie ihnen ihre harte Arbeit entgleitet.
Kurz gesagt: Importe sind nicht die Lösung, um die Rindfleischpreise im Supermarkt zu senken. Wir sollten nicht vergessen, America First zu bewahren. (29. Oktober 2025)
Doch für Trump ist das Nebensache. Entscheidend ist die Schlagzeile: „Trump senkt Fleischpreise.“ Für ihn zählt das Bild, nicht die Substanz. Dass er damit die eigene Basis – die Farmer, Viehzüchter, Landarbeiter – verrät, scheint ihn nicht zu stören. Am Ende steht ein Präsident, der lieber Argentinien rettet als Texas, lieber kurzfristige Umfragen bedient als langfristige Stabilität. Seine Entscheidung ist kein wirtschaftlicher Schachzug, sondern ein politisches Glücksspiel. Sie zeigt, dass sein vermeintlicher Patriotismus an der Grenze des Profits endet. Ein texanischer Rancher brachte es auf den Punkt: „Ich liebe das Motto ‚America First‘. Aber das hier fühlt sich an wie Globalismus in Verkleidung.“ Und vielleicht ist das der ehrlichste Satz über diese Regierung: Sie redet von Heimat, aber sie handelt wie ein Konzern.
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