Es war ein Dienstagmorgen in Minneapolis, grau vom Regen und schwer von Geschichte – und dennoch ein Tag, der wie ein Menetekel über einer zerrissenen Nation steht. Ein gepanzerter Wagen mit den Initialen der Homeland Security Investigations rollte durch ein Viertel, das für viele Migrant:innen mehr Heimat geworden war als die Orte, aus denen sie einst flohen. Dahinter: Männer in taktischer Ausrüstung, schwer bewaffnet, maskiert – und die Wut einer Gesellschaft, die sich selbst nicht mehr erkennt.
Was folgte, war nicht einfach ein Einsatz. Es war ein Spiegel. Einer, der zeigt, wie tief die Bruchlinien in den Vereinigten Staaten des Jahres 2025 verlaufen. Während Bundes- und Lokalbehörden offiziell von einer „kriminalpolizeilichen Maßnahme“ sprachen – wegen Geldwäsche und Drogen –, glaubte im Latino-Viertel von Minneapolis kaum jemand an Zufall. Zu oft hatte man es erlebt: dass Razzien kommen wie Stürme, ohne Warnung, ohne Rücksicht. Zu oft wurden Tränen, Dokumente, Familien auseinandergerissen. Und diesmal? Laut Bürgermeister Jacob Frey kein einziger Haftbefehl, kein Mensch festgenommen. Und doch: schweres Gerät, Helme, Sturmhauben – und blanke Angst.
Denn es ist nicht allein der Zugriff, der erschreckt. Es ist das Schweigen danach. „Kein Einwanderungseinsatz“, heißt es. „Nur Drogen, nur Geld.“ Und doch stehen auf den Bürgersteigen des Viertels Schilder: „Abolish ICE“ – „Stoppt die Abschiebungen“. Worte wie Barrikaden, gesprochen mit der Müdigkeit jener, die wissen, dass Worte allein nicht schützen. Eine Frau, Jennifer Davila, bringt es auf den Punkt: „Sie kommen mit einem Van, einem Panzer und schwarzen Westen – in ein braunes Viertel. Was glauben die, was das auslöst?“ Ihre Stimme klingt nicht wütend. Sie klingt alt. Wie jemand, der zu oft erklären musste, dass Gerechtigkeit nicht immer Gerechtigkeit bedeutet.
Und während der Bürgermeister beschwichtigt, während das Sheriff’s Office von „Zusammenarbeit mit Bundesbehörden“ spricht, entgleitet die Erzählung dem Staat. Denn es waren nicht nur Waffen, die da aufmarschierten. Es war ein Symbol. Für eine Ordnung, die sich immer öfter gegen jene wendet, die keinen Pass, keine Lobby und keine Illusionen mehr haben.
Was dann geschah, wurde auf Livestreams geteilt, auf Facebook, auf TikTok, durch Screenshots und Wut: Ein Fahrer, der durch die Menge fuhr. Reifen, die zerstochen wurden. Eine Person, die zu Boden ging. Ein Fotograf von Minnesota Public Radio, der mit Pfefferspray getroffen wurde. Eine Kamera, die zu Boden fiel wie ein Stück Wahrheit. Und mittendrin eine Polizei, die sich selbst aus der Affäre nimmt: „Nur zur Unterstützung der Verkehrslenkung“, sagt die Stadt. Und doch: Niemand, der hinsieht, glaubt noch an Neutralität.
Michelle Gross, Vorsitzende von Communities United Against Police Brutality, nennt es „jackbooted thuggery“ – Stiefelterror. Worte wie aus einem Roman über den Untergang der Demokratie. Doch es ist Realität. Eine Realität, in der Bundesbehörden mit wachsender Selbstverständlichkeit in lokale Belange eingreifen, in der Abschiebung und Strafverfolgung sich rhetorisch trennen lassen, aber auf der Straße oft dieselben Bilder erzeugen: Angst. Ohnmacht. Wut.
„Wir arbeiten regelmäßig mit Bundespartnern zusammen“, sagt die Sprecherin der lokalen FBI-Einheit lakonisch. Doch in der Praxis bedeutet das: Es braucht nur einen Funken, und ein Stadtviertel brennt. Nicht in Flammen – sondern im Inneren.
Minneapolis, das sich einst zur „Sanctuary City“ erklärte, wirkt an diesem Tag wie ein Ort, an dem die Sanctuary selbst durchsuchungsfähig geworden ist. Es ist die gleiche Stadt, in der George Floyd starb. Die gleiche Stadt, die schwor, es besser zu machen. Und doch ist es auch die Stadt, in der wieder Panzer rollen – diesmal nicht gegen Aufstände, sondern angeblich gegen Geld. Und wieder sind es die gleichen Körper, die auf dem Asphalt stehen: braune, migrantische, schutzlose.
Was bleibt, ist mehr als ein Polizeieinsatz. Es ist ein Fanal. In einem Land, in dem die Behörden nicht mehr zwischen Immigration und Kriminalität unterscheiden – weil sie es vielleicht auch nicht mehr wollen. Ein Land, das seine Städte spaltet wie seine Familien. Ein Präsident, der nichts dazu sagt. Eine Opposition, die schweigt. Und eine Bevölkerung, die sich fragt: Ist das noch Amerika – oder bereits ein Land, das sich selbst verloren hat?
Am Ende des Tages blieb der Regen. Und eine Straße, rot vom Asphalt – und vielleicht von dem, was zwischen den Zeilen liegt: eine Republik, die sich nicht mehr zusammenfügt. Nicht mit Panzern. Nicht mit Posts. Und schon gar nicht mit Erklärungen.
Und dann heißt es (wieder mal, wie schon ab 1933 in Deutschland), wir haben nur Befehle ausgeführt
ja, das stimmt, die basis ausrede