In einem Saal aus Glas und Gold, unter Kronleuchtern, die mehr wie Symbole denn wie Lichtquellen wirken, stand Donald Trump Jr. auf der Bühne des „Future Investment Initiative“-Forums in Riad – und lachte. Nicht über Wirtschaft, nicht über Politik, sondern über Menschen, die in seinem Land für Demokratie auf die Straße gehen. „Wenn mein Vater ein König wäre“, sagte er, „hätte er diese Proteste wohl gar nicht erst zugelassen.“ Das Publikum lachte höflich. In einem Land, in dem Protest ein Verbrechen ist, war das mehr als ein Scherz – es war eine Loyalitätserklärung.

Patriotischer Kapitalismus verändert die Globalisierung – er stellt nationale Stärke und das Wohlergehen der Gemeinschaft gleichrangig neben den Profit. Omeed Malik und Donald Trump Jr. von 1789 Capital sprachen darüber, wie zweckorientiertes Wachstum den Begriff von Wohlstand neu definieren kann.
Man kann es höflich „politischen Zynismus“ nennen – oder ehrlicher: brutale persönliche Bereicherung, verpackt in Vaterlandsrhetorik.
Trump Jr. war nach Saudi-Arabien gereist, um über „Wachstum und Stabilität“ zu sprechen, doch der Abend wurde zum Spiegel jener neuen Weltordnung, die er preist: Wirtschaft über Freiheit, Autorität über Widerspruch. Während draußen die Sonne über der Wüste unterging, saß drinnen eine Generation von Männern, die gelernt hat, dass Geld alle Widersprüche glätten kann. Und Donald Trump Jr. fühlte sich in dieser Runde sichtbar zu Hause. Er sprach vor saudischen Regierungsvertretern und Investoren, flankiert von Omeed Malik, dem Chef des Fonds „1789 Capital“, in den er selbst investiert. Sein Vater, sagte er, habe den Nahen Osten besser verstanden als alle seine Vorgänger: „Als mein Vater hier war, war es keine Entschuldigungstour. Es war: Wie können wir zusammenarbeiten? Wie können wir unsere Wirtschaften wachsen lassen? Wie schaffen wir Frieden und Stabilität?“

Eric und Donald Trump Jr. gaben am 2. Juli 2024 bekannt, dass sie einen Vertrag zum Bau eines Trump Tower in Saudi-Arabien abgeschlossen haben – in demselben Saudi-Arabien, das Jared Kushner 2 Milliarden Dollar gezahlt hat.
Es war die alte Trump’sche Sprache – ein Tauschgeschäft, verkleidet als Vision. Friede durch Profit, Partnerschaft durch Deals. Kein Wort über Jamal Khashoggi, den Kolumnisten der Washington Post, der am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Killerkommando ermordet, zerstückelt und mutmaßlich auf Befehl von Kronprinz Mohammed bin Salman beseitigt wurde. Kein Wort über Saud al-Qahtani, den engen Berater des Kronprinzen, der die Operation koordinierte. Kein Wort über Salah al-Haidar oder Loujain al-Hathloul, Aktivistinnen und Aktivisten, die wegen Tweets und Frauenrechtskampagnen inhaftiert und gefoltert wurden. Kein Wort über das systematische Schweigen, das in Saudi-Arabien zur Staatsdoktrin erhoben wurde.
Als wäre der 2. Oktober 2018 nie geschehen. Als wäre Amerika blind geblieben, obwohl der eigene Geheimdienst, die CIA, bereits im November 2018 zu dem Schluss kam, dass der Kronprinz den Mord angeordnet hatte. Trump Jr. lobte die Veränderungen, die er im Königreich beobachtet habe. Er sprach von „Modernisierung“, von „neuer Dynamik“, von einem Saudi-Arabien, das „die Welt anführt“. Und als hätte er vergessen, in welchem Land er steht, verspottete er die Demonstranten in den Vereinigten Staaten, die mit ihren „No Kings“-Plakaten gegen die Machtkonzentration im Weißen Haus protestieren. „Das ist keine echte Bewegung“, sagte er. „Sie ist gekauft, bezahlt von den üblichen Marionetten und ihren Gruppen.“
Dann legte er nach: „Die Menschen, die da protestieren – das sind dieselben verrückten Liberalen aus den 60ern und 70ern. Nur älter und dicker.“ Während die Sätze durch den Saal hallten, blieb der Widerspruch unausgesprochen: Ein Präsidentensohn verspottet Demokratiebewegungen – in einem Land, in dem Demokratie verboten ist.

Die „No Kings“-Proteste, waren die dritte große Massenmobilisierung seit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus. Millionen fordern ein Ende der Notverordnungen und der Regierungspolitik, die sich immer stärker über Parlamente hinwegsetzt. Sie tragen Schilder mit der Aufschrift „We are not subjects“ – „Wir sind keine Untertanen“. Trump Jr. lächelte. Für ihn ist das nur Lärm am Rande einer Erfolgsgeschichte, die er in Riad nacherzählt. „Es kann ein ‚America First‘ geben“, sagte er, „aber auch ein ‚Saudi First‘ – und am Ende profitieren alle.“
So klang es, als wolle er den Satz seines Vaters neu schreiben. Donald Trump hatte schon in seiner ersten Amtszeit die Beziehung zu Kronprinz Mohammed bin Salman als „Partnerschaft der Stärke“ beschrieben. Jetzt, in seiner zweiten, scheint sie zu einer Allianz der Gleichgesinnten geworden zu sein: Geschäftsfreunde im Austausch gegen Gehorsam. Dass sein Sohn diese Linie fortsetzt, überrascht niemanden. Während in den USA die Proteste wachsen, baut die Trump Organization ihre Immobiliengeschäfte im Nahen Osten aus. In Dubai entstehen neue Resorts, in Doha exklusive Golfanlagen. Geldflüsse, die sich mit Familienpolitik mischen, Machtverhältnisse, die längst keine Grenzen mehr kennen.

Und dort, wo andere Diplomaten auf Menschenrechte pochen würden, spricht Donald Trump Jr. über Synergien. Dort, wo andere Präsidentenkinder die Demokratie feiern, verspottet er sie. Am Ende seines Auftritts in Riad klatschte das Publikum höflich. Kein Beifall aus Überzeugung, sondern aus Etikette. Und doch schien für einen Moment sichtbar, wie eng sich in dieser neuen Welt Macht und Bewunderung verschränkt haben. Ein amerikanischer Präsidentensohn verteidigt ein Königreich, das keine Kritik duldet – und macht sich über die Menschen lustig, die in seinem Land noch den Mut haben, zu widersprechen. Vielleicht war das der wahre Sinn seiner Reise: zu zeigen, dass man Demokratie nicht mehr exportieren muss, wenn man sie zu Hause schon verlernt hat.
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