Es ist ein stiller Aufstand, der derzeit in den Kathedralen Amerikas beginnt – und doch könnte er lauter sein als jeder Straßenprotest. Denn wenn selbst die US-amerikanischen Bischöfe öffentlich gegen die Politik des Präsidenten Stellung beziehen, dann ist etwas aus dem Gleichgewicht geraten, das tief in den moralischen Grundfesten dieser Republik verankert sein sollte.
Die US-Bischofskonferenz (USCCB) – keine radikale Vereinigung, keine linke NGO, sondern die institutionalisierte Stimme der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten – hat Donald Trumps Regierung scharf kritisiert. Der Grund: Ein internes CBP-Memo vom 5. Mai 2025, das gleich vier Schutzrichtlinien für schwangere Migrantinnen aufhob. Darunter ein Erlass aus dem Jahr 2022, der unter anderem medizinische Untersuchungen und Rückzugsräume für stillende Mütter vorsah. Mit einem Federstrich getilgt – kommentarlos, schamlos.
„Es ist zutiefst beunruhigend und nicht zu entschuldigen“, sagte Bischof Mark J. Seitz aus El Paso. Und weiter: „Der Schutz schwangerer Mütter und ihrer Kinder darf niemals als ‚veraltet‘ gelten.“
Doch genau das geschieht. Während sich die Administration rhetorisch auf den Schutz der Familie beruft, baut sie gleichzeitig die Inhaftierungskapazitäten für ebenjene Familien aus – bevorzugt in heruntergekommenen Privatgefängnissen mit schlechter medizinischer Versorgung. Die Bischöfe sprechen von Alternativen, von Würde, von Gott. Die Regierung spricht von Effizienz, Abschreckung – und vom vollen Zugriff auf Körper, Akten, Bewegungen. Ein zynischer Tausch: Menschlichkeit gegen Machbarkeit.
Dass dieser Konflikt nicht bloß ein innerkirchlicher Zwist ist, zeigt der Kontext. In einer Welt, in der „pro-life“ allzu oft als Kampfbegriff gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frau verwendet wird, erinnert die USCCB nun ausgerechnet die Trump-Regierung daran, dass das Leben nach der Geburt genauso schützenswert ist wie davor – besonders dann, wenn es arm, schwach und staatenlos ist.
Bischof Seitz nennt es beim Namen: „Jeder Mensch besitzt eine unantastbare, gottgegebene Würde.“ Es ist ein Satz, der in Trumps Amerika wie ein Angriff wirkt. Dabei ist es bloß das Echo eines alten moralischen Imperativs, den viele längst vergessen haben.
Diese Auseinandersetzung ist mehr als ein theologischer Disput. Sie ist ein Symbol dafür, wie tief die Entfremdung zwischen Glauben und Macht geworden ist. Und sie erinnert daran, dass es manchmal die leisen Stimmen sind – aus Kirchenbänken und Bischofshäusern –, die das Gewissen der Nation wachrütteln.
Denn eine Regierung, die schwangeren Frauen das Wasser verweigert, aber sich selbst als Retter des Lebens inszeniert, hat nicht nur jedes moralische Maß verloren. Sie hat ihre Seele verkauft.