Über Jahre hinweg haben sich Teile der republikanischen Basis unter Donald Trump in ein eigenes Universum aus Gerüchten, Übertreibungen und Verschwörungsmythen begeben. Dort galten absurde Geschichten wie Pizzagate, angebliche Massenabtreibungen nach der Geburt oder wilde Gerüchte über Haitianer, die in den USA Haustiere essen, als unumstößliche Wahrheiten. Gleichzeitig werden ernsthafte Fragen zur Vergangenheit von Präsident Trump und seinen Verbindungen zu Jeffrey Epstein abgewiegelt, als seien sie ungebührliche Übertreibungen. Es ist ein doppelter Maßstab, der nicht nur aufzeigt, wie Desinformation politisch genutzt wird, sondern auch, wie gefährlich selektives Misstrauen für die Demokratie geworden ist.

Die Pizzagate-Lüge ist das Paradebeispiel für die Bereitschaft der MAGA-Bewegung, Unsinn zu glauben, wenn er politisch ins Bild passt. 2016 verbreiteten rechte Blogs und Twitter-Accounts die Behauptung, Hillary Clinton leite in einem Washingtoner Pizzarestaurant ein pädophiles Netzwerk. Bewaffnete Anhänger glaubten den Geschichten so sehr, dass sie das Restaurant stürmten – nur um festzustellen, dass es nicht einmal einen Keller gab. Dennoch hielt sich das Narrativ lange und nährte die Vorstellung eines demokratischen Establishments, das im Geheimen Kinder missbraucht. In der Folge kam die nächste Welle an absurden Behauptungen: Republikanische Aktivisten begannen zu verbreiten, Schulen würden heimlich Kinder operieren, um sie in großem Stil in „transgender“ zu verwandeln. Tatsächlich existieren in den USA klare medizinische und gesetzliche Vorschriften, und Operationen an Minderjährigen sind extrem selten und streng reglementiert. Trotzdem marschierten Demonstranten mit Schildern gegen „Child Mutilation“ und fanden Gehör bei einflussreichen Politikern, die den Mythos für ihre Zwecke nutzten. Ähnlich grotesk war die Kampagne, in der haitianischen Migranten unterstellt wurde, sie würden massenhaft Hunde und Katzen essen. Ein Gerücht, das nichts weiter als rassistische Ressentiments widerspiegelt und von rechten Medien aufgegriffen wurde, um Stimmung gegen Geflüchtete und Einwanderer zu machen. Wie schon bei Pizzagate wird eine emotionale Reaktion erzeugt – Abscheu, Empörung – um politische Härte gegen Minderheiten zu rechtfertigen.
Parallel dazu entstand das Narrativ von den angeblichen „Abtreibungen nach der Geburt“. Konservative Kommentatoren und Politiker sprachen von Ärzten, die Babys nach der Entbindung töten würden. In Wahrheit gibt es kein solches Verfahren, keine legale Praxis, die auch nur annähernd diesem Bild entspricht. Es handelt sich um eine gezielte Verzerrung medizinischer Ausnahmesituationen, in denen schwerstkranke oder nicht lebensfähige Neugeborene palliativ begleitet werden. Doch in der MAGA-Öffentlichkeit reicht der Vorwurf, um Wähler in moralische Panik zu versetzen. Vor diesem Hintergrund wirkt die Weigerung, Donald Trumps eigene Schattenseiten ernsthaft zu beleuchten, wie ein politisches Theaterstück. Präsident Trump hatte jahrelang enge Kontakte zu Jeffrey Epstein, einem verurteilten Sexualstraftäter, der ein Netzwerk zum Missbrauch Minderjähriger unterhielt. Fotos, Fluglisten, Augenzeugenberichte – sie alle belegen, dass Trump und Epstein sich gut kannten. Während Trump heute jede Verbindung herunterspielt, finden sich in der öffentlichen Erinnerung zahlreiche Episoden, in denen er selbst prahlte, Epstein „möge schöne Frauen genauso wie ich, manche davon sogar sehr jung“.
Besonders bemerkenswert ist, dass ausgerechnet die republikanische Kommunikationsmaschine, die bei jeder haltlosen Behauptung gegen Demokraten sofort anspringt, hier plötzlich zur Beschwichtigung übergeht. Pam Bondi, die frühere Generalstaatsanwältin von Florida und spätere Trump-Verteidigerin, heutige Justizministerin, schon bei dieser Aufzählung schüttelt es einen, steht dabei sinnbildlich für den Schutzwall, den Trump genießt. In ihrer Amtszeit wurde das erste Ermittlungsverfahren gegen Epstein in Florida nicht mit der nötigen Härte verfolgt. Später verteidigte sie Trump öffentlich und nutzte ihre juristische Autorität, um Vorwürfe gegen ihn als politisch motiviert abzutun. Auch Figuren wie die ultrarechte Aktivistin Laura Loomer spielen eine Rolle, indem sie jede Kritik an Trump sofort als Verschwörung abtun und alternative Fakten in die Öffentlichkeit tragen. Dieser doppelte Maßstab zeigt sich besonders scharf, wenn man die Reaktionen vergleicht: Während wilde und völlig haltlose Vorwürfe gegen Hillary Clinton, Migranten oder Ärzte sofort geglaubt und breitgetreten werden, gilt schon der Gedanke, Trump könnte in den Epstein-Komplex verstrickt sein, als „Überreaktion“. Selbst dann, wenn die Faktenlage zumindest kritische Fragen aufdrängt.
Die Strategie hinter dieser selektiven Empörung ist offensichtlich: Eigene Anhänger werden mit emotionalen Kampagnen mobilisiert, während unbequeme Realitäten über die eigene Führungsfigur verdrängt oder lächerlich gemacht werden. Das Ergebnis ist eine politische Kultur, in der die Wahrheit keine Rolle mehr spielt, solange die Lüge den richtigen Feind trifft. Dass sich diese Dynamik über Jahre verfestigt hat, ist nicht nur ein Problem für die republikanische Partei, sondern für die gesamte amerikanische Demokratie. Wenn ein bedeutender Teil der Wählerschaft bereit ist, jeden Mythos zu glauben, der den Gegner dämonisiert, aber jede belastende Tatsache über die eigene Seite als „Fake News“ abtut, zerfällt die gemeinsame Realität. Ohne diese gemeinsame Realität gibt es aber keine sachliche Debatte mehr, keine politische Verantwortung und letztlich keinen wirksamen Schutz vor Machtmissbrauch. Trumps Geschichte mit Epstein wird vielleicht nie restlos aufgeklärt werden, schon weil der Tod des Finanziers und die fragwürdige Aufarbeitung in Behörden viele Fragen offenlassen. Doch sie bleibt ein Prüfstein dafür, ob eine Gesellschaft bereit ist, sich den eigenen unbequemen Wahrheiten zu stellen. Solange ein Teil der Öffentlichkeit lieber an Pizzagate glaubt als an die naheliegenden Widersprüche in der Vita des eigenen Idols, bleibt der doppelte Maßstab bestehen – und die politische Spaltung vertieft sich weiter.
Am Ende geht es nicht nur um Trump, Epstein, Pam Bondi oder Laura Loomer, sondern um die Fähigkeit, Realität von Propaganda zu unterscheiden. Wer das nicht kann oder nicht will, verliert nicht nur das Vertrauen in die Politik, sondern auch in die Demokratie selbst.
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Es ist unglaublich wie Trump sich alles erlauben darf und seine MAGA es akzeptieren und daraus eine Parallelwelt erschaffen.
Die Gehirnwäsche ist so weit firtgeschritten, dass den Leuten gar nicht mehr bewusst ist, was da passiert.
Und wie in jeder Sekte kommen nur sehr, sehr wenige alleine raus.
Und wie bei jeder Sekte verliert man sein komplette (MAGA) Umfeld.
Man ist ein Verräter, kein Patriot etc.
Irgendwie hatte ich die Hoffnung, dass Epstein Trumps Watergate wird.
Aber sein Rückhalt durch Gehirnwäsche (anders kann man diese dumme Gefolgschaft nicht mehr erklären) ist zu groß.
Wie er selber sagte, er könnte vor laufender Jamera jemanden töten und man würde es ihm vergeben, rs als Notwendigkeit ansehen. Selbst wenn die Person unbewaffnet und gefesselt wäre.
Lynchjustiz ist nicht mehr fern …
Die gesamte MAGA kannst du in die Klapsmühle bringen, und nie wieder in Freiheit. Dafür sollte man dann den Friedensnobelpreis verleihen
😂😂😂 wäre das, wenn es nicht so gefährlich ist. Danke für diesen Einblick und danke für die super Arbeit die ihr immer macht.
Ich danke Dir