Korruption als Gesetz – Wie Trump mit dem Stablecoin-Gesetz die Demokratie verscherbelt

VonRainer Hofmann

Juni 17, 2025

Es beginnt mit einem Gesetz, das harmlos klingt – und endet in einer Pervertierung politischer Verantwortung. Der US-Senat will in dieser Woche ein Kryptogesetz verabschieden, das angeblich Ordnung in den Markt bringen soll. In Wahrheit öffnet es der Korruption Tür und Tor. Das Gesetz, bekannt als „GENIUS Act“, soll Stablecoins regulieren – also jene Kryptowährungen, die an den US-Dollar gekoppelt sind. Es ist das erste große Krypto-Gesetz seit Beginn des digitalen Booms – und der erste Fall, in dem ein amtierender US-Präsident direkt finanziell davon profitiert. Donald Trump, 47. Präsident der Vereinigten Staaten, hat mit seiner Familie Anteile an einem Unternehmen namens World Liberty Financial, das mit dem Stablecoin „USD1“ Millionenumsätze macht. Im Jahr 2024 kassierte Trump laut Offenlegung über 57 Millionen Dollar aus Tokenverkäufen. Ein Meme-Coin mit seinem Gesicht generierte laut Schätzungen rund 320 Millionen Dollar an Gebühren.

Ein Passus im Gesetz verbietet es Abgeordneten des Kongresses, von Stablecoins zu profitieren. Für das Präsidentenamt aber wurde keine solche Schranke eingebaut. Der Präsident darf verdienen, während er reguliert. Trump darf kassieren, während er mit Coinbase-CEO Brian Armstrong Gesetzestexte diskutiert. Er darf Milliardenbewegungen beeinflussen, während seine Familie längst in einem Kryptoprojekt sitzt, das direkt vom Ausgang dieser Debatte profitiert. Das ist nicht mehr nur ein Interessenkonflikt – das ist politische Käuflichkeit in Reinform. Die republikanische Mehrheit im Senat trägt das Gesetz mit, 18 Demokraten stimmen zu. Es ist ein fragiles Bündnis – und eines, das nach dem Geschmack der Kryptoindustrie geschmiedet wurde. Coinbase, Binance, Kraken – sie alle haben seit der Wahl 2024 Unsummen in politische Werbung gepumpt. Die Kryptolobby war unter den Top-3-Spendern im Wahlkampf. Nun fordern sie die Dividende ihrer Investition.

Senatorin Elizabeth Warren warnt vor einer „Super-Autobahn der Korruption“. Und sie hat recht. Dieses Gesetz macht es möglich, dass Amazon und Meta bald eigene Stablecoins emittieren – mit minimalen Kontrollmechanismen. Es macht es möglich, dass der Präsident als privater Unternehmer auf Entscheidungen Einfluss nimmt, die Millionen Amerikaner betreffen. Und es zeigt, wie schnell ein demokratisches System zur Fassade werden kann, wenn Gier und Macht unkontrolliert aufeinanderprallen. Die Vereinigten Staaten – einst Vorreiter von Transparenz und Gewaltenteilung – bewegen sich auf eine Bananenrepublik zu, in der wirtschaftliche Interessen stärker zählen als Verfassungsprinzipien. Ein Land, in dem Gesetze nicht mehr trennen zwischen Legislative und Exekutive, sondern diese vermengen, solange es der eigenen Tasche dient.

Was in Washington geschieht, ist mehr als ein Warnsignal – es ist ein Systemversagen. Ein Präsident regelt seine eigenen Einnahmequellen, ein Kongress verneigt sich vor der Macht des Kapitals, und die Öffentlichkeit wird mit einem technischen Gesetzestitel abgespeist: GENIUS Act. Ein zynischer Name für ein Gesetz, das die Demokratie verkauft. Wer heute noch glaubt, dass Kontrolle, Ethik und Gemeinwohl die Treiber amerikanischer Gesetzgebung sind, wird eines Schlechteren belehrt. Was hier entsteht, ist keine Zukunft der Finanzmärkte – es ist ein autoritäres Modell digitaler Herrschaft. Wenn Europa klug ist, schaut es genau hin. Und zieht rote Linien – für Präsidenten, für Investoren, für Systeme, die sich selbst regulieren wollen. Denn aus Amerika kommt in diesen Tagen kein Leuchtturm der Demokratie. Nur der flackernde Schein einer Republik, die sich selbst aufgibt.

Abonnieren
Benachrichtigen bei
guest
0 Comments
Älteste
Neueste Meistbewertet
Inline-Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
0
Deine Meinung würde uns sehr interessieren. Bitte kommentiere.x