Nashville, Tennessee – Kilmar Abrego Garcia, dessen rechtswidrige Abschiebung zum Sinnbild der harten Migrationspolitik unter Präsident Donald Trump geworden ist, hat am Freitag vor einem Bundesgericht in Tennessee auf nicht schuldig plädiert. Ihm wird vorgeworfen, Menschen geschmuggelt zu haben. Es war das erste Mal, dass der Bauarbeiter aus Maryland in einem US-Gerichtssaal persönlich auf die Anschuldigungen der Regierung antworten konnte – seit seiner irrtümlichen Abschiebung im März in ein berüchtigtes Gefängnis in El Salvador. Seine Anwälte sprechen von einem politischen Manöver: Die Vorwürfe seien ein Versuch, die eigene Fehlentscheidung im Nachhinein zu rechtfertigen. Denn die Ermittlungen begannen erst Wochen nach der erzwungenen Rückführung – und just nachdem der Supreme Court entschieden hatte, dass der Regierung gravierende rechtsstaatliche Fehler unterlaufen waren. Der öffentliche und juristische Druck hatte daraufhin zur Rückholung Abrego Garcias geführt. Vor Gericht erklärten seine Verteidiger, mehrere Belastungszeugen hätten mit den Behörden kooperiert, um im Gegenzug Vorteile in laufenden Strafverfahren oder aufenthaltsrechtliche Vergünstigungen zu erhalten. Ein Bundesagent bestätigte, dass einer der Hauptzeugen sich trotz krimineller Vergangenheit und illegalem Aufenthalt in den USA nun in einem bevorzugten Verfahren befindet. „Er ist genau die Sorte Mensch, die diese Regierung eigentlich abschieben sollte“, sagte der öffentliche Pflichtverteidiger Dumaka Shabazz. „Stattdessen bietet man solchen Leuten Deals an, nur um Kilmar Abrego Garcia dranzukriegen.“
Im Zentrum der Anhörung stand zunächst die Frage, ob Abrego Garcia bis zum Prozessbeginn freigelassen werden soll. Die zuständige US-Magistratsrichterin Barbara Holmes kündigte eine Entscheidung „eher früher als später“ an. Die Vorwürfe gegen Abrego Garcia beruhen auf einem Zwischenfall aus dem Jahr 2022: Bei einer Verkehrskontrolle wegen überhöhter Geschwindigkeit in Tennessee fuhr er ein Fahrzeug mit neun weiteren Insassen. Die Polizei äußerte den Verdacht auf Menschenschmuggel, ließ ihn aber nach einem kurzen Gespräch mit einer Verwarnung weiterfahren. Auf den Aufnahmen der Körperkameras ist eine ruhige Unterhaltung zu sehen. Danach spekulieren die Beamten untereinander, Abrego Garcia transportiere Menschen gegen Bezahlung – in einem Umschlag seien 1.400 Dollar gefunden worden. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm nun vor, in großem Stil Menschen ohne Papiere, darunter Kinder und mutmaßliche MS-13-Mitglieder, quer durch die Vereinigten Staaten geschleust zu haben. In Vorbereitung auf die Anhörung stellten die Ankläger ihn als Gefahr für die Gesellschaft und als Fluchtrisiko dar. Zwar wurden keine formellen Anklagen wegen Waffen- oder Drogenhandels erhoben – doch es wurden genau solche Vorwürfe erhoben, ebenso wie der Missbrauch von Frauen, die er angeblich transportiert habe. Der geschäftsführende US-Staatsanwalt für den Gerichtsbezirk Middle District of Tennessee, Rob McGuire, sagte vor Gericht: „Der Transport von Migranten ist per se gefährlich.“ Zudem legte die Anklage zwei Schutzanordnungen vor, die Abrego Garcias Ehefrau Jennifer Vasquez Sura in den Jahren 2020 und 2021 wegen häuslicher Gewalt gegen ihn beantragt hatte. Die Ehefrau erklärte jedoch, dass sie die Konflikte als Familie beigelegt hätten – unter anderem mit Hilfe einer gemeinsamen Therapie.
