Was treibt einen Präsidenten dazu, die Hauptstadt seines eigenen Landes mit Soldaten aus drei verschiedenen Bundesstaaten zu überziehen? Die Antwort liegt nicht in den offiziell vorgeschobenen Gründen von Kriminalität und Obdachlosigkeit, sondern in einer tieferliegenden Angst vor politischer Opposition und demokratischer Kontrolle.

Trumps jüngste Militarisierung Washingtons offenbart eine erschreckende Realität: Ein Präsident, der sich vor der Stadt fürchtet, in der er regieren soll. Die Entsendung von 650 bis 750 zusätzlichen Nationalgardisten aus West Virginia, South Carolina und Ohio zu den bereits stationierten 800 D.C.-Gardisten ist nicht nur unverhältnismäßig – sie ist verfassungsrechtlich bedenklich und politisch entlarvend.

Die vorgeschobene Begründung, Obdachlosigkeit und Kriminalität zu bekämpfen, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als fadenscheinig. Gewaltkriminalität in Washington ist niedriger als während Trumps erster Amtszeit – ein Fakt, den selbst Stadtverwaltung dokumentiert hat. Für die Bekämpfung von Obdachlosigkeit benötigt man Sozialarbeiter, Therapeuten und bezahlbaren Wohnraum, keine schwer bewaffneten Soldaten. Die zynische Ironie, dass die für 10 Uhr morgens angesetzte „Grundreinigung“ – ein euphemistischer Begriff für die systematische Vertreibung obdachloser Menschen – militärische Unterstützung erhalten soll, zeigt die Kaltblütigkeit dieser Operation. Was wirklich hinter dieser beispiellosen Machtdemonstration steckt, wird durch Trumps eigene Worte deutlich: Er beklagt die „Unfähigkeit der Stadtregierung, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten“ und das dadurch behinderte „effiziente Funktionieren der Bundesregierung“. Übersetzt heißt das: Trump kann es nicht ertragen, dass die überwiegend demokratisch geprägte Hauptstadt ihm politischen Widerstand entgegensetzt.

Die rechtlichen Grundlagen für diese Übernahme sind mehr als fragwürdig. Zwar ermöglichen die speziellen Bundesgesetze für Washington D.C. eine weitreichende präsidentielle Kontrolle, doch die Federalisierung lokaler Polizeikräfte und die Entsendung von Nationalgarde aus anderen Bundesstaaten zur „Kriminalitätsbekämpfung“ bewegt sich in einer verfassungsrechtlichen Grauzone. Der gescheiterte Versuch, den DEA-Chef als „Notfall-Polizeikommissar“ einzusetzen, zeigt, dass selbst Trumps eigene Regierung die Grenzen des Machbaren überschreiten wollte.

Besonders perfide ist die Instrumentalisierung republikanischer Gouverneure wie Patrick Morrisey, Henry McMaster und Mike DeWine, die bereitwillig ihre Staatsgarden zur Verfügung stellen. Ihre Soldaten werden zu Werkzeugen einer politischen Vendetta gegen eine demokratisch gewählte Stadtregierung. Der Kontrast zu Vermont, dessen republikanischer Gouverneur Phil Scott die Anfrage ablehnte und die „Durchsetzung innerstaatlicher Gesetze“ nicht als angemessenen Einsatz der Nationalgarde ansieht, macht die Willfährigkeit der anderen umso deutlicher.

Die Proteste am Dupont Circle, wo Demonstranten Banner mit der Aufschrift „Keine faschistische Übernahme von D.C.“ und „Keine militärische Besetzung“ trugen, treffen den Kern der Sache. Was hier geschieht, ist nicht Verbrechensbekämpfung, sondern politische Einschüchterung. Die bewaffneten Soldaten an der Union Station, die „Sichtbarkeit von Strafverfolgungsbehörden zur Abschreckung von Gewaltverbrechen“ – das sind Bilder, die man eher aus autoritären Regimen kennt als aus der Hauptstadt der „freien Welt“.
Trumps Timing ist kein Zufall. Nach seinem umstrittenen Treffen mit Putin in Alaska inszeniert er sich als starker Mann, der „Ordnung“ schafft. Die Militarisierung Washingtons sendet eine klare Botschaft an alle demokratischen Institutionen: Widerstand wird mit Gewalt beantwortet, auch wenn diese Gewalt in Form uniformierter Soldaten daherkommt, die theoretisch keine Verhaftungen durchführen, aber sehr wohl „bewaffnet sein können“. Bürgermeisterin Muriel Bowser trifft den Nagel auf den Kopf, wenn sie schreibt, dass „unsere begrenzte Selbstverwaltung noch nie vor einer solchen Prüfung stand“. Was sie diplomatisch als „Prüfung“ bezeichnet, ist in Wahrheit ein systematischer Angriff auf demokratische Grundprinzipien. Die Stadt, die das Herz der amerikanischen Demokratie beherbergen sollte, wird zur Geisel präsidialer Paranoia.

