Paraden in Peking, Blut in Odesa – Putins Triumphzug, während die Ukraine brennt

VonRainer Hofmann

August 31, 2025

Wladimir Putin steigt in Tianjin aus seinem Flugzeug, als wäre er der souveräne Lenker einer friedlichen Großmacht – während in der Ukraine wieder die Sirenen heulen. „In der Nacht auf den 31. August griff Russland per Drohnen vier Energieanlagen in der Region Odesa an – etwa 29 000 Haushalte waren plötzlich ohne Strom. In Chornomorsk wurden Häuser und Verwaltungsgebäude beschädigt, ein Mensch wurde verletzt. Versorgungsinfrastrukturen laufen derzeit nur über Notstromaggregate.“

Das Land, das Russland seit mehr als drei Jahren in den Krieg zwingt, wird weiter in Schutt und Asche gelegt – während sein Präsident sich rote Teppiche ausrollen lässt und sich in China als Gestalter einer neuen Weltordnung feiern darf.

Der SCO-Gipfel in Tianjin ist der größte seit Gründung der Organisation und eine Bühne, die Putin genießt. Seine Botschaft ist klar: Russland ist nicht isoliert, es ist ein globaler Spieler. In einem Interview mit Chinas Xinhua-Agentur griff er den Westen an, nannte Sanktionen „diskriminierend“ und forderte eine Reform von Weltbank und IWF. Dass diese Sanktionen eine Reaktion auf einen brutalen Angriffskrieg sind, der täglich neue Massengräber schafft, lässt er unerwähnt. Xi Jinping lächelt dazu und inszeniert die strategische Partnerschaft als gleichberechtigte Allianz. In Wahrheit ist Russland abhängig: China liefert 70 Prozent der Maschinen, 90 Prozent der Halbleiter, die Moskaus Rüstungsindustrie am Laufen halten, und saugt billiges russisches Öl und Gas auf, während Europa sich entwöhnt hat. Es ist ein Handel, der den Krieg verlängert.

Putins Reise ist nicht kurz, sondern fast eine Woche lang, und sie ist durchzogen von Symbolik. Er trifft Xi zu bilateralen Gesprächen, nimmt an der großen Parade zum 80. Jahrestag des Sieges über Japan teil, sitzt auf dem Tiananmen-Platz als Ehrengast, während chinesische Truppen marschieren. Es ist die spiegelverkehrte Wiederholung des 9. Mai in Moskau, als Xi neben Putin stand. Gemeinsam zeigen sie der Welt: Wir sind nicht isoliert, wir sind die Erben des Zweiten Weltkriegs, wir stehen zusammen. Für die Ukraine ist das eine bittere Botschaft: Ihre Not ist zum Hintergrundrauschen geworden, ihre Zerstörung zum Nebenschauplatz einer geopolitischen Inszenierung.

In Washington verfolgt man Putins Reise mit Sorge – doch der Druck auf Peking bleibt gering. Die Trump-Regierung verzichtet auffällig auf Sekundärsanktionen gegen China, vermeidet es, Xi zu zwingen, seinen Partner zu bremsen. Stattdessen liegt der Fokus auf Handelsstreitigkeiten mit Indien. Das erlaubt Peking, den Krieg rhetorisch zu bedauern, faktisch aber zu stützen. Putin hat keinen Grund, nachzugeben. Jeder Tag, den er übersteht, ermüdet die westlichen Gesellschaften, lässt die Ukraine weiter ausbluten. So wird diese Reise zur blanken Provokation. Sie ist eine Parade der Normalität für einen Mann, dessen Armee Städte zerbombt, der ukrainische Kinder verschleppt, der seine politischen Gegner in Lagern verschwinden lässt. Während Putin in Peking die Parade abnimmt, werden in der Ukraine neue Gräber ausgehoben. Während er mit Xi lächelt, graben Rettungskräfte Überlebende aus den Trümmern. Die Welt schaut zu – und lässt ihn weiterfliegen.

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Ela Gatto
Ela Gatto
1 Monat zuvor

Ich wage zu bezweifeln, dass man die Reise Putins aus Washington mit Sorge betrachtet.

Trump hat Putin im Westen die perfekt Bühne geliefert.
Verzichtet auf Sanktionen, eiert nur rum.
Auch gegen China wird nur gebellt, aber nicht konkret behandelt.
Was ist da mit Sanktionen? Fehlanzeige.
TikTok…. läuft immer noch. Kein Verkauf an die USA in Sicht. Trump, der das Verbot besonders vorangetrieben hat, lässt TikTok nun laufen.
Auch die Zölle, hin her, her hin, aber letztlich muss China kaum mehr Zölle zahlen.

Trumps Bewunderung für Autokraten und Diktatoren machen sich Putin, Xi, Kim zu nutze.
Denn die ist Trump wichtiger als all die Allianzen, die man über Jahre gepflegt und ausgebaut hat.

Wann begreifen die westlichen Staaten das nur endlich?

Ela Gatto
Ela Gatto
1 Monat zuvor
Reply to  Rainer Hofmann

… und die meisten sind auch noch „alt“.
Das Prinzip „nach mir die Suntflut“.
Furchtbar

Franky
Franky
1 Monat zuvor

Pfui, die sollen sich was schämen.

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