Der Intel-Deal – ein milliardenschweres Täuschungsmanöver

VonAlan Gallardo

August 24, 2025

Donald Trump inszeniert sich gern als genialer Dealmaker. Am 22. August 2025 erklärte er triumphierend, die Vereinigten Staaten hätten nun „zehn Prozent von Intel kostenlos erhalten“ – eine Beteiligung, die er in den höchsten Tönen als historischen Sieg für Amerika pries. Doch wie so oft entpuppt sich die Wahrheit hinter Trumps Worten als eine andere: Statt eines „geschenkten“ Milliardendeals handelt es sich um eine Investition von knapp 8,9 Milliarden US-Dollar, finanziert durch Steuergelder und staatliche Förderprogramme. Tatsächlich bestätigt Intel selbst in seiner Pressemitteilung, dass die US-Regierung einen 9,9-Prozent-Anteil an dem Konzern erworben hat. Bezahlt wurde dies nicht aus einem vermeintlichen „Nullsummenspiel“, sondern durch Gelder, die längst im Bundeshaushalt gebunden waren: rund 5,7 Milliarden US-Dollar aus dem CHIPS Act von 2022, ergänzt durch 3,2 Milliarden US-Dollar aus dem Secure Enclave Program. Trump stellt es als Geschenk dar – in Wahrheit war es eine Umleitung von Subventionen, die bereits bewilligt waren, um die US-Halbleiterproduktion zu stärken.

Warum also dieser Schritt? Intel steckt seit Jahren in einer tiefen Krise: Der einstige Branchenführer hat Marktanteile an TSMC, Samsung und andere Wettbewerber verloren. Produktionsprobleme, Verzögerungen bei neuen Chip-Generationen und ein angeschlagenes Vertrauen bei Investoren haben das Unternehmen in eine schwierige Lage gebracht. Für die US-Regierung bedeutet ein geschwächtes Intel jedoch nicht nur ein ökonomisches, sondern vor allem ein geopolitisches Risiko. Die Abhängigkeit von Taiwan, wo der Großteil modernster Chips gefertigt wird, gilt angesichts der Spannungen mit China als strategische Achillesferse. Mit dem Einstieg will Washington sicherstellen, dass ein amerikanischer Champion im Chip-Sektor nicht ins Abseits gerät. Doch die Art und Weise des Deals ist ungewöhnlich und birgt Risiken. Juristen wie Brian Quinn von der Boston College Law School kritisieren, dass der Staat Stammaktien (common stock) erworben hat – anstatt Vorzugsaktien (preferred stock), die vorrangige Dividenden oder Rückzahlungsrechte gewähren würden. So hält die US-Regierung zwar knapp 10 % am Unternehmen, besitzt aber keinen Sitz im Vorstand und keine besonderen Governance- oder Informationsrechte; formal verfügt sie als Inhaberin von Stammaktien über Stimmrechte, hat sich jedoch per Vereinbarung verpflichtet, diese im Sinne des Managements auszuüben und damit auf ihr Stimmrecht verzichten. Mit anderen Worten: Amerika zahlt Milliarden, trägt das Risiko – und erhält einen passiven Anteil mit nur minimaler faktischer Einflussnahme, dessen Wert von Intels Erfolg oder Scheitern abhängt.

“Es ist mir eine große Ehre zu berichten, dass die Vereinigten Staaten von Amerika nun 10 % von INTEL vollständig besitzen und kontrollieren, ein großartiges amerikanisches Unternehmen mit einer noch unglaublicheren Zukunft. Ich habe diesen Deal mit Lip‑Bu Tan, dem hochgeschätzten CEO des Unternehmens, ausgehandelt. Die USA haben nichts für diese Aktien bezahlt, und die Aktien sind jetzt mit ungefähr 11 Milliarden Dollar bewertet. Das ist ein großartiger Deal für Amerika und auch ein großartiger Deal für INTEL. Halbleiter und Chips der Spitzenklasse zu bauen, genau das macht INTEL – das ist fundamental für die Zukunft unserer Nation. MAKE AMERICA GREAT AGAIN! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit.“

Trump verschweigt diesen Umstand. Stattdessen brüstet er sich damit, „zehn Prozent einfach herausverhandelt“ zu haben – eine Darstellung, die ebenso irreführend wie gefährlich ist. Denn sie verdeckt, dass es die Steuerzahler sind, die hier für ein Unternehmen bürgen, das über Jahre hinweg eigene Managementfehler angehäuft hat. Während Trump also von einem „geschenkten Milliardendeal“ spricht, bindet er öffentliche Gelder in eine riskante Wette auf die Zukunft eines Konzerns, der sich erst noch beweisen muss. Die Motive hinter dem Schritt sind nachvollziehbar: Halbleiter sind das Rückgrat der modernen Wirtschaft, vom Smartphone über das Auto bis hin zu Waffensystemen. Wer Chips kontrolliert, kontrolliert die technologische Zukunft. Dass die USA in diesem strategischen Feld nicht China oder Taiwan das Feld überlassen wollen, ist rational. Aber die Form des Einstiegs, die Intransparenz der Abmachung und die politischen Überhöhungen durch Trump werfen Fragen auf, die sich nicht mit patriotischen Schlagworten zudecken lassen. Die Risiken sind erheblich. Sollte Intel weiterhin Probleme haben, seine technologische Führungsrolle zurückzuerlangen, verliert nicht nur ein Unternehmen an Wert – sondern auch der amerikanische Steuerzahler Milliarden. Zudem öffnet der Einstieg die Tür für eine neue Form staatlicher Industriepolitik, in der Unternehmen auf politische Deals hoffen, anstatt sich am Markt zu behaupten. Trump selbst bleibt seiner Linie treu: Er verkauft einen kostspieligen, riskanten Eingriff in den Markt als persönlichen Triumph, als ob er der Nation „etwas geschenkt“ hätte. In Wahrheit ist es ein weiteres Beispiel für die Kluft zwischen seiner Rhetorik und der Realität. Der Intel-Deal mag notwendig gewesen sein, um eine zentrale Industrie zu stützen. Doch die Art und Weise, wie er zustande kam und wie er präsentiert wird, zeigt einmal mehr: Trump lügt, wenn er behauptet, die USA hätten „nichts dafür bezahlt“. Bezahlt wurde – und zwar teuer.

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Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Staatliche Industriepolitik …. das ist doch das, was Trump immer und gebetsmühlenartig als „sozialistisch, linker Wahnsinn und Einmischung des Staates“ verurteilt hat.

Interessant (Ironie), dass Staatshilfen (die transparent erfolgen) nur dann links sind, wenn sie durch die Demokraten erfolgen.

Macht er solch intransparente Aktionen (natürlich intransparent, sonst würde MAGA sehen, dass ihre Steuergelder dafür verwendet werden, was für MAGA ein no-go ist), ist das natürlich ein großartiger Deal, der großartigste Deal der jemals geschlossen wird.
MAGA ist dumm und jubelt.

Rainer Hofmann
Administrator
3 Monate zuvor
Antwort auf  Ela Gatto

…die sind an dummheit nicht zu übertreffen

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