Die eigentliche Frage ist nicht, ob Trump das Recht hat, diese Maßnahmen zu ergreifen – die rechtlichen Schlupflöcher existieren. Die Frage ist, was es über einen Präsidenten aussagt, der sich nur dann sicher fühlt, wenn er von Soldaten umgeben ist. Trumps Angst vor Washington ist die Angst eines Autokraten vor dem Volk, das er eigentlich repräsentieren sollte. Seine „Wiederherstellung von Stolz und Schönheit“ in der Hauptstadt bedeutet in Wahrheit die Auslöschung jeder sichtbaren Opposition.

Wenn ein Präsident 1500 Soldaten braucht, um sich in seiner eigenen Hauptstadt sicher zu fühlen, dann ist nicht die Stadt das Problem – dann ist der Präsident das Problem. Und wenn amerikanische Gouverneure bereitwillig dabei helfen, ihre Nachbarhauptstadt zu militarisieren, dann zeigt das, wie weit die Erosion demokratischer Normen bereits fortgeschritten ist.
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Natürlich sind republikanische Gouverneure gerne bereit ihrem Idol, Ihrem „Gott“ zur Seite zu stehen.
Man muss nur schauen, welche Staaten es sind. Südstaatenstaaten, die wohl immer noch von der Rückkehr zur Rassentrennung und Sklaverei träumen.
Staaten, die auch öfter von Naturkastrophen heimgesucht werden.
Texas zeigt aber, dass Trumptreue in der Hinsicht nicht belohnt wird.
Vermont ist ein Nordstaat. Dem Gouverneur gratuliere ich und hoffe, dass er weiter resistent bleibt.
Ich war 2013 das letzte Mal in DC.
Ich habe mich nie unsichere geführt, obwohl wir bis in die später Abendstunden unterwegs waren.
1500 Nationalgardisten gegen ein paar Obdachlose und eine handvoll Kriminelle.
Es ist absurd.
Aber MAGA jubelt, wie immer: „best president“, „way to go“, „he makes our county safe and beautiful again“.
Das Traurige ist aber, dass aus der westlichen Welt, wie immer, gar nichts kommt.
Man will Trump ja nicht verärgern vor dem Treffen morgen.
Da übersieht man die übermächtige Militärpräsenz geflissentlich.
Selensky wird es an die von Russen eingenommenen Städte erinnern.
Trump demonstriert Stärke (den Tipp hat er bestimmt von Putin) gegenüber der eigenen Bevölkerung und gegenüber den westlichen Staatsleuten.
Da steckt auch ein gewisses Kalkül der Einschüchterung dahinter.
Putin wird mit roten Teppich, Applause und Umarmung begrüßt.
Die Delegation am morgigen Tag nur mit Limousinen und die Sicht auf schwrtbewaffnete Militärs.
Größer könnte die Diskrepanz nicht sein.
Deutliche könnte Trump bicht zeigen, wenn er respektiert und wen er als „schwächliche Bittsteller“ ansieht.
Wer sich von morgen etwas wirklich konstruktiven erhofft, ist naiv.
man kann nur hoffen, dass es bicht wieder zum Eklat kommt und Trump Delensky vorführt.
Da er bei Putin trotz aller Schmeichelei nicht wirklich was erreicht hat, braucht er dringend einen starken Moment, da kommt ihm Selensky gerade recht.
Wir werden sehen welches Grauen uns morgen erwartet.
ja, wir haben auch schon in d.c. eingecheckt