Zwischen Pipeline und Protest – Wie Trumps neue Umweltpolitik Alaska verheizt

VonRainer Hofmann

Juni 4, 2025

Es beginnt mit einem Bild aus dem Lehrbuch fossiler Machtpolitik: Ein Regierungsflieger landet auf dem arktischen Rollfeld von Prudhoe Bay. Neben ihm ragt die trans-Alaska-Ölpipeline aus dem Boden – eine rostende Stahlader, Sinnbild für ein Amerika, das sich weigert, aus der Vergangenheit zu lernen. Innenminister Doug Burgum, Energieminister Chris Wright und EPA-Chef Lee Zeldin steigen aus, posieren für Fotos und lächeln in die Kameras, als ginge es um den Besuch eines Nationalparks. In Wahrheit ist es der nächste Akt einer umweltpolitischen Farce, bei der Präsident Trump die Bühne längst dominiert.

Denn das, was hier unter dem Deckmantel „nachhaltiger Energiepolitik“ verkauft wird, ist in Wahrheit ein aggressiver Vorstoß, jede denkbare Form der Ausbeutung wiederzubeleben: Ölbohrungen in Schutzgebieten, Gasexporte durch Mega-Pipelines, Holzschlag in empfindlichen Ökosystemen. Das eigentliche Ziel: Profit. Das Mittel: Zerstörung. Die Ideologie: Klimaleugnung und Ressourcennationalismus in seiner reinsten Form.

Vor dem Konferenzzentrum in Anchorage stehen Demonstrierende. „Alaska is not for sale“ steht auf ihren Schildern. Doch genau das passiert gerade. Präsident Trump, dessen zweite Amtszeit durch beispiellose Deregulierung und ein systematisches Zerlegen aller umweltpolitischen Schutzmechanismen geprägt ist, versucht Alaska erneut als Rohstoffkolonie zu etablieren. Dabei werden Stimmen, die auf Bewahrung, Weitsicht oder Gerechtigkeit drängen, ignoriert – oder wie in so vielen anderen Politikfeldern – lächerlich gemacht.

Während drinnen auf der Alaska Sustainable Energy Conference über fossile Expansion diskutiert wird, stehen draußen Menschen wie Sarah Furman und Rochelle Adams – still, aber entschlossen. Furman nennt Trumps Energiepolitik eine „falsche Lösung“ – ein Ablenkungsmanöver, das den Klimawandel nicht bremst, sondern beschleunigt. Rochelle Adams, Angehörige der Gwich’in, spricht von heiligem Land, von Karibuherden, vom Überleben. Ihre Warnung ist eindringlich: „Wenn sie kommen, um zu nehmen, sind wir es, die mit den Folgen leben müssen.“

Doch im Saal applaudieren sie. Zeldin, Chef der Umweltschutzbehörde, erklärt ernsthaft, die Tiere auf der North Slope wirkten „glücklich“. Burgum spricht von einem friedlichen Nebeneinander von Bohranlagen und Wildtieren. Und Energieminister Wright beschimpft Begriffe wie „erneuerbare Energien“ als Marketinglüge. Für ihn ist das Wort „Umwelt“ kein Schutzbegriff, sondern ein Hindernis auf dem Weg zur wirtschaftlichen Ausbeutung.

Die Regierung Trump macht keinen Hehl mehr daraus, dass ihr Klimaschutz gleichgültig ist. Der planetare Kollaps wird nicht bestritten – er wird instrumentalisiert. In ihrer Logik gilt: Wenn schon alle Energiequellen Schaden anrichten, dann lieber jene, die kurzfristig das meiste Geld bringen. Dass dieser Zynismus auf Kosten indigener Lebensweisen, globaler Klimaziele und der ökologischen Stabilität eines ganzen Kontinents geht, wird billigend in Kauf genommen.

Parallel wirbt das Energieministerium Delegationen aus Japan, Südkorea, den Philippinen und den Vereinigten Arabischen Emiraten an, um sie für ein 44 Milliarden Dollar teures Flüssiggasprojekt zu gewinnen. Dafür sollen 1.300 Kilometer Pipeline quer durch Alaska gebaut werden – inmitten eines instabilen Permafrostbodens, durch Lebensräume, die heute schon unter Druck stehen. Die Regierung nennt es Fortschritt. Kritiker nennen es, was es ist: eine ökologische Katastrophe mit diplomatischem Etikett.

Trump hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ihm der Zustand der Natur egal ist. Sein Ziel ist Kontrolle – über Ressourcen, über Staaten, über Narrative. In Alaska zeigt sich diese Haltung in Reinform: die Zerschlagung von Schutzgebieten, die Umdeutung von Bohrrechten in Freiheitsrechte, die rhetorische Abrüstung des Umweltschutzes zur „Behinderung amerikanischer Interessen“.

Doch diese Interessen sind ein Trugbild. Denn was in Washington als Triumph gefeiert wird, bedeutet für viele in Alaska den Verlust von Land, Nahrung, Gesundheit und Würde. Die Gwich’in verlieren ihre Kalbgebiete, die Iñupiat spalten sich im Ringen um ökonomische Notwendigkeiten, und die Tierwelt wird reduziert auf PR-Bilder in einem Land, das nie bloß Rohstoff war, sondern Lebensraum.

Alaska brennt nicht. Noch nicht. Aber was hier politisch entzündet wird, ist eine schleichende Erosion dessen, was uns schützt. Die Trump-Regierung hat sich entschieden, lieber die Gegenwart zu verbrennen als die Zukunft zu sichern. Und während sie Selfies machen in der arktischen Weite, bleibt die wahre Frage unbeantwortet: Wer gibt den Menschen das Recht zurück, in einer Welt zu leben, die nicht verkauft wurde?

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Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Es ist unglaublich, wie diese Regierung die ganze Schönheit der Natur und das fragile Gleichgewicht der Natur zerstört.
Ihre Kinder und Enkel sind diesen Ideologen nichts Wert. Denn die werden, wie wir Alle, den Preis zahlen.

Katharina Hofmann
Admin
3 Monate zuvor
Reply to  Ela Gatto

es ist schlimm was dieser mensch treibt, einfach unfassbar

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