15. Dezember 2025 – Kurznachrichten

VonTEAM KAIZEN BLOG

Dezember 15, 2025

Brown University: Zwei Tote – und eine Sprache, die versagt!

Zwei Studierende werden an der Brown University erschossen, neun weitere verletzt. Der Campus steht stundenlang unter Abriegelung, Studierende verstecken sich in Laboren, löschen das Licht, warten, während die Polizei Gebäude durchsucht. Erst am nächsten Tag wird eine verdächtige Person festgenommen, das Motiv bleibt offen. In diese Lage fällt die Reaktion aus dem Weißen Haus. „Dinge können passieren. Also an die neun Verletzten: Gute und schnelle Besserung.“ Die Toten werden nicht erwähnt, Verantwortung wird nicht benannt, aber dass die University eine tolle Einrichtung ist. Der Angriff wird sprachlich behandelt wie ein Zwischenfall, nicht wie eine Tragödie. Natürlich spielt man in den USA diese Amokläufe immer mehr runter, denn sie passen nicht in das Bild und schon überhaupt nicht, wenn man andere Länder kritisiert. Während auf dem Campus Blumen im Schnee liegen, wirkt politische Sprache auffallend fern von dem, was geschehen ist.

Bondi Beach: Vater und Sohn als Täter identifiziert

Die Ermittler in New South Wales haben die Täter des Angriffs am Bondi Beach als Vater und erwachsenen Sohn identifiziert. Der Anschlag ereignete sich am ersten Abend von Chanukka an einem der belebtesten Strände Sydneys. Die Zahl der Todesopfer stieg auf 15, Dutzende weitere Menschen wurden verletzt und in Krankenhäuser eingeliefert. Der Vater Sajid Akram, 50, wurde am Tatort von der Polizei tödlich getroffen, sein 24-jähriger Sohn Naveed Akram schwer verletzt und in kritischem Zustand in ein Krankenhaus gebracht. Die Polizei machte zunächst keine Angaben zu Namen oder Motiven. Der Angriff traf eine jüdische Feier an einem öffentlichen Ort und löste weit über Australien hinaus Entsetzen aus. Bereits am Sonntagabend stuften die Behörden die Tat als terroristischen Angriff ein. Internationale Reaktionen folgten umgehend.

Alex Kleytman, 87 Jahre

Polizeipräsident Mal Lanyon erklärte, den Behörden sei über beide Täter bislang nur wenig bekannt gewesen, Hinweise auf frühere Straftaten gebe es derzeit nicht. Der Vater habe jedoch seit rund zehn Jahren über eine Waffenbesitzkarte verfügt, sechs Schusswaffen seien auf seinen Namen registriert gewesen. Sechs Waffen wurden am Tatort und im Zuge der Ermittlungen sichergestellt, nun sollen ballistische und forensische Untersuchungen klären, welche davon beim Angriff eingesetzt wurden. Zusätzlich fanden Ermittler zwei einfache, aber funktionsfähige selbstgebaute Sprengsätze. Zu möglichen ideologischen Hintergründen, Netzwerken oder konkreten Motiven äußerte sich die Polizei zurückhaltend. Man brauche Zeit, um die Hintergründe vollständig aufzuarbeiten. Sicher sei nur, dass der Angriff gezielt war und die jüdische Gemeinschaft traf. Ein besonders tragischer Fall ist der von Alex Kleytman. Als Holocaust-Überlebender aus der Ukraine hatte er die Veranstaltung gemeinsam mit seinen Kindern und Enkeln besucht. Er starb, als er seine Ehefrau Larisa mit seinem Körper vor den Kugeln des Täters schützte. Zurück bleiben seine Frau, zwei Kinder und elf Enkelkinder.

Siehe auch unseren Artikel: „Chanukka unter Beschuss – Der Anschlag von Bondi Beach und das Versagen der Warnungen“ – unter dem Link: https://kaizen-blog.org/chanukka-unter-beschuss-der-anschlag-von-bondi-beach-und-das-versagen-der-warnungen/

Monate im System – Hacker dringen in Russlands Wehrregister-Entwicklung ein

Über Monate hinweg hatten Angreifer Zugriff auf die Systeme von Mikord, einem der zentralen Entwickler des neuen digitalen Wehrregisters Russlands. Quellcode, technische Unterlagen und interne Kommunikation gelangten nach Angaben des Menschenrechtsprojekts Idite Lesom in fremde Hände. Das Material wurde an das Investigativmedium Wichtige Geschichten weitergegeben und dort überprüft. Mikords Geschäftsführer bestätigte den Angriff, spielte dessen Bedeutung jedoch herunter. Das Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe umgehend zurück und sprach von vollständiger Sicherheit. Auffällig ist, dass niemand von einem direkten Zugriff auf das Register selbst sprach, sondern vom Entwickler. Genau dieser Unterschied wird in der offiziellen Stellungnahme nicht klar benannt. Der Vorfall fällt in eine Phase, in der das System noch nicht vollständig stabil läuft. Für einen Staat, der auf umfassende Kontrolle setzt, ist das ein heikler Moment.

Das neue Wehrregister soll alle wehrpflichtigen Männer erfassen und Passdaten, Arbeit, Gesundheit, Steuern und Reisen bündeln. Einberufungen gelten nach sieben Tagen als zugestellt, selbst ohne Zugang zum staatlichen Onlineportal. Wer nicht reagiert, dem drohen Reiseverbote, Fahrverbote und wirtschaftliche Blockaden. In mehreren Regionen werden bereits ausschließlich elektronische Vorladungen verschickt. Gleichzeitig ist das System noch nicht vollständig scharfgeschaltet, automatische Strafen greifen bislang nicht. Der Hackerangriff auf Mikord trifft genau diese Übergangsphase. Hinweise deuten darauf hin, dass zentrale Komponenten zeitweise offline waren. Ob dies im Zusammenhang mit dem Angriff steht, ist offen. Klar ist nur, dass das digitale Rückgrat der künftigen Einberufung angreifbar war. Und das allein reicht aus, um Zweifel an der behaupteten vollständigen Kontrolle aufkommen zu lassen.

80 Stunden – Die amerikanische Rechnung und 37 Stunden – Deutschlands brüchige Sicherheit

Achtzig Stunden pro Woche. Diese Zahl steht nicht für Ehrgeiz, sondern für ein System, das keinen Spielraum lässt. In den USA reicht Vollzeit für viele nicht mehr aus, um sicher über die Runden zu kommen. Wer Mindestlohn verdient, muss rechnerisch zwei Jobs stemmen, nur um oberhalb der offiziellen Armutsgrenze zu landen. Krankheit wird zum Risiko, Reparaturen zur Bedrohung, jede Mieterhöhung zum möglichen Absturz. Arbeit bedeutet hier nicht Stabilität, sondern Daueranspannung. Der Mythos vom Aufstieg durch Leistung zerbricht dort, wo selbst endlose Arbeitszeit kaum Sicherheit schafft. Diese Zahl erzählt mehr über Amerika als jede politische Parole. Sie sagt nicht, dass Menschen zu wenig tun. Sie zeigt, dass das System zu viel fordert. Nur einen stört das nicht, Trump, der mittlerweile regelmässig bei der Arbeit einschläft.

37 Stunden sollen in Deutschland reichen, um Armut zu vermeiden. Auf dem Papier klingt das fast beruhigend. In der Realität entscheidet oft die Wohnadresse. Wer einen alten Mietvertrag hat, hält sich über Wasser. Wer neu sucht, verliert schnell den Boden. Mieten fressen Einkommen, nicht umgekehrt. Der Sozialstaat puffert Abstürze ab, aber er repariert keine strukturellen Schieflagen. Alleinerziehende, Befristete und Teilzeitkräfte spüren das zuerst. Arbeit schützt noch, aber sie trägt nicht mehr selbstverständlich. Deutschland ist nicht Amerika. Aber dort, wo Wohnen zum Luxus wird, rücken die Zahlen näher zusammen. Und genau dort verlieren Statistiken ihre tröstende Wirkung.

Hinweis: Die Grafik zeigt modellhaft, wie viele Wochenstunden zum Mindestlohn nötig wären, um als Alleinstehende über der Armutsgrenze zu liegen. Die Zahlen sind vergleichend und trotzdem fanden wir die Informationen erwähnenswert.

Moskau verurteilt ICC-Richter in Abwesenheit

Ein Gericht in Moskau hat Haftstrafen gegen führende Vertreter des Internationalen Strafgerichtshofs verhängt. Betroffen sind der Präsident des Gerichts, mehrere Vizepräsidenten, Richterinnen und Richter sowie Chefankläger Karim Khan. Die Urteile wurden in Abwesenheit ausgesprochen und reichen von dreieinhalb bis zu fünfzehn Jahren Haft. Grundlage sind Vorwürfe wie angebliche Verfolgung Unschuldiger, rechtswidrige Inhaftierung und Vorbereitung eines Angriffs auf international geschützte Personen. Sollten die Verurteilten jemals nach Russland reisen, droht ihnen die Festnahme. Das Verfahren richtet sich klar gegen das Gericht, das den Haftbefehl gegen Wladimir Putin erlassen hat. Juristisch ist das Urteil international wirkungslos, politisch aber ein Signal.

Hintergrund der russischen Urteile ist der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs vom März 2023. Damals ordnete das Gericht die Festnahme von Wladimir Putin und der Kinderrechtsbeauftragten Maria Lwowa-Belowa an. Begründet wurde dies mit dem Verdacht auf das Kriegsverbrechen der rechtswidrigen Deportation ukrainischer Kinder aus besetzten Gebieten. Russland wertet dieses Vorgehen als Angriff auf seine Staatsführung. Das Moskauer Gericht erklärte nun, eine Strafverfolgung Putins habe dessen Sicherheit gefährdet und internationale Spannungen verschärft. Putin selbst und Lwowa-Belowa traten vor Gericht nicht auf. Der Vorgang zeigt, wie weit sich Russland von internationaler Justiz und der Realität entfernt hat.

Nach Wochen in ICE-Haft – Bruna Ferreira spricht erstmals öffentlich

Bruna Caroline Ferreira, die Mutter des Neffen der Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, hat nach Wochen in Abschiebehaft erstmals öffentlich gesprochen. Die 33-Jährige wurde im November in Revere, Massachusetts, festgenommen. Es folgten Wochen in der Obhut der Einwanderungsbehörde ICE, in denen sie nach eigenen Angaben ohne klare Informationen quer durch mehrere Bundesstaaten verlegt wurde. Erst auf Anordnung, aufgrund von Recherchen, die alle Behauptungen widerlegten, eines Einwanderungsrichters wurde sie aus einem Haftzentrum in Süd-Louisiana entlassen.

„Ich glaube, was ich Karoline sagen würde, ist: Nur weil du auf eine katholische Schule gegangen bist, macht dich das noch nicht zu einer guten Katholikin.“

Ferreira lebt seit ihrer Kindheit in den Vereinigten Staaten. Sie kam 1998 im Alter von sechs Jahren aus Brasilien ins Land, war über Jahre durch das DACA-Programm geschützt und befand sich zum Zeitpunkt ihrer Festnahme nach eigenen Angaben im laufenden Verfahren zur Erlangung einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis. Das Heimatschutzministerium bestätigte die Festnahme und begründete sie mit einer abgelaufenen Visaerlaubnis aus dem Jahr 1999. Zugleich behauptete die Behörde, Ferreira habe eine Vorstrafe wegen Körperverletzung und habe nie mit ihrem Sohn zusammengelebt. Beides bestreiten Ferreira und ihr Anwalt entschieden. Sie bezeichnet sich als gesetzestreue Bürgerin ohne jede Vorstrafe und verweist auf ein dokumentiertes gemeinsames Leben mit ihrem Kind. In dem Interview mit CNN richtete Ferreira scharfe Worte an Karoline Leavitt, die Patin ihres Sohnes ist. Leavitt habe sich bislang nicht bei ihr gemeldet. Ferreira sagte, man werde nicht automatisch ein guter Katholik, nur weil man eine katholische Schule besucht habe. Leavitt sei inzwischen selbst Mutter und solle sich fragen, wie sie sich fühlen würde, wenn ihr Kind auf diese Weise von ihr getrennt würde. Die Kritik zielte nicht nur auf das persönliche Schweigen, sondern auch auf die politische Rolle der Pressesprecherin in einer Regierung, die solche Festnahmen öffentlich rechtfertigt.

Ferreira schilderte die Haft als entwürdigend und belastend, besonders mit Blick auf ihren Sohn. Er habe die Berichterstattung verfolgt und müsse nun mit dem Vorwurf leben, seine Mutter sei eine Kriminelle. Sie beschrieb die Angst, die Ungewissheit und das Gefühl völliger Auslieferung, insbesondere in den Momenten, in denen sie nicht wusste, ob sie unmittelbar vor der Abschiebung stehe. In Süd-Louisiana habe man ihr offen gesagt, kaum jemand komme von dort wieder frei. Besonders bedrückend seien die Begegnungen mit anderen inhaftierten Frauen gewesen, viele von ihnen Mütter mehrerer Kinder, einige schwanger. Während sie selbst anwaltlich vertreten gewesen sei, hätten andere keinerlei Unterstützung gehabt. Dass Mütter monatelang nicht wüssten, wo ihre Kinder seien, nannte Ferreira grausam.

Bis heute ist unklar, warum zentrale Behauptungen der Regierung öffentlich aufrechterhalten werden, obwohl Recherchen, die wir führten, diese einfach widerlegen konnten. Sie spricht berechtigterweise von Falschdarstellungen und fragt offen, warum über sie Dinge behauptet werden, die im digitalen Zeitalter überprüfbar seien. Ihr Ziel sei es nicht, Aufmerksamkeit zu suchen, sondern Antworten zu bekommen. Der Fall zeigt, wie schnell persönliche Beziehungen, politische Macht und staatliche Härte kollidieren – und wer am Ende den Preis zahlt. Siehe auch unseren Artikel: „Die Mutter von Karoline Leavitts Neffen in ICE-Haft“ – unter dem Link: https://kaizen-blog.org/die-mutter-von-karoline-leavitts-neffen-in-ice-haft/

„Unsere Kinder“ – Budapest erhebt sich

Unter dem Ruf „Wir verteidigen unsere Kinder“ haben sich am Samstagabend Zehntausende Menschen in Budapest versammelt. Auslöser sind neue Enthüllungen über sexuellen Missbrauch im staatlichen Kinderhilfesystem und das systematische Wegsehen der Behörden. Ein interner Bericht, der schwere Verbrechen dokumentiert, soll von der Regierung Orbán zurückgehalten worden sein. Für viele war das der Punkt, an dem Schweigen nicht mehr möglich ist. Familien, Jugendliche, ältere Menschen standen Seite an Seite. Es ging nicht um Parteipolitik, sondern um Vertrauen, das zerstört wurde. Die Demonstrierenden warfen der Regierung vor, Täter geschützt und Opfer im Stich gelassen zu haben. Die Wut richtete sich nicht nur gegen Versäumnisse, sondern gegen ein System, das Kontrolle über Verantwortung stellt. Budapest wurde an diesem Abend zum Ort offener Anklage. Und die Frage blieb unausgesprochen im Raum: Wie viele Warnungen braucht es noch.

Péter Magyar fordert Orbáns Rücktritt

Angeführt wurde der Protest von Péter Magyar, dem sichtbarsten Herausforderer Viktor Orbáns. Er sprach von einem moralischen Versagen des Staates und von einer Regierung, die selbst dann nicht handelt, wenn Kinder betroffen sind. Die Menge forderte lautstark den Rücktritt des Ministerpräsidenten. „Genug ist genug“ war einer der häufigsten Rufe. Die Demonstration zeigte, wie tief der Vertrauensverlust inzwischen reicht. Nicht nur Oppositionelle, auch frühere Anhänger der Regierung nahmen teil. Der Vorwurf ist klar: Vertuschung statt Aufklärung, Machtabsicherung statt Schutz der Schwächsten. Ungarn erlebt einen Moment, in dem Korruption und Verantwortungslosigkeit nicht mehr abstrakt wirken, sondern konkrete Gesichter bekommen. Ob dieser Abend politische Folgen haben wird, ist offen. Sicher ist nur, dass viele Menschen ihre Angst verloren haben.

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