Restaurantpremiere in D.C. – Trump als „Hitler“ beschimpft

VonRainer Hofmann

September 10, 2025

Washington – Donald Trump ging nur ein paar hundert Meter vor die Tür, um Stärke zu zeigen – und landete mitten im Widerspruch. Der Präsident verließ am Dienstagabend das Weiße Haus, um im nahen Joe’s Seafood, Prime Steak & Stone Crab zu speisen. Es sollte der sichtbare Beweis sein, dass sein bundesstaatlicher Durchgriff in der Hauptstadt wirkt. Doch kaum hatte er den Gastraum betreten, riefen Demonstrierende vor dem Lokal: „Free D.C., Free Palestine. Trump ist der Hitler unserer Zeit.“

Drinnen posierte der Präsident vor der Presse: „Wir stehen mitten in D.C. – eine der unsichersten Städte des Landes. Jetzt ist sie so sicher wie jede andere.“ Draußen prallte diese Botschaft an Sprechchören ab. Trump war nicht allein. Mit am Tisch: Vizepräsident JD Vance, Außenminister Marco Rubio, Verteidigungsminister Pete Hegseth und weitere Spitzen aus dem West Wing. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, lieferte das Begleitprogramm: Krabben, Garnelen, Salat, Steak, Dessert – „phänomenales Essen, fantastischer Service“. Genau diese Normalität wollte die Administration bebildern: eine Stadt, die wieder ausgeht, ein Präsident, der „unter die Leute“ geht. Der Kontext: Trump ließ vor wenigen Wochen die Nationalgarde nach Washington entsenden – offiziell, um die Kriminalität zu drücken. Das Weiße Haus verweist seitdem auf eine hohe Zahl von Festnahmen und präsentiert die Aktion als Wende. Zugleich verweisen Kritiker darauf, dass die Kriminalität bereits zuvor rückläufig war, ein erheblicher Teil der Festnahmen mindere Delikte betrifft und die Bundesanwaltschaft in Washington etliche Verfahren herunterstufen oder mangels Anklage zurückziehen musste. Zwischen Statistik und Lebenswirklichkeit klafft spürbar eine Lücke.

Der Abend wurde zum Brennglas für diese Kluft. Für Trump sollte es ein „Victory Lap“ sein – ein kurzer, selbstbewusster Auftritt außerhalb der streng kontrollierten Räume des Weißen Hauses, wie er sie zuletzt häufiger wagt: Am Sonntag US-Open in New York, am Donnerstag der geplante Besuch bei den Yankees am Jahrestag des 11. September. Doch Washington ist nicht Florida, nicht Bedminster und nicht Mar-a-Lago. In der Hauptstadt, in der er stets unpopulär war, ist Nähe zur Stadt gleich Nähe zum Widerspruch. Symbolisch geladen war auch der Ort. Joe’s, ein Klassiker mit weißer Tischwäsche, steht für jene Normalität, die Trump reklamieren will: volle Tische, sichere Straßen, „die Stadt gehört wieder den Gästen“. Doch Normalität lässt sich nicht dekretieren. Wer Sicherheit behauptet, muss den Test der Öffentlichkeit bestehen – und die Öffentlichkeit antwortete an diesem Abend laut.

Politisch markiert der Auftritt die Linie dieser Präsidentschaft: Sichtbarkeit, Härte, Durchgriff. Der Einsatz der Nationalgarde, das Ausrufen eines Kriminalitätsnotstands, das aggressive Zahlen-Storytelling – all das soll den Eindruck erwecken, Washington sei unter Bundesaufsicht zur Musterschülerin geworden. Die Proteste vor dem Restaurant zeigten jedoch eine Gegenwirklichkeit: eine Stadt, die sich nicht auf Kulisse reduzieren lässt, und eine Bürgerschaft, die Regierungsnarrative nicht widerspruchslos übernimmt. Am Ende bleibt von diesem Abend ein Doppelbild: drinnen das sorgfältig arrangierte Tableau von Führung, Ordnung, Service; draußen der Chor, der all das anfechtet. Trump wollte mit einem kurzen Weg demonstrieren, wie weit die Hauptstadt unter seiner Regie gekommen ist. Die Reaktionen vor der Tür machten sichtbar, wie weit der Weg zur Einlösung dieses Versprechens noch ist.praktisch verbrechensfrei“ auf „Trump ist Hitler“ prallt. Washington, diese merkwürdige Hauptstadt ohne Staat, diese ewige Bühne, hat an diesem Dienstagabend ihr Urteil gesprochen. Laut, deutlich, unüberhörbar.

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Lea Ofrafiki
Lea Ofrafiki
1 Monat zuvor

Sehr gut, diese Reaktion der Washingtoner Bürger

Ela Gatto
Ela Gatto
1 Monat zuvor

Das man gegen Trump demonstriert ist gut.
Es hätten alle „normalen“ Gestern aufstehen und das Lokal verlassen sollen.
Das wäre ein Statement gewesen.

Ob die Demonstranten der Sache einen guten Duenst erwiesen haben indem sie „Free Palestine“ skandierten und die Palästinensische Flagge zeigen?

Wasser auf Trumps Propagandamaschinerie.
Es sind noch „zu viele linke Irre und Antisemiten“ in der Stadt. Daher muss die Nationalgarde bleiben.
MAGA nehmen das auch schon überall auf und posten.

Trump war in seiner Eitelkeit verletzt.
Und wir alle wissen, wie er dann reagiert.

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