Macht ohne Mitgefühl – Trumps globale und nationale Kältepolitik

VonRainer Hofmann

Juli 9, 2025

Während in den Gesundheitsstationen von Monrovia die Medikamente ausgehen und in ländlichen Gebieten Senegals immer mehr junge Frauen ungewollt schwanger werden, lädt Donald Trump zum Mittagessen. Ein „multilaterales Lunch“, wie das Weiße Haus es nennt. Auf der Gästeliste: die Staatschefs von Liberia, Senegal, Gabun, Mauretanien und Guinea-Bissau. Gastgeber: ein Präsident, der nur Wochen zuvor die wichtigste Lebensader für viele dieser Länder durchtrennt hat – die Entwicklungszusammenarbeit der Vereinigten Staaten von Amerika. Seit der überraschenden Auflösung der US-Entwicklungshilfeagentur USAID steht Westafrika vor einem Abgrund. Besonders Liberia trifft es hart: Mit 2,6 % Anteil an der gesamten Bruttonationaleinkommenshilfe war kein Land der Welt stärker von den USA abhängig. Nun stehen ganze Kliniknetzwerke leer, Impfprogramme sind zum Erliegen gekommen, Präventionsarbeit gegen Malaria und HIV existiert nur noch auf dem Papier. Die US-Regierung spricht von einem Paradigmenwechsel: keine „Wohltätigkeit“ mehr, sondern „Partnerschaften mit Ländern, die bereit und fähig sind, sich selbst zu helfen“. Was das bedeutet, spüren nun jene, für die jeder Dollar einen Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachte. Dass gerade jetzt ein Treffen im Weißen Haus stattfindet, ist nicht nur ein Akt politischer Dissonanz – es ist Symbolpolitik im Schatten moralischer Gleichgültigkeit. Aus westafrikanischer Sicht wirkt es wie eine Demütigung: erst Hilfe entziehen, dann zu Tisch bitten. Offiziell geht es um „Kooperation“. Inoffiziell um Gesichtswahrung. Denn weder wurden konkrete Programme angekündigt, noch ist klar, ob die USA überhaupt wieder substanzielle Mittel bereitstellen wollen. Das Schweigen aus Washington ist ebenso laut wie das Klappern leerer Medikamentenschränke in Freetown.

Doch nicht nur Afrika leidet unter Trumps neuer Außenpolitik. Auch auf anderen Ebenen bröckelt der internationale Anspruch Amerikas. Zeitgleich mit dem Westafrika-Treffen wurden neue Strafzölle gegen die Philippinen, Brunei, Moldawien, Algerien, Libyen und den Irak verkündet – Länder, die keine großen Industriemächte sind, aber nun mit Importsteuern von 20 bis 30 % rechnen müssen. Der wirtschaftspolitische Kurs der Trump-Regierung lässt keinen Zweifel: Amerika zieht sich zurück – mit Zöllen, Sanktionen, Kürzungen. Ein besonders groteskes Beispiel liefert Handelsminister Howard Lutnick, der nicht nur das staatliche Wetterwesen überwacht, sondern zugleich ein Finanzunternehmen leitet, das an der Privatisierung staatlicher Wetterdienste verdienen würde. Inmitten tödlicher Überschwemmungen in Texas wird deutlich, was Budgetkürzungen anrichten: Frühwarnsysteme versagen, Personal fehlt, und das Nationale Wetteramt kämpft um seine Existenz. Inmitten dieses politischen Trümmerfelds lässt auch Justizministerin Pam Bondi Aufklärung vermissen – sie weigert sich, weitere Dokumente im Fall Jeffrey Epstein zu veröffentlichen. Während Trump ihr Rückendeckung gibt, eskaliert die Kritik von rechts. Der Skandal um die unter Verschluss gehaltenen Akten reiht sich ein in eine Serie von institutionellen Brüchen, deren Konsequenzen weit über parteipolitische Linien hinausreichen. Und als wäre die globale Unsicherheit nicht schon groß genug, setzt das US-Finanzministerium zusätzlich 22 Firmen aus Hongkong, den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Türkei auf eine Sanktionsliste – wegen angeblicher Verwicklung in ein iranisches Schattenbankensystem. Die Maßnahme soll Teherans Zugriff auf das internationale Finanzsystem blockieren, trifft jedoch auch zivile Wirtschaftsstrukturen.

Die Widersprüche dieser Regierung sind zahlreich: Während SNAP-Leistungen (Lebensmittelhilfe) in historisch beispiellosem Ausmaß gekürzt werden und selbst Eltern mit legalem Aufenthaltsstatus ihre Berechtigung verlieren, steht die CDC – die oberste Gesundheitsbehörde – unter der Leitung einer Frau, die dem Kurs von Robert F. Kennedy Jr. nichts entgegensetzt. Susan Monarez wurde am Mittwoch knapp vom Senatsausschuss bestätigt. Ihre Behörde meldet unterdessen den schlimmsten Masernausbruch seit drei Jahrzehnten. Es ist ein Bild der Erosion: außenpolitisch, sozial, institutionell. Was bleibt, ist ein Präsident, der Einladungen verschickt, während auf der Welt die Stühle kippen. Ein Gastgeber ohne Gabe. Ein Mittagessen ohne Moral. Und eine Welt, die zusehen muss, wie die Supermacht ihre Empathie vertagt.

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Ela Gatto
Ela Gatto
4 Monate zuvor

In Tru***s Welt gelten nur Deals.
Wer nichts bitten kann ist ein Looser, wer eingeschränkt ist, ist ein Looser.
Länder die auf Hilfen angewiesen sind, sind Looser.

Und dennoch spielen Alle mit.
Schütteln Tru*** due Hand und strahlen in die Kamera, als ob es jein Morgen gibt.

Zynischerweise wird es für viele Menschen in den Ländern kein Morgen oder zumindest kein Übermorgen geben.

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