Die Verteidigung bestritt, dass ihr Mandant eine Bedrohung darstelle, und hielt die Anschuldigungen für nicht schwerwiegend genug, um Untersuchungshaft zu rechtfertigen. „Wenn Herr Abrego Garcia so gefährlich ist, dieser gewalttätige MS-13-Mensch – warum hat man dann fast drei Jahre gebraucht, um ihn anzuklagen?“ fragte Shabazz. „Warum erst, nachdem der Supreme Court festgestellt hat, dass ihm rechtsstaatliche Mindeststandards verweigert wurden?“ Im Verlauf der Anhörung sagte ein Ermittler des Heimatschutzministeriums, Agent Peter Joseph, aus. Drei namentlich nicht genannte Zeugen hätten vor einer Grand Jury ausgesagt, Abrego Garcia habe mit Menschen, Drogen und Waffen gehandelt – und dabei jährlich über 100.000 Dollar verdient. Ein Mann behauptete, Abrego Garcia habe sich sexuell unangemessen gegenüber minderjährigen Mädchen verhalten. Eine Frau sagte, er habe sie nach Nacktfotos gefragt, als sie 15 Jahre alt war, und sie glaube, er sei Mitglied der Gang MS-13.
Die Verteidigung stellte diese Aussagen infrage. Einer der Zeugen war vorbestraft, bereits einmal abgeschoben worden und saß zum Zeitpunkt seiner Aussage eine Haftstrafe ab. Heute lebt er in einer Übergangseinrichtung und bereitet sich auf eine Arbeitserlaubnis vor. Der zweite Zeuge ist ein enger Verwandter des ersten – er habe seine Aussage im Gegenzug für eine Haftentlassung angeboten. Eine dritte Zeugin habe zuvor Geld für ihre Zusammenarbeit mit den Behörden erhalten. Laut den Akten erklärte einer der Zeugen, Abrego Garcia habe regelmäßig zwischen Maryland und Houston gependelt – eine Strecke von jeweils rund 24 Stunden – und dabei oft seine Frau und zwei seiner Kinder im Auto gehabt. Die Verteidigung betonte, dass Abrego Garcia insgesamt drei Kinder habe, zwei davon mit Autismus.
Abrego Garcia ist Staatsbürger von El Salvador und lebte mehr als ein Jahrzehnt in den USA, bevor er abgeschoben wurde – entgegen einer gerichtlichen Anordnung aus dem Jahr 2019, die seine Rückführung explizit verboten hatte. Damals war anerkannt worden, dass ihm in seinem Heimatland Verfolgung durch Gangs drohte. Am Donnerstagabend – also einen Tag vor der Anhörung – wandte sich Jennifer Vasquez Sura vor einer Kirche an Unterstützer:innen. Unter Tränen berichtete sie, dass sie ihren Mann an diesem Tag zum ersten Mal seit seiner Abschiebung wieder gesehen habe. Es sei auf den Tag genau drei Monate her, dass „die Trump-Regierung meinen Mann entführt und verschwinden lassen hat“. Ihre Stimme brach, als sie sagte: „Kilmar möchte, dass ihr den Glauben nicht verliert.“ Die Entscheidung, Abrego Garcia strafrechtlich zu verfolgen, führte zu einem Rücktritt im Justizministerium: Ben Schrader, Leiter der Strafrechtsabteilung der Staatsanwaltschaft in Nashville, verließ kurz darauf sein Amt. Zwar wollte er sich nicht öffentlich äußern, doch eine mit der Angelegenheit vertraute Person bestätigte einen direkten Zusammenhang. Zum Schluss sei korrigierend angemerkt: Die Trump-Regierung erklärte inzwischen, dass es bei den Vorwürfen um Transporte innerhalb der USA gehe – nicht um das Einschleusen über die Grenze. Eine Klarstellung, die viel über das politische Kalkül hinter diesem Fall verrät.