„Das ist mit der Person passiert, die das Attentat auf Charlie Kirk an der Texas Tech verspottet hat“

VonRainer Hofmann

September 15, 2025

Es ist ein kurzes Video, zwölf Sekunden lang, doch seine Wirkung ist enorm. Zwei Campus-Polizisten legen einer jungen Frau in Texas Handschellen an, während sie verwirrt zur Seite blickt. Darüber der Kommentar des Gouverneurs Greg Abbott: „Das ist mit der Person passiert, die das Attentat auf Charlie Kirk an der Texas Tech verspottet hat. FAFO.“ – ein zynisches „Fuck Around and Find Out“, das klingt wie eine Mischung aus Drohung und Triumphgeheul.

Greg Abbott, seit 2015 Gouverneur von Texas und einer der mächtigsten republikanischen Politiker der USA, ist bekannt für seine harte Linie: gegen Migranten, gegen Abtreibungsrechte, gegen politische Gegner. Doch nun richtet er sein Machtwort gegen eine Privatperson, deren „Vergehen“ offenbar darin bestand, öffentlich den Mord an dem rechten Aktivisten Charlie Kirk zu kommentieren – und nicht in der von Abbott gewünschten Tonlage. Dass der Gouverneur eines Bundesstaates in aller Öffentlichkeit die Festnahme einer Bürgerin feiert, nicht wegen eines nachweisbaren Verbrechens, sondern wegen einer Äußerung, ist mehr als nur ein Ausrutscher. Es ist ein Alarmsignal.

Greg Abbott, seit 2015 Gouverneur von Texas

Denn was hier mitschwingt, ist ein Verständnis von Staatlichkeit, das nicht mehr zwischen Justiz und politischer Machtdemonstration trennt. „FAFO“ – das ist keine nüchterne Mitteilung, kein juristischer Sachverhalt. Es ist die Sprache des Straflagers, der Exekution ohne Prozess. Wer spottet, wer lacht, wer sich nicht an die ideologischen Regeln hält, soll fühlen, was passiert. Genau dieser Tonfall hat Demokratien immer dann in den Abgrund getrieben, wenn der Staat anfing, Gesinnungen zu bestrafen, nicht Taten. Die Vereinigten Staaten sind längst nicht mehr das Land, das sie einmal waren. Unter Donald Trump wurde die politische Kultur radikalisiert, und Abbott gehört zu jenen Gouverneuren, die diesen Kurs nicht nur mitgehen, sondern vorantreiben. Von der militarisierten Grenzpolitik über drakonische Abtreibungsgesetze bis hin zur offenen Kriminalisierung von Protest und Spott – Texas ist ein Labor für eine neue, autoritäre Ordnung. Dass jetzt sogar die Schadenfreude über eine Festnahme politisch instrumentalisiert wird, zeigt, wie weit sich das Land von rechtsstaatlichen Prinzipien entfernt hat.

Greg Abbott: „Das ist mit der Person passiert, die das Attentat auf Charlie Kirk an der Texas Tech verspottet hat.“

Historiker werden sich unweigerlich an die 1930er Jahre erinnert fühlen, als in Europa erst Spott, dann Kritik und schließlich jede Form von Abweichung verfolgt wurden. Wer den staatlichen Märtyrern nicht die gebührende Ehrerbietung erwies, galt als Feind. Der Schritt von der sozialen Ächtung zur strafrechtlichen Verfolgung war kurz – und der Weg in die Diktatur geebnet. Dass ein amerikanischer Gouverneur öffentlich signalisiert, dass es legitime Gründe für Verhaftungen geben könne, die in der Sphäre des Gesagten oder Gedachten liegen, ist eine gefährliche Normalisierung von Repression. Die Festnahme, ein Signal an alle, die nicht trauern wollen, wie er es verlangt. Und es ist dieser Teil, der die Demokratie gefährdet. Wenn politische Machtträger beginnen, öffentlich zu definieren, wer lachen darf und wer nicht, dann ist der Abstieg in ein System der Angst nicht mehr weit.

Was in Texas passiert, betrifft nicht nur Texas. Es ist ein Testlauf dafür, wie weit die Rechte in den USA bereit ist zu gehen, um ihre ideologische Ordnung durchzusetzen. Wer glaubt, das alles sei nur Show, sollte genau hinsehen: Die Sprache hat sich verändert, der Ton ist schärfer geworden, und nun folgen die Bilder dazu. Die Vereinigten Staaten, aber auch andere westliche Länder, sind auf einem Weg, der unheimliche Parallelen zu den dunkelsten Kapiteln der Geschichte aufweist – und wer das nicht sehen will, wird vielleicht erst aufwachen, wenn der letzte Spott längst verstummt ist.

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Lea
Lea
10 Tage zuvor

Das Aufwachen wird echt bitter werden…

Annette
Annette
10 Tage zuvor

Das kann alles nicht mehr wahr sein. Was ist mit dem Volk da drüben passiert ? Wann greifen die Rechtssysteme der Demokratie ein ?

Ela Gatto
Ela Gatto
10 Tage zuvor
Reply to  Annette

Die sind so ausgehölt 😑

HSp
HSp
10 Tage zuvor
Reply to  Annette

Das wird bereits systemstisch weggeräumt, so wie es auch in Europa durch rechte Polemik geschieht▪︎
Die dürfen alles was an sich verboten oder zumindest unrechtmässig ist▪︎
Diskreditieren, DiffIamieren, Leugnen unIxd Fakten verdrehen▪︎I

Ela Gatto
Ela Gatto
10 Tage zuvor

Free speech … die Vance in Europa bemängelt hat.
Free speech in den USA nur noch, wenn es der Linie entspricht.
Ganz wie in anderen Diktaturen.

1. Amendment…. Der in den USA auch für schon ausufernde Hasskommentare gilt.
Nun ist es auch nur noch ein Absatz auf einem Stück Papier.

Wenn es darauf keine deutliche Reaktion von Gerichten, Organisationen und der Bevölkerung gibt, dann hat die USA den Kippunkt überschritten.

Project 2025 wird durchgesetzt.

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