Austin steht vor einem Wochenende, das mehr über die amerikanische Demokratie erzählt als jede Rede im Kapitol. Für Samstag ist die landesweite „No Kings“-Demonstration angekündigt – ein symbolischer Protest gegen Machtmissbrauch, autoritäre Sprache und die politische Selbstvergötterung, die sich in Washington festgesetzt hat. Doch anstatt auf Dialog oder Deeskalation zu setzen, reagiert Texas’ Gouverneur Greg Abbott mit einer militärischen Geste: Er lässt Soldaten marschieren. Abbott kündigte eben an, Einheiten der Texas National Guard und Beamte des Department of Public Safety in die Hauptstadt Austin zu entsenden, um die Proteste „unter Kontrolle zu halten“. Seine Begründung klang wie aus einem Lehrbuch der Law-and-Order-Rhetorik: Texas werde „kriminelles Verhalten abschrecken und jeden festnehmen, der sich an Gewalt oder Sachbeschädigung beteiligt“. Doch in einem Land, in dem Protest Teil der Verfassung ist, wirkt diese Sprache wie eine Warnung – und wie ein Spiegel des neuen politischen Klimas, in dem Kritik an der Macht selbst als Sicherheitsrisiko gilt.

Abbott hat schon zuvor mit harter Hand regiert. Im Juni ließ er über 5.000 Nationalgardisten im gesamten Bundesstaat aufstellen, um Demonstrationen gegen Präsident Donald Trump und gegen die massenhaften Abschiebungen des ICE zu beobachten. Soldaten in Tarnuniformen standen an Stadtgrenzen und Bushaltestellen, als ginge es um eine Invasion. Der Gouverneur sprach von „Schutz“, doch viele Texaner sahen in dieser Mobilmachung ein politisches Signal – ein Bild der Stärke für die Kameras, ein Bekenntnis zur Linie Trumps. Dass Abbott inzwischen sogar Truppen nach Illinois geschickt hat, um dort Trumps Einwanderungsrazzien zu unterstützen, zeigt, wie weit sein Verständnis von „öffentlicher Ordnung“ reicht. Rund 400 Soldaten der Texas National Guard wurden vor zwei Wochen nach Chicago verlegt – ein Schritt, der in keiner Verfassung vorgesehen ist, aber in der Logik dieses neuen Bundesstaatsnationalismus konsequent erscheint. Abbott agiert längst nicht mehr als Gouverneur eines Bundesstaates, sondern als Statthalter eines größeren Projekts: die föderale Gewaltenteilung zu verwischen und die Loyalität der Staaten mit militärischer Präsenz zu markieren.

Dass die „No Kings“-Bewegung in diesem Klima überhaupt entstehen konnte, ist kein Zufall. Sie steht für jene, die sich weigern, Autorität mit Wahrheit zu verwechseln – und für jene, die verstehen, dass Demokratie mehr ist als Gehorsam. Der Name selbst ist eine Provokation gegen die neue Monarchie der Macht, gegen das Prinzip des unantastbaren Führers. Abbotts Reaktion darauf zeigt, dass er den Satz „No Kings“ offenbar persönlich nimmt. In der texanischen Geschichte galt Austin immer als das freie Herz des Staates – ein Ort, an dem Kunst, Musik und politische Debatte den Mythos des „Lone Star“ lebendig hielten. Heute droht diese Stadt, belagert zu werden – nicht von Demonstranten, sondern von der eigenen Regierung. Wenn Abbott Soldaten auf die Straßen schickt, um Bürger zu „schützen“, dann stellt sich die Frage, vor wem eigentlich.
Der Gouverneur hat aus den Lektionen Washingtons gelernt: Kontrolle beginnt mit der Definition dessen, was gefährlich ist. In Trumps Amerika ist das nicht mehr derjenige, der Waffen trägt, sondern derjenige, der Transparente trägt. Und so wird der öffentliche Raum zur Bühne eines politischen Experiments – einer Demokratie, die ihre eigene Bevölkerung misstrauisch beobachtet. Vielleicht ist genau das die eigentliche Gefahr: dass Texas sich selbst spiegelt und im Bild des starken Mannes den Verlust seiner Freiheit nicht mehr erkennt. Während Abbott Panzerfahrzeuge und Schlagstöcke schickt, um den Protest zu „überwachen“, beweist er damit nur, wie sehr er ihn braucht – als Gegner, als Feindbild, als Legitimation für Macht.
Denn wenn ein Gouverneur Soldaten gegen Worte stellt, dann geht es längst nicht mehr um Sicherheit. Es geht um Kontrolle. Und um die Krone, die keiner tragen darf – außer jenen, die sich selbst zu Königen erklären.
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Abbott war schon immer ein narzisstischer Soziopath.
Bürgerrechte? Bitte nicht zu Viele.
Aber das Recht auf Bewaffnung nach dem 2nd Amendment? Aber sicher doch. Und wenn es dann wieder ein Shooting gibt, wird gebetet.
Der eigenen Bevölkerung in Notlagen helfen, wie bei dem Überschwemmungsunglück? Ach, da können sich andere drum kümmern, kostet dann ja nichts.
Frauenrechte? Am Liebsten alle, inklusive Wahlrecht, abschaffen.
Und mit Trump im Rücken spielt er sich noch mehr auf.
Furchtbar.
Und leider ist Texas tiefrot.
Sie hatten die Chance was zu ändern.
Den Feigling Ted Cruz abzuwählen, der in die Sonne nach Mexiko (!!!) Blog, während in seinem Wahlkreis Menschen aufgrund des Kälteeinruchs starben.
Aber das war dann an der Wahlurne vergessen.