Am Montagmorgen wird Washington nicht erwachen, sondern neu arrangiert. An mehreren Plätzen hängen Schilder: „Generalreinigung ab 10 Uhr“. Eine harmlose Floskel der Stadtreinigung – so klingt es. Doch in den vergangenen Tagen hat die Hauptstadt gelernt, dass diese Worte mehr bedeuten können als Besen, Schaufeln und Müllwagen. Dann wird wieder jemand seinen Rucksack schnüren, wird ein Bagger den Boden abziehen, und eine Abteilung für „Schönheit“ wird Bilder produzieren, die in den Strom offizieller Erfolgsmeldungen eingespeist werden. Eine Inszenierung von Ordnung, in der jeder Handgriff Teil einer größeren Regie ist.

Solche Inszenierungen sind alt. Sie funktionieren, weil sie gleichzeitig banal und brutal sind. Das Regime im Dritten Reich verstand diese Methode meisterhaft: Straßenfeger und SA-Männer, Kameras und Schlagzeilen – die „Säuberung“ wurde als öffentliches Ereignis inszeniert, das angeblich dem Allgemeinwohl diente, tatsächlich aber politische und soziale Kontrolle manifestierte. Heute sind es keine Braunhemden, sondern Humvees vor Union Station und Nationalgardisten an den Eingängen. Und es ist nicht Göring, der die Anordnungen unterzeichnet, sondern Pam Bondi, Justizministerin im Dienst eines Präsidenten, der die Notstandslogik zur Regierungsform erhebt.
Bondi ist nicht die Person im Tarnanzug, die am Checkpoint steht. Sie ist die Feder, die den Rahmen verschiebt, bis lokales Recht nicht mehr gilt. Ihre Verfügung, den DEA-Chef zum „Notfall-Polizeikommissar“ von Washington zu ernennen, ist die juristische Klammer, die die Kulisse hält. Unter ihrem Strich wird aus einem kommunalen Polizeikörper ein Instrument der Bundesregierung. Die „Generalreinigung“ ist dabei nur das sichtbarste, alltäglichste Glied in einer Kette von Maßnahmen, die Sicherheit zur Kulisse, Recht zur Elastik und den Ausnahmezustand zur Methode machen.

Die Metapher der Reinigung hat in der politischen Geschichte eine unheilvolle Karriere. Sie klingt nach Hygiene und Neubeginn, verschleiert aber den Zwang, der dahintersteht. Im autoritären Kontext wird sie zur semantischen Tarnkappe für das Entfernen Unerwünschter – seien es politische Gegner, Minderheiten oder, wie jetzt in Washington, die sichtbar Armen. In diesem Washington werden Zelte zu „Abfall“, Menschen zu „Störfaktoren“ im Stadtbild, und der Bagger zur Schlussfolgerung einer Politik, die Konflikte nicht verhandelt, sondern wegschiebt.
Dieses Washington ist nicht im Krieg. Aber es lebt für einen langen Abend im Modus einer Besatzung – nicht mit Panzern und Barrikaden, sondern mit juristischen Verfügungen, die so nüchtern daherkommen wie eine Verwaltungsakte. Bondis Unterschrift ersetzt den Willen einer Stadtregierung, und die Schilder mit der Uhrzeit der „Reinigung“ markieren nicht nur öffentliche Flächen, sondern auch das Territorium der Selbstverwaltung, das hier neu bemessen wird. Wer an diesem Montag um 10 Uhr in Washington unterwegs ist, wird vielleicht nur sehen, wie ein Müllwagen anrollt. Doch im Schatten dieser Routine läuft ein anderes Programm: Die demonstrative Entmachtung einer Stadt durch ihre eigene Regierung. Und das, so lehrt uns die Geschichte, ist gefährlicher als jede kurzfristige Unruhe. Denn es etabliert eine neue Normalität, in der der Abstand zwischen Ordnung und Überordnung nur noch einen Federstrich entfernt ist – und eine Justizministerin, die bereit ist, ihn zu setzen.
Unterdessen ist Trump auf dem Weg nach Alaska – als selbsternannter Friedensstifter. Einmal kräftig gelacht. Und dann kehrt er zurück nach Washington, wo das eigentliche Trauerspiel wartet: das Weiße Haus, ein Gebäude, das dringend eine umfassende Grundreinigung bräuchte – mit allem Drum und Dran.
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Das WH braucht dringend richtig gute Schädlingsbekämpfer.
Wie sehr das Recht verschoben ist, sueht man so deutlich.
Vor einem Jahr waren Zelte Eigentum, die nicht einfach zerstört werden durften.
Zelte durften nicht ohne Durchsuchungsbeschluss durchsucht werden, weil es als Privatraum galt. (Ich gatte eine Doku über NY und die Proteste an den Unis gesehen).
Jetzt?
Einfach plattgewalzt.
Eigentum eines ohnehin schon armen Menschen.
Der hat jetzt noch weniger.
Unterkunft in einem Shelter, da lächerlich ich mal laut. Das hat in der Vergangenheit schon nicht geklappt.
Zu wenig Plätze, oft unhygienisch mit Hitler.
Und ja auch Regeln. Kein Alkohol, keine Drogen.
Trump wird es als „ich habe die Hauptstadt sicherer gemacht, so sicher, war sie nie. Sie war nie schöner seitdem ich mich kümmere“
MAGA jubelt.
Die nächste Städte kommen bestimmt.
Sanctuary cities stehen ganz oben auf der Liste.