Es ist ein Vorgang, der das Rückgrat der westlichen Pressefreiheit erschüttert. Karen Attiah, die letzte schwarze Vollzeit-Kolumnistin der Washington Post, wurde entlassen – nicht wegen Falschmeldungen, nicht wegen Hetze, sondern weil sie die Worte eines Mannes zitiert hat, der schwarze Frauen als geistig minderwertig bezeichnete. Die Begründung ihrer Vorgesetzten: „unacceptable“, „gross misconduct“, angebliche Gefährdung der Sicherheit von Kolleginnen und Kollegen. Beweise? Keine. Gespräch? Ebenfalls nicht. Attiah selbst spricht von einer übereilten Entscheidung, einem Bruch mit den Standards, auf die sich das Blatt immer berufen habe: journalistische Fairness, intellektuelle Redlichkeit, Respekt vor der Debatte. Die Chronologie ist beunruhigend. Attiah hatte nach der Ermordung von Charlie Kirk nicht in Jubel ausgebrochen, sondern nüchtern konstatiert, dass sie keine falsche Trauer zelebrieren werde für einen Mann, der schwarze Frauen routinemäßig attackiert habe, der Akademiker auf schwarze Listen setzte und der öffentlich sagte, Schwarze seien in der Jim-Crow-Ära besser dran gewesen. Ihre Worte waren kein Aufruf zur Gewalt, sondern eine Weigerung, sich in das Theater der staatlich verordneten Anteilnahme einzureihen. Sie sprach von einer Nation, die sich weigert, das Waffenproblem anzugehen, und von der Heuchelei, Gewalt zu beklagen, ohne deren Ursachen anzutasten.

Nun ist sie ihren Job los – und ihre Entlassung steht am Beginn einer Welle. Die Regierung hat, angeführt von Stephen Miller und J. D. Vance, einen Feldzug angekündigt, um vermeintliche linke Netzwerke „zu zerschlagen“. Unter dem Banner der öffentlichen Sicherheit wird ein Klima geschaffen, in dem Dissens nicht mehr nur politisch bekämpft, sondern institutionell erstickt wird. Wer nicht trauert, wie der Staat es verlangt, wird markiert. Wer unbequeme Wahrheiten ausspricht, wird diskreditiert. Die USA, einst Symbol einer freien Presse, steuern auf eine Ära zu, in der Journalismus nicht mehr kritische Machtkontrolle ist, sondern Loyalitätstest. Das ist mehr als der Rauswurf einer Kolumnistin. Es ist ein Fanal. Wenn eine preisgekrönte Journalistin, die Khashoggis Ermordung aufgedeckt hat, ohne Anhörung entlassen werden kann, nur weil sie sich weigert, einen Kult der Heiligenverehrung um einen politischen Märtyrer zu bedienen, dann ist das kein isolierter Vorgang, sondern ein Symptom. Es ist das Signal, dass selbst große Zeitungen bereit sind, vor politischem Druck zu knicken und unliebsame Stimmen zum Schweigen zu bringen.

Liebe @washingtonpost,
Ich habe mein Abonnement gekündigt. Ihr wart einst eine mutige Institution, und es schmerzt zu sehen, wie feige ihr geworden seid – gerade jetzt, wo wir das, was ihr einmal wart, dringender brauchen als je zuvor. Nehmt „Democracy Dies in Darkness“ von eurem Banner. Ihr seid zur Dunkelheit geworden. (Screenshot zeigt: „Thanks for your feedback. We’ve canceled your subscription.“ – „Danke für Ihr Feedback. Wir haben Ihr Abonnement gekündigt.“)Nach der Entlassung von Karen Attiah setzte eine regelrechte Welle von Abo-Kündigungen ein – Leserinnen und Leser kehrten der Washington Post in Scharen den Rücken.
Für die westliche Welt ist dies ein dunkles Omen. Wenn die Vereinigten Staaten – mit ihrer Verfassung, ihrem Ersten Verfassungszusatz, ihrem Mythos von „free speech“ – den Raum für unbequeme Stimmen so drastisch verengen, dann dürfen sich Europäer nicht einbilden, sie seien immun. Es ist der Beginn einer schleichenden Dunkelheit, die von den Rändern in die Mitte der Demokratie kriecht. Und wenn diese Dunkelheit einmal Fuß gefasst hat, wird sie nicht bei Karen Attiah Halt machen. Dann gilt es, das Feuer der Freiheit am Brennen zu halten.
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Dieser Krieg ist bei uns schon längst angekommen. Dunja Hayali braucht eine Pause, wegen des unmenschlichen, durch nichts zu begründeten Hasses im Netz, der in Mord- und Gewaltandrohungen mündet…
Kein Schutz der Regierung, keine Gesetze gegen den Mob, so lange, bis es nichts mehr zu schützen gibt. Das „Nichts mehr“ war dann unsere Demokratie.
Mich hat das auch sehr entsetzt
👍
Wir müssen in Deutschland sehr aufpassen. Danke für Journalisten wie ihr, die noch Mut besitzen.
ich danke dir
So zerstört man die Demokratie.
Mediengleichschaltung, Kritiker entlassen …. später folgen Verhaftungen.
Hier trifft es eine gute ausgebildete, hervorragende Journalistin. Und um es nochmal zu betonen, sie ist eine schwarze Frau.
Weil Bezos ein dicker Kumpel von Trump ist und dessen Gunst nicht verlieren will.
Es ist gut, dass Viele ihr Abo gekündigt haben.
Aber wird das Bezos mit seinen Milliarden Jucken?
Vermutlich nicht.
Die „unabhängige“ Medienlandschaft schrumpft unhaufhaltsam. In den USA, in Deutschland, weltweit.
Stattdessen Bots die unter kritischen Berichten posten um pro-russische oder faschistische Narrative zu manifestieren.
Danke für Eure unermüdliche Arbeit.
…danke, und wir ziehen weiter durch…