Der republikanische Abgeordnete Glenn Gruenhagen aus Minnesota sorgt einmal mehr für Schlagzeilen – nicht durch Gesetzesvorschläge oder substanzielle Bildungspolitik, sondern durch eine rhetorische Nebelkerze aus dem Baukasten der christlichen Rechten. In einer Anhörung zur Bildungspolitik erklärte Gruenhagen, dass es im Biologieunterricht „Lügen“ gebe – weil Schülern nicht der Kreationismus beigebracht werde. Sein Beispiel dazu wirkt wie aus einem Lehrbuch religiöser Pseudologik:
„Du hast einen Computer. Hat jemand den Computer gemacht? Oder haben Wind, Regen, Zeit und Zufall den Computer ins Leben geblasen?“
Es ist ein Satz, der auf den ersten Blick absurd klingt. Und das soll er auch. Denn genau das ist die Taktik: Gruenhagen versucht, die wissenschaftlich fundierte Evolutionstheorie lächerlich zu machen, indem er sie mit einem absichtlich unpassenden Vergleich diskreditiert. Die Aussage unterstellt, dass der Glaube an Evolution genauso irrational sei, wie zu behaupten, dass ein Laptop durch Wetterereignisse entstanden ist.
Doch dieser Vergleich ist nicht nur irreführend – er ist ein gezielter Angriff auf den wissenschaftlichen Diskurs. Denn im Gegensatz zu einem Computer, der tatsächlich das Produkt menschlicher Konstruktion ist, beschreibt die Evolution biologische Prozesse, die durch Mutation, Selektion und Zeit erklärbar sind – und deren Mechanismen seit über 160 Jahren empirisch erforscht, beobachtet und bestätigt werden. Kein Biologe behauptet, Leben sei „durch Zufall und Wetter“ entstanden – das ist eine bewusste Karikatur, die auf Unwissenheit oder gezielte Desinformation setzt.
Glenn Gruenhagen ist kein Einzelfall. Er gehört zu einer wachsenden Gruppe rechter Politiker in den USA, die mit pseudo-wissenschaftlicher Rhetorik versuchen, religiöse Glaubenssätze in den öffentlichen Bildungsbereich einzuschleusen. Dahinter steckt mehr als bloß konservativer Kulturkampf – es ist ein Frontalangriff auf die säkulare, wissenschaftlich begründete Bildung.
Der Kreationismus, den Gruenhagen fordert, ist keine Alternative zur Evolution – er ist ein Glaubensdogma, das in einer pluralistischen Demokratie nicht in den Biologieunterricht gehört. Denn Wissenschaft basiert auf Beobachtung, Beleg, Falsifizierbarkeit. Religion basiert auf Glaube. Beides hat seine Berechtigung – aber nicht am selben Ort. Und ganz sicher nicht im Schulbuch als „Alternative“ zu Darwin.
Wenn ein gewählter Abgeordneter ernsthaft fragt, ob der Regen einen Computer gebaut haben könnte, stellt sich weniger die Frage, wie er zur Evolution steht – sondern ob er den Unterschied zwischen Argument und Anekdote noch kennt. Wer so spricht, will keine Aufklärung – sondern Deutungshoheit. Und das ist gefährlicher als jeder Sturm.