Es beginnt nicht mit einem Donnerschlag. Es beginnt mit dem Verstummen. Mit der Stimme, die nicht mehr warnt. Mit den Daten, die nicht mehr kommen. Mit den Wetterdiensten, die leer stehen. Und es endet mit Wasser in den Straßen, mit Häusern, die einstürzen, mit Menschen, die nicht rechtzeitig evakuiert wurden, weil niemand mehr da war, der ihnen sagte, sie müssten gehen. Während sich die Vereinigten Staaten auf eine Zukunft zubewegen, die heißer, unberechenbarer, gefährlicher wird, vollzieht die Regierung unter Donald Trump eine Rückabwicklung jener Schutzmechanismen, die jahrzehntelang aufgebaut wurden – aus Forschung, Erfahrung und Verantwortungsgefühl. Was hier geschieht, nennen Beobachter einen Staatsrückbau. Die Regierung nennt es Effizienz. Doch das, was Präsident Trump und seine republikanischen Verbündeten im Kongress derzeit betreiben, ist weit mehr als das Streichen von Budgets. Es ist ein systematisches Entkernen jener Institutionen, die dafür sorgen sollten, dass eine Nation nicht im Regen stehen bleibt – buchstäblich. Der Nationale Wetterdienst hat in den letzten Monaten Hunderte von Stellen verloren. In San Antonio fehlte ausgerechnet an jenem Tag, an dem der Guadalupe River über die Ufer trat, der zentrale Koordinierungsmeteorologe – derjenige, der mit den örtlichen Behörden kommuniziert, Evakuierungen plant und Alarmstufen einordnet. Er war gegangen. Frühverrentung, angeboten von einer Regierung, die lieber zahlt, damit Fachleute gehen, als damit sie bleiben.

Insgesamt wurden über 672 Mitarbeitende (Stand 13. Juli 2025) beim Wetterdienst abgebaut, fast die Hälfte der regionalen Büros hat über 300 Mitarbeiter ihres Personals verloren, einige Büros arbeiten nachts gar nicht mehr. Wetterballons werden nur noch sporadisch gestartet. „Wir bereiten uns auf verschlechterte Operationen vor“, sagt der Dienst selbst – ein Euphemismus für das, was man sonst als Funktionsverlust bezeichnet. Und es bleibt nicht dabei: Zehn Labore der NOAA – jener Behörde, die für Wetter- und Ozeanforschung zuständig ist – sollen geschlossen werden. Die NOAA betreibt derzeit etwa 21 größere wissenschaftliche Labore, darunter das Hurricane-Hunter-Zentrum in Miami, dessen Flugzeuge bisher in die Stürme flogen, um Windgeschwindigkeit, Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu messen – also genau jene Daten, die man braucht, um Leben zu retten. Was hier verloren geht, ist ein „Generationenverlust“ für die Vorhersageforschung. Doch Präsident Trump sieht in all dem offenbar keinen Schaden. In seinem Haushaltsentwurf wird NOAA um weitere zwei Milliarden Dollar gekürzt – 27 Prozent. Die wissenschaftliche Abteilung soll komplett entfallen. Die Satelliten, die seit Jahrzehnten die Atmosphäre und die Ozeane beobachten, werden abgestellt. Bei der NASA wird die Erdbeobachtung halbiert. Was bleibt, ist ein Land im Blindflug. Ein Land, das sich weigert hinzuschauen – während der Sturm längst aufzieht.

Doch während sich dieser wissenschaftliche Rückzug vor aller Augen vollzieht, bleibt Europa merkwürdig still. Kaum jemand scheint zu bemerken, dass auch hier auf dem Kontinent die Konsequenzen spürbar sein werden – und zwar nicht in ferner Zukunft, sondern schon in der nächsten Unwetterperiode, beim nächsten Flusshochwasser, bei der nächsten Dürre. Europas Frühwarnsysteme, die Wettermodelle des ECMWF, das Satellitenprogramm Copernicus – sie alle sind auf die kontinuierliche, hochauflösende Datenzufuhr aus den USA angewiesen. Ohne die Messflüge der Hurricane Hunter, ohne die NOAA-Satelliten, ohne die US-amerikanischen Pegeldaten und Ozeanbeobachtungen werden auch europäische Prognosen ungenauer, Reaktionszeiten länger, Schutzmaßnahmen schwächer. Trumps Zerstörung der amerikanischen Klimainfrastruktur ist kein isoliertes innenpolitisches Experiment – sie ist ein globaler Angriff, dessen Wucht erst sichtbar wird, wenn es zu spät ist. Und Europa? Europa schweigt – und steht bald im Regen. Es ist ein zerstörerischer Umbau, der nicht aus Versehen geschieht, sondern mit voller Absicht – kalt geplant, ideologisch aufgeladen und getragen von einer Regierung, die Wissenschaft als Feind und Natur als Verfügungsmasse betrachtet. Mit neuer Wucht fördert Trump Kohlekraftwerke, erlaubt die Abholzung ganzer Wälder für industrielle Großprojekte, hebt Grenzwerte für Emissionen auf und drängt die Umweltbehörde EPA systematisch an den Rand ihrer Funktionsfähigkeit. Das Ergebnis ist eine doppelte Katastrophe: Während die physische Grundlage der Klimasicherheit zerstört wird, wird gleichzeitig der Klimawandel selbst angeheizt. Es ist nicht nur Fahrlässigkeit – es ist aktive Sabotage an der Zukunft.

Auch die Notfallhilfe selbst steht vor dem Kahlschlag. Die Bundeskatastrophenschutzbehörde FEMA, einst Rückgrat der amerikanischen Krisenreaktion, wird derzeit in ihren Grundfesten erschüttert. Trump will sie nicht reformieren, er will sie abschaffen. Schon jetzt wurden 3,6 Milliarden Dollar an zugesagten Hilfsgeldern eingefroren. Kein neues Geld mehr für Hausverstärkungen in Hurrikangebieten, kein Budget mehr für das Resilienzprogramm „Building Resilient Infrastructure and Communities“, das 882 Millionen Dollar umfasste. In den letzten sechs Monaten hat FEMA 2000 von 6800 Vollzeitkräften verloren. 18 der 61 Koordinationsverantwortlichen, die bei Katastrophen die Einsätze führen, sind nicht mehr da. Die Leitung des Katastrophen-Kommandos? Vakant. Der Chef der Behörde: ein Mann ohne jede Erfahrung im Katastrophenmanagement. Auch der US Geological Survey wird nicht verschont. Seine Flusspegel-Netzwerke, mit denen in 15-Minuten-Takt Daten zu Wasserständen gesammelt werden, sollen um ein Fünftel gekürzt werden. 25 Forschungseinrichtungen verlieren ihre Mietverträge – das entspricht nahezu der gesamten nationalen Infrastruktur. Die Alternative? Wer zahlen kann, bekommt noch Informationen. Wer nicht? Der steht im Wasser. In einer Zeit, in der die USA im Schnitt 27 Milliarden-Dollar-Katastrophen pro Jahr verzeichnen, streicht die Regierung ausgerechnet die Zukunft aus dem Etat. Eine Politik des Entlernens. Eine Regierung, die auf Wettervorhersage und Klimaschutz verzichtet – weil sie der Vorhersage und Existenz nicht traut.
Klima- und Wetterforscher, Journalist:innen und Aktivist:innen wirken oft wie Rufer in der Wüste – belächelt, ignoriert oder abgewunken. Sie kämpfen gegen eine Windmühle, die sich mit jeder politischen Entscheidung schneller dreht. Und das Bittere daran: Selbst jene, die am stärksten betroffen sind – Menschen in überfluteten Regionen, Familien in überhitzten Städten, Landwirte ohne Wasser, die Gesellschaft – bleiben oft passiv oder schauen weg. Die gesellschaftliche Unterstützung ist erschreckend gering, gerade dort, wo sie am dringendsten gebraucht würde. Die größte Gleichgültigkeit herrscht oft mitten im Sturm. Was bleibt, ist ein Land ohne Frühwarnsystem und Nachhaltigkeit. Ohne Koordination. Ohne Plan. Was bleibt, ist ein Land, in dem das Wasser und die Hitze steigt – und niemand mehr sagt, wann es zu spät ist. Leider bemerkt es nur kaum einer, bis auf die Toten.
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Gibt es keine Möglichkeit für Europa, daß irgendwie aufzufangen?
…das wird schwierig wegen der nasa und dem vorsprung im all, und da muss viel mehr kommen in europa, unterstützung, aufstehen, und, und, und…, die, die aufklären, alle infos in die öffentlichkeit bringen sind wie grenzgänger, man arbeitet alleine, bis die resultate kommen zum veröffentlichen, und dann wird es als selbstverständlich hingenommen. ich gebe dir ein anderes beispiel: wir helfen den leuten kostenlos ihren einreiseflughafen usa zu checken wegen immigration, von 31 anfragen, die wir alle bearbeitet haben, 2 haben sich bedankt, für 29 war das selbstverständlich, da kam kein danke, nothing. und dieses verhalten steht im wege um fortschritte zu machen.
wie krass ist das denn bitte. Die Leute wollen alles umsonst und verstehen nicht, dass grade Informationsquellen wie ihr unterstützt werden müssen.
Respekt für einen fantastischen Bericht. Danke.
Trump zerstört nicht nur Amerika.
Er reißt alle Länder in den Abgrund und durch die große Abhängigkeit von den USA stehen wir daneben. Hilflos.
Und darum ist neben Klima- und Wetterforschern, Umweltorganisationen eben der investigative Journalismus wichtig, weil dieser bis in die tiefste Tiefe greifen kann
Und dann liest man, dass Texas unter Biden Bundeshilfen für den Ausbau des Katastrophenwarnsystems abgelehnt hat, weil sie nichts von einem „korrupten, kommunistischen Verräter“ annehmen. Haben Sie aber dann wohl doch getan, aber lieber in höhere Ruhestandsgehälter investiert.
Was sind das nur für Leute??
Verboten religiöse Ideologen.
Aber dann sagen“Biden ist Schuld“
Es wird Zeit, dass Europa endlich aufwacht. Klar, dass die Europäer die Füsse still halten um Trump nicht zu verstimmen… Wegen der NATO und auch dem Handel, aber leider mit wenig Erfolg! Neue Allianzen bilden, neue Handelspartnerschaften z. B. mit 🇨🇦 🇲🇽 🇬🇧
ich weiss es tut sich einiges, aber ob es genug ist? Aktuell in 🇨🇦 unterwegs und verfolge auch hier die News, ich denke Mark Carney macht keinen schlechten Job.
Übrigens toll, dass ihr den Einreise-Check für die 🇺🇸 anbietet, für mich zwar nicht relevant,
aber trotzdem DANKE und Danke auch für die guten Artikel