Der Auftritt eines politischen Spinners, mit Kriegsrhetorik gegen das eigene Volk an der Seite der ultrarechten neuen Premierministerin Japans

VonRainer Hofmann

Oktober 28, 2025

Es war eine jener Szenen, die Geschichte schreiben – nicht wegen ihrer Größe, sondern wegen ihres Tons. Auf dem Flugdeck der U.S.S. George Washington, vor tausenden Soldatinnen und Soldaten, sprach Donald Trump in Japan zu den Streitkräften der Vereinigten Staaten – und verwandelte eine Routineansprache in eine Drohung. „Wenn die Nationalgarde nicht reicht“, rief er in den Wind, „werden wir mehr schicken. Mehr als die Nationalgarde.“ Es klang nicht wie eine Ankündigung. Es klang wie eine Warnung.

Trumps Auftritt an der Marinebasis Yokosuka, südlich von Tokio, war ein Schauspiel aus Pathos, Machtgesten und politischer Inszenierung. Dort, wo einst amerikanische Präsenz den Frieden sichern sollte, sprach ein Präsident, der das Militär nun als Werkzeug im eigenen Land betrachtet. Zwischen Lob für „die besten und schönsten Männer und Frauen“ und Witzen über das Aussehen seiner Zuhörer zog Trump eine Linie, die selbst in seiner langen Liste der Grenzüberschreitungen neu war: die Militarisierung der Innenpolitik. „Wir haben Städte, die Probleme machen, und wir können keine Städte haben, die Probleme machen“, sagte er. „Wir schicken die Nationalgarde – und wenn das nicht reicht, schicken wir mehr.“ Der Satz fiel beiläufig, fast lässig, aber sein Gewicht war enorm. Er sprach nicht über Notstandsgebiete, nicht über Krisenregionen. Er sprach über amerikanische Städte – über Chicago, Los Angeles, Baltimore. Über Orte, in denen das Leben weitergeht, aber der Präsident nur Chaos sieht.

Trumps Worte sind mehr als Rhetorik. Sie fügen sich in eine Politik, die seit Monaten die Grenzen zwischen Militär und zivilem Raum verwischt. Schon jetzt stehen Nationalgardisten in mehreren Metropolen, teils gegen den Willen der Gouverneure. Offiziell, um „Kriminalität einzudämmen“ und „Einwanderung zu kontrollieren“. In Wahrheit, um Präsenz zu demonstrieren. Macht. Gehorsam. Kontrolle. Dass Trump nun auch reguläre Armeeeinheiten ins Spiel bringt, markiert einen neuen Wendepunkt. „Wir werden sichere Städte haben“, sagte er, „ob es den Leuten gefällt oder nicht.“ Worte, die an autoritäre Systeme erinnern, nicht an den Wortschatz einer Demokratie.

Er verteidigte zugleich die jüngsten Militärschläge auf Boote und halbtauchfähige Schiffe im Karibischen Meer und im Ostpazifik – offiziell gegen Drogenhändler. Mehr als 57 Menschen kamen dabei ums Leben. Die US-Regierung spricht von Schmugglern. Andere Länder, darunter Kolumbien, nennen sie Fischer. Ihr Präsident warf den Vereinigten Staaten offen vor, Zivilisten ermordet zu haben. Trumps Antwort war zynisch wie immer: „U-Boote gehen nicht fischen.“ Ein ausführlicher Artikel folgt in dieser Woche, während ein Teil unseres Teams derzeit in Südamerika recherchiert.

Es ist die Sprache eines Mannes, der Krieg als einfache Lösung versteht – ob auf See, an der Grenze oder in den Straßen amerikanischer Städte. „Wir führen endlich Krieg gegen die Kartelle“, sagte er. Und fügte hinzu: „Wir gewinnen ihn bereits.“ Für ihn ist das Meer ein Schlachtfeld, der Himmel ein Symbol, der Staat ein Instrument.

Die frisch gewählte ultrarechte Premierministerin passt perfekt in Trumps Schema. Ihre Verbindung ist weit mehr als diplomatische Choreografie – sie ist ideologische Resonanz. Trump bewundert in Tokio, was er zu Hause predigt: Souveränität als oberstes Prinzip, das Militär als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, den Handel als Waffe. Und Takaichi erkennt im Weißen Haus genau das wieder, was sie selbst zur Methode erhoben hat: Stärke als Haltung, Härte als Sprache, Vereinfachung als Strategie. Wenn Trump in den kommenden Tagen fordert, Japan müsse seine Verteidigungsausgaben drastisch erhöhen, wenn er auf neue Waffenkäufe drängt und Investitionszusagen als Loyalitätstest versteht, wird er in Takaichi ein Gegenüber finden, das aus Überzeugung nickt. Mehr dazu in unserem Artikel: „Ein Virus, der die Welt befällt – Sanae Takaichi, Trump und die stille Internationale der Ultrarechten“ unter dem Link: https://kaizen-blog.org/ein-virus-der-die-welt-befaellt-sanae-takaichi-trump-und-die-stille-internationale-der-ultrarechten/

Die Bühne in Japan bot ihm das perfekte Bild. Hinter ihm das graue Ungetüm des Flugzeugträgers, über ihm die Flagge, vor ihm eine Truppe, die Befehlen folgt. Die Symbolik war gewollt: ein Präsident, der Stärke zeigt, kurz vor seinem Treffen mit Chinas Staatschef Xi Jinping. Offiziell ging es um Diplomatie, tatsächlich um Dominanz. Trump sprach von „Frieden und Partnerschaft“, aber was blieb, war das Bild eines Mannes, der Macht durch Einschüchterung ersetzt. Er versprach den Soldaten Gehaltserhöhungen – eine Geste, die nach Wochen des Regierungsstillstands wie ein Hohn klang. Viele Soldaten wurden zuletzt aus privaten Spendenfonds bezahlt, weil Haushaltsmittel blockiert sind. Doch Trump verkaufte es als Wohltat. „Wir ziehen nichts von eurem Lohn ab, weil ihr gekommen seid, um euren Kommandeur zu hören“, sagte er, halb im Scherz, halb im Ernst. Dann fügte er hinzu: „Ich wäre gern Admiral. Ich wollte immer Admiral sein.“

Mit grotesken Tanzeinlagen begrüßte Trump die Soldaten – als wolle er beweisen, dass Würde in seiner Welt keine Dienstgrade kennt

Es war eine Mischung aus ein Schauspiel aus Selbstverherrlichung und Machtrausch – der Präsident als Feldherr, als Entertainer, als Alleinherrscher. Und doch bleibt ein Bild hängen: ein amerikanischer Präsident, der im Ausland vor Soldaten steht und den Einsatz militärischer Gewalt im eigenen Land ankündigt. Dass er das vor einer Kulisse sagt, die an den Nachhall des Zweiten Weltkriegs erinnert, ist mehr als Ironie. Es ist Symbolpolitik. Die Basis von Yokosuka wurde einst geschaffen, um künftige Kriege zu verhindern. Jetzt steht dort ein Präsident, der sie als Kulisse für seine innere Mobilmachung nutzt.

Trumps Worte über den Krieg gegen Drogen, über die „sicheren Städte“, über die angeblich „radikale Linke“, die den Gegner decke – sie fügen sich zu einem gefährlichen Narrativ: der Feind ist überall, auch zu Hause. Und die Armee, die einst die Freiheit schützen sollte, wird zum Werkzeug, um Angst zu verbreiten. „Unsere Stärke kommt nicht von der Ausrüstung, sondern von den Männern und Frauen in Uniform“, sagte er. „Von euch – den guten Leuten. Zu viele gute Leute. Ich mochte gute Leute nie. Ich gebe es zu.“ Ein Präsident, der Stärke lobt und zugleich spottet – die Ironie scheint ihm entgangen zu sein.

„Alle haben gesagt, ich sollte den Friedensnobelpreis bekommen. Mit dieser Aussage bin ich wohl raus aus dem Rennen“

Sieht man auf die von Trump verkündeten Friedensschlüsse und angeblich beendeten Kriege, bleibt davon nichts als das Bild eines politischen Spinners – ein Präsident, der Aufrüstung mit Diplomatie verwechselt und seine eigenen Drohungen als Friedensleistung verkauft.

So verlässt Trump Japan mit der Geste eines Mannes, der Frieden predigt und Krieg vorbereitet. Seine Reise nach Asien war als diplomatische Mission angekündigt. Tatsächlich wurde sie zur Machtdemonstration – nach außen gegen China, nach innen gegen die eigenen Bürger. Was bleibt, ist eine bittere Erkenntnis: Der Präsident der Vereinigten Staaten spricht inzwischen wie ein General ohne Grenzen. Seine Reden gleichen Befehlen. Seine Drohungen klingen wie Strategiepapiere. Und sein Blick auf das eigene Land – als Territorium, das militärisch diszipliniert werden muss – verrät, wie weit sich Amerika von sich selbst entfernt hat.

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