Stellen Sie sich vor, Sie sind Josh und Dewey Enlow. Jeden Morgen stehen Sie auf Ihrer Auktionsfläche in Oklahoma, umgeben von einem Meer grüner Riesen – John-Deere-Traktoren, so weit das Auge reicht. Früher kamen hier die Schnäppchenjäger, die kleinen Farmer, die sich einen gebrauchten Traktor leisten wollten. Heute? Heute parken die Trucks der Großfarmer vor Ihrer Tür, Männer, die früher nur fabrikneue Maschinen kauften. Sie durchkämmen Ihre Bestände wie Archäologen, die nach bezahlbaren Alternativen suchen. Der Grund ist brutal einfach: Die Preise für neue John-Deere-Maschinen sind seit 2017 um mindestens 60 Prozent explodiert, manche Modelle kosten eine Viertelmillion Dollar mehr als vor acht Jahren. Das ist keine Preissteigerung mehr, das ist ökonomischer Wahnsinn.


Die Zahlen, die unserer unabhängigen Recherchen zutage förderten, lesen sich wie ein Wirtschaftsthriller: John Deere, dieser 187 Jahre alte Gigant mit über 30.000 US-Mitarbeitern und 60 amerikanischen Werken, meldete einen Gewinneinbruch von 29 Prozent. Für 2025 kalkuliert der Konzern mit mehr als 600 Millionen Dollar Zusatzkosten – allein durch Trumps Zölle auf Stahl und Aluminium. 238 Arbeiter in Illinois und Iowa haben bereits ihre Kündigungen erhalten, über 2.000 Stellen wurden seit 2024 gestrichen. Die Lager quellen über mit unverkauften Maschinen, während draußen auf den Feldern die alten Traktoren röcheln und qualmen, weil sich niemand neue leisten kann. Was sich auf Amerikas Äckern abspielt, ist eine Tragödie in Echtzeit. Die Corn-Preise sind um 50 Prozent gefallen seit 2022, Sojabohnen minus 40 Prozent. Das US-Landwirtschaftsministerium – keine linke Denkfabrik, sondern Trumps eigene Behörde – rechnet vor: 3,4 Milliarden Dollar Verlust allein beim Soja in diesem Jahr. Der Brief von Caleb Ragland, Präsident der American Soybean Association, an Trump, der uns vorliegt, vom 19. August 2025 liest sich wie ein Notruf: „Die US-Sojabohnenfarmer stehen an einem handelspolitischen und finanziellen Abgrund.“ China kauft 61 Prozent der weltweiten Sojaernte, aber nicht mehr aus Amerika. Warum? Weil US-Soja mit 20 Prozent höheren Zöllen belegt ist als Soja aus Südamerika. Ragland schreibt verzweifelt: „US-Sojabohnen unterliegen derzeit einem 20 % höheren Zoll als Sojabohnen aus Südamerika – aufgrund der chinesischen Vergeltungszölle.“ Die Brasilianer haben seit dem letzten Handelskrieg ihre Produktion massiv ausgebaut – während Amerika sich selbst erdrosselt.

Wirtschaftsexperten vom Cato Institute haben einen Begriff geprägt, der die Lage perfekt beschreibt: „pen-stroke risk“ – das Risiko, dass ein einziger Federstrich in Washington die gesamte Lebensplanung zunichtemacht. Ein Farmer in Iowa hat eine Million Dollar Kredit für einen neuen Mähdrescher aufgenommen, kalkuliert mit Sojapreisen von 12 Dollar pro Bushel. Dann verhängt Trump neue Zölle, China antwortet mit Gegenzöllen, und plötzlich liegt der Preis bei 8 Dollar. Die Kalkulation? Makulatur. Der Kredit? Unbedienbar. Die Farm? Geschichte. Die Farmer in den entscheidenden Agrarstaaten haben Trump mit überwältigender Mehrheit gewählt. Sie glaubten ihm, als er sagte, er würde China in die Knie zwingen. Nun knien sie selbst – vor ihren Bankberatern, vor den Inkassobüros, vor dem Nichts. Ragland formuliert es in seinem Brief diplomatisch, aber bestimmt: „Herr Präsident, Sie haben die Farmer stets stark unterstützt, und die Farmer haben Sie stark unterstützt. Wir brauchen Ihre Hilfe.“
Die Analystin Kristen Owen von Oppenheimer versucht, Hoffnung zu verbreiten, spricht von einer möglichen Erholung 2026 durch neue Steuervorteile. Aber 2026 ist für viele Farmer wie das Versprechen von Wasser in der Wüste – man verdurstet vorher. Die Chicago Mercantile Exchange, dieser Tempel des Agrarhandels, gleicht mittlerweile einer Intensivstation. Die Futures-Kurse für Weizen, Mais und Soja bewegen sich wie die EKG-Kurven eines Patienten auf der Intensivstation – mal ein Zucken nach oben, dann wieder der freie Fall.

Die wahre Explosion trifft uns alle. AGCO, der Mutterkonzern von Fendt und Massey Ferguson, hängt mit 35 Prozent seiner US-Verkäufe von europäischen Komponenten ab. Jedes Getriebe aus Bayern, jede Hydraulik aus dem Ruhrgebiet wird durch die Zölle zum Verlustgeschäft. Der Konzern prüft bereits Produktionsverlagerungen – weg aus Europa, hin zu anderen Standorten. Das bedeutet: Deutsche Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, weil ein amerikanischer Präsident Handelskriege für „good and easy to win“ hält.
Der deutsche Kollateralschaden – wenn die Schockwelle über den Atlantik schwappt
Unsere Analysen zeigen das Ausmaß: Die Bundesbank warnt vor einem um 1,5 Prozentpunkte niedrigeren BIP-Wachstum bis 2027. Das sind etwa 60 Milliarden Euro, die fehlen werden. Geld für Infrastruktur, Bildung, Gesundheitswesen – verpufft in einem Handelskrieg. Das ifo-Institut hat die Bundesländer durchgerechnet: Saarland mit seiner Stahlindustrie, Niedersachsen mit seiner Automobilindustrie, Baden-Württemberg mit seinen Premium-Herstellern – alle massiv betroffen. Diese Regionen hängen am US-Export wie ein Patient am Tropf. Deutschland erzielte 2024 ein Handelsplus von 65 Milliarden Euro mit den USA. Für Trump ist das ein rotes Tuch. Er sieht nur die Zahl, nicht die Verflechtung dahinter. Jeder BMW, der in Spartanburg vom Band läuft, enthält Teile aus deutschen Werken. Jede Siemens-Turbine in Texas wurde in Deutschland entwickelt. Jeder John-Deere-Traktor nutzt Komponenten von deutschen Zulieferern wie Schaeffler oder Bosch. Das ist keine Einbahnstraße, das ist ein hochkomplexer Kreislauf globaler Wertschöpfung. Die Hafenstädte Hamburg und Bremen, spüren die Verwerfungen bereits. Das Institut IMK rechnet vor: Bei 30-prozentigen Zöllen verliert Deutschland 2025 und 2026 jeweils 0,25 Prozentpunkte Wirtschaftswachstum. In Euro: etwa 10 Milliarden pro Jahr. Das sind reale Verluste – Investitionen, die nicht getätigt werden, Arbeitsplätze, die nicht entstehen, Innovationen, die ausbleiben.

Die mindestens 600 Millionen Dollar, die John Deere 2025 allein für Zölle ausgeben muss, sind nur die Spitze des Eisbergs. Darunter liegt ein ganzes Ökosystem: Zulieferer verlieren Aufträge, Spediteure müssen Kapazitäten abbauen, Banken sitzen auf Krediten, die nicht mehr bedient werden können. Es ist eine Kettenreaktion der Zerstörung. John Deere selbst formuliert es in seinen Quartalsberichten nüchtern: Die Zölle seien eine „erhebliche Belastung“ für das operative Geschäft. Hinter dieser Formulierung verbergen sich menschliche Schicksale – die 238 Entlassenen in Illinois und Iowa, die Händler mit vollen Lagern, die Farmer, die ihre Investitionen nicht mehr stemmen können.
Trump hatte versprochen, die amerikanische Industrie zu retten. Stattdessen demontiert er sie Stück für Stück. Die Farmer, seine treuesten Wähler, stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. Raglands Brief endet mit einem verzweifelten Appell: „Soybean farmers are under extreme financial stress.“ Er fügt hinzu, dass die Farmer einen langanhaltenden Handelsstreit mit ihrem größten Kunden – China – nicht überleben können. John Deere, seit 1837 Symbol amerikanischer Ingenieurskunst, wird zum warnendes Zeichen einer gescheiterten Politik. Und in Deutschland? Sie zahlen mit – für einen Krieg, den niemand gewinnen kann. Die grünen Traktoren auf den Auktionsplätzen der Enlows in Oklahoma sind stumme Zeugen dieser Zeitenwende – Mahnmale einer Ära, in der ökonomische Vernunft dem politischen Populismus geopfert wurde.
Wenn Sie das nächste Mal einen John-Deere-Traktor sehen, denken Sie daran: Das ist nicht nur eine Maschine. Das ist ein Symbol für die Zerbrechlichkeit globaler Lieferketten, ein grün lackierter Beweis dafür, was passiert, wenn Politik die Ökonomie ignoriert. Von Iowa bis Ingolstadt, von Peking bis Berlin – wir alle zahlen den Preis für diese Torheit.
Investigativer Journalismus braucht Mut, Haltung und auch Deine Unterstützung.
Hinter jedem Artikel – besonders hinter unseren aufwendigen Dokumentationen – steckt ein hoher journalistischer und finanzieller Einsatz. Wir möchten uns nicht über Bezahlschranken finanzieren, sondern durch Ihre freiwillige Unterstützung. Wie oft und in welcher Höhe Sie beitragen, entscheiden allein Sie – einmalig oder regelmäßig.

Geliefert, wie bestellt! Nur leider das Kleingedruckte nicht gelesen. In diesem Fall wäre es das Project 2025, bei uns das AfD-Parteiprogramm.
Aber wenn die Wählerschaft nur zuhört und nicht liest, kommt es zu so etwas. ☹️
Die Farmer haben ihn gewählt.
Obwohl schon in seiner ersten Amtszeit klar war, dass er nur auf die Stimmen aus war.
Hilfe? Hilf Dir doch selber —das ist Trumps Motto.
Loyalität ist für ihn eine Einbahnstrasse.
Und MAGA steht trotz all dieser Existenzprobleme hinter ihm.
Betet, statt zu handeln.
Wenn nicht auch in Europa so viel dran hängen würde, könnte man wirklich einfach sagen „wie gewählt, so geliefert“
Aber in Europa hat ihn Keiner gewählt. Wir zahlen aber den Preis mit.
Die Farmer werden vald alles verlieren und reichen Investoren werden das Land zu einem Spottpreis kaufen.
So wird die Grundversorgung Schritt für Schritt in die Hände der Techno-Kraten gelegt.
Wer weiß, was beim Dinner so alles gesprochen wurde.
Nur ohne den in Ungnade gefallenen Musk.
Was plant der? Es ist verdächtig still um ihn.