Trump, die 600.000 Studenten – und der Krieg in der eigenen Bewegung

VonRainer Hofmann

August 27, 2025

Es war ein Satz, dahingesprochen im Oval Office, der eine tektonische Verschiebung im Trump-Lager ausgelöst hat. Donald Trump verkündete, 600.000 chinesische Studenten sollten künftig in den USA willkommen sein. Für Universitäten eine Überlebensfrage, für Trump ein vermeintlich ökonomischer Schachzug – für seine treueste Gefolgschaft jedoch ein Verrat, der kaum schwerer wiegen könnte.

Marjorie Taylor Greene

Die Reaktionen sind heftig. Marjorie Taylor Greene erklärte, wenn Universitäten nur mit chinesischen Studenten überleben könnten, „dann sollen sie eben untergehen“. Steve Bannon forderte gar einen vollständigen Stopp für alle ausländischen Studenten. Und Laura Loomer, die vielleicht radikalste Stimme der Bewegung, ließ die rhetorische Abrissbirne schwingen: „Niemand, ich wiederhole niemand, will 600.000 chinesische ‚Studenten‘, also kommunistische Spione, in den Vereinigten Staaten.“ Für Loomer ist die Sache klar: Trump öffnet das Tor für den Feind, den sie seit Jahren zur Bedrohung stilisiert.

Ihre Worte sind Gift für den Präsidenten. In weiteren Posts spricht sie davon, dass China „1,2 Millionen Amerikaner ermordet“ habe – eine Anspielung auf die Corona-Toten – und dass Trump nun deren „Ersatz“ importiere. „Das kann nicht passieren“, schreibt sie. In einem zweiten Angriff rechnet sie vor: Wer 1.000 Migranten am Tag abschiebe, aber gleichzeitig 600.000 „Spione“ ins Land lasse, könne nicht von Massenabschiebungen reden. Damit stellt sie nicht nur Trumps Politik, sondern den Kern seiner Kampagne infrage: die Erzählung von kompromissloser Härte an den Grenzen.

Doch Loomer belässt es nicht bei den Studenten. In einer wütenden Tirade im „War Room“ fabuliert sie von der „Islamifizierung des US-Außenministeriums“, von Mitarbeitern, die heimlich Visa für Palästinenser ausstellten, von Organisationen, die nach dem 6. Januar gegründet wurden, um Trump zu sabotieren. Für sie ist der Feind nicht nur außen, sondern längst in den eigenen Reihen. Und wenn sie davon spricht, Trump müsse endlich alle „Kommunisten, Islamisten und Biden-Holdovers“ entlassen, dann ist das mehr als ein Nebensatz. Es ist ein Frontalangriff auf die Glaubwürdigkeit einer Regierung, die sich gerne als uneingeschränkt loyal darstellt.

Donald Trump und Laura Loomer

Auch andere Stimmen aus der Bewegung mischen sich ein. Laura Ingraham, Trump-Vertraute und TV-Host auf Fox, fauchte, dass diese 600.000 Plätze „amerikanischen Kindern weggenommen“ würden. Auf One America News Network wurde die Frage gestellt, ob Trump „den Einfluss der KPCh in die Klassenzimmer importieren“ wolle. In den Talkradios des Landes tönten Anrufer, die sich betrogen fühlten: „Wir haben ihn gewählt, um die Grenzen zu schließen, nicht um sie für Spione zu öffnen.“

Steve Bannon und Laura Loomer

Gleichzeitig versucht Steve Bannon, das Feuer zu dämpfen. Auf GETTR sprach er von „Fake News“, wenn von einem offenen Bruch zwischen Loomer und Trump die Rede sei. Doch allein, dass er beschwichtigen muss, zeigt, wie tief der Riss bereits geht. Denn während Bannon Loyalität schwört, trommelt Loomer auf allen Kanälen gegen die Entscheidung – und bringt selbst Greene wieder auf ihre Seite.

Besonders brisant: Loomer hat seit Monaten direkten Zugang zum Präsidenten. Sie brüstet sich damit, unliebsame Beamte durch ihre Recherchen zu Fall gebracht zu haben. Von „Trumps Rasputin“ war die Rede, als sie mit ihren Dossiers den National Security Council, die FDA und andere Behörden ins Wanken brachte. Trump selbst lobte sie noch vor kurzem als „Patriotin“. Nun aber stellt sich heraus: genau diese Patriotismus-Rhetorik wird zur Waffe gegen ihn eingesetzt.

Damit stellt sich die Frage, die über allem steht: Kommt es zum Krieg zwischen Trump und Laura Loomer? Die Zutaten sind vorhanden. Auf der einen Seite ein Präsident, der pragmatisch agiert, der Universitäten retten will, der Beziehungen zu Xi Jinping nicht völlig zerreißen darf. Auf der anderen Seite eine Aktivistin, die als Sprachrohr der extremsten Trump-Anhänger fungiert und Millionen Menschen erreicht. Loomer bindet die Wut an sich – und ihre Angriffe treffen den Nerv einer Bewegung, die jede Abweichung als Verrat empfindet. Dass Trump nun beschwichtigt und erklärt, man werde „genau prüfen, wer da ist“, wirkt wie eine hilflose Schadensbegrenzung. Doch die Saat des Misstrauens ist gelegt. Im digitalen Untergrund, dort, wo sich die Bewegung radikalisiert hat, kursieren längst die Schlagzeilen: Trump lässt 600.000 Spione ins Land. Trump verrät die Nation. Trump opfert Amerika für China.

Es ist bezeichnend, dass dieser Sturm nicht von liberalen Gegnern entfacht wurde, sondern von den eigenen Reihen. Laura Loomer spricht aus, was viele im Kern der Bewegung denken – und sie tut es mit einer Schärfe, die Trump nicht einfach ignorieren kann. Zwischen beiden baut sich ein Konflikt auf, der nicht nur persönliche Feindschaft bedeutet, sondern das ideologische Fundament von „Make America Great Again“ zerreißen könnte. Die entscheidende Frage lautet nicht, ob Loomer überzieht. Sie lautet, ob Trumps Basis sich gegen ihn wendet, wenn er ihre Dogmen verletzt. 600.000 Studenten sind nicht einfach eine Zahl – sie sind der Testfall, ob der Präsident seine Bewegung noch kontrolliert. Und wenn Laura Loomer weiter so laut trommelt, dann könnte aus einem Nebensatz im Oval Office der Krieg werden, den Trump am wenigsten gebrauchen kann: der Krieg gegen seine eigene Bewegung.

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Ela Gatto
Ela Gatto
2 Monate zuvor

Es ist schon absurd, vollkommen absurd.
Erst werden zig tausende Visa von Studenten widerrufen.
Viele Studenten konnten ihr Studium nicht beenden.
Zig Studenten mit Stipendien wurde das Studentenvisum im Vorfeld entzogen.
Universitäten sollten und mussten sich der Abschaffung DEI beugen und den angeblich ausufernden Antisemitismus bekämpfen.

Und dann heißt es auf einmal 600.000 Studenten aus Cina sind willkommen?
Kurz nachdem Loomer boch gezielt hat, man soll XI Tochter das Studentenvisum entziehen.
Das das bei MAGA nicht gut ankommen ist klar.
Fragt sich nur, wie weit die Empörung geht.

Der nächste Schritt ist dann wohl Studenten aus Russland und Nord Korea willkommen zu heißen?

Lächerlich ist die Aussage, sie würden amerikanischen Kindern die Studienplätze weg nehmen.
Mangelnde Bildung (die jetzt boch verschärft wird)und mangelnde Finanzierung des Studiums führen die Aussage ins Absurde.

Ela Gatto
Ela Gatto
2 Monate zuvor

Da mutet die Schlagzeile bei ntv, von heute, noch absurder an:
Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump plant deutliche Einschränkungen bei Visa für ausländische Studierende und Journalisten. Studentenvisa sollen nur noch maximal vier Jahre gültig sein, Journalisten müssten ihr Visum alle acht Monate verlängern, chinesische Reporter alle 90 Tage.



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