Unsichtbar gemacht – Wie Facebook kritischen Journalismus ausbremst und die Pressefreiheit verrät

VonRainer Hofmann

Juli 23, 2025

Es ist ein stilles Ausbluten, das sich nicht sofort zeigt. Kein direkter Bann, keine öffentliche Sperre, kein Vermerk. Doch die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Beiträge, die investigativ arbeiten, faktenreich sind und sich mit heiklen Themen wie dem Epstein-Komplex, Trumps Militärschlägen oder der Rolle der Geheimdienste befassen, werden massiv in ihrer Reichweite beschnitten. Während harmlose Postings oder sogar polemische Kommentare mehrere tausend Nutzer erreichen, verhungern sorgfältig recherchierte Artikel im Schatten der Algorithmen – oft mit einem Zehntel der Sichtbarkeit, völlig unabhängig von ihrer Relevanz oder Resonanz. Da dürften Rechtspopulisten in die Hände klatschen und für Verschwörungstheoretiker geht die Sonne auf.

Ein besonders drastisches Beispiel zeigt sich am 23. Juli: Ein investigativer Bericht über Trumps Luftschlag gegen den Iran, veröffentlicht am 17. Juli und frei von jeglichen Verstößen gegen Facebooks Richtlinien, wurde grundlos als Spam entfernt. Der Bericht darüber erreichte trotz rund 4.000 Aufrufen nur knapp 2.000 Personen – bei über 450 Interaktionen. Das Verhältnis ist absurd. Im Gegensatz dazu wird ein flapsiger Kommentar wie „…aber ich bin grün, die sollten ihren Laden schließen 😂😂😂“ über 5.000 Mal angezeigt, bei vergleichsweise wenigen Reaktionen. Auch Beiträge über Menschenrechtsverletzungen oder Recherchen zur algorithmischen Moderation selbst landen systematisch im digitalen Abseits. Hinzu kommt: Immer wieder berichten Medien und Fachportale darüber, dass Facebook Nutzer:innen automatisch Seiten entfolgt – ohne deren Wissen, ohne Benachrichtigung. Sichtbarkeit wird so nicht nur verwehrt, sondern aktiv reduziert. Ein gewaltiger Schaden für jede Journalistin oder Journalisten.

Der Artikel: https://kaizen-blog.org/unter-der-erde-ueber-dem-abgrund-trumps-iran-schlag-und-das-raetsel-von-pickaxe-mountain/

Was als Einzelfall erscheinen mag, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als System. Der Schattenbann – also die algorithmische Unterdrückung kritischer Inhalte ohne offene Kennzeichnung – ist kein Mythos, sondern Realität. Besonders betroffen sind kleinere, unabhängige Medien, die keine Anzeigen schalten, keine Parteifreunde im Vorstand sitzen haben und sich nicht dem Strom anpassen. Plattformen wie auch wir, die sich auf investigative Recherchen zu Menschenrechten, Themen von öffentlichen Interessen, Politik, internationalem Recht und Umwelt spezialisiert haben, geraten dabei zunehmend ins Visier eines Systems, das Sichtbarkeit zur Waffe gemacht hat. Was hier geschieht, ist kein technischer Fehler, sondern ein struktureller Angriff auf die Medienfreiheit – bewusst gefördert durch ein Unternehmen, das längst selbst zum Machtfaktor geworden ist.

Investigativer Journalismus braucht Mut, Haltung und auch Deine Unterstützung.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
5 Comments
Älteste
Neueste Meist bewertet
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Martin Rossmann
Martin Rossmann
3 Monate zuvor

Schon lange ein ganz rechter laden geworden. Ich bin dort schon lange weg.

Helga M.
Helga M.
3 Monate zuvor

😤es ist einfach nur noch schrecklich auf Facebook, da ich aber etliche gute und kritische Seiten habe, u.a. aus USA und DE, hangele ich mich noch täglich voran und mag mich nicht ausklinken. Deine und andere Beiträge rufe ich immer direkt ab.
Passt auf euch auf.🍀👍😊

Errami Errami
Errami Errami
3 Monate zuvor

Abo bitte

5
0
Über ein Kommentar würden wir uns freuen